Iran und der Kampf gegen das Patriarchat
Die Aufstände im Iran sind Ausdruck eines internationalen Kampfes gegen patriarchale Herrschaftsstrukturen und einer globalen Revolution. Als politisches Ereignis erzeugen sie so einen Möglichkeitsraum für einen fundamentalen Neuanfang.
Und plötzlich ist sie da: Die Möglichkeit für einen radikalen gesellschaftspolitischen Umbruch im Iran. Mit dem Tod der Kurdin Jîna Armini nach Inhaftnahme durch die iranische Sittenpolizei am 16. September gehen im ganzen Land Menschen auf die Straße und protestieren gegen ihre Führung. Festgenommen aufgrund einzelner Haare, die unter ihrem Kopftuch hervorlugten, starb sie in Polizeigewahrsam. Seitdem versammeln sich Menschen in öffentlichen Räumen und machen ihrem Unmut gegen die frauendiskriminierenden Verordnungen und Praktiken der Religionsführung um Ali Chamanei Luft. Auch wenn es aus der Ferne nur schwer zu beurteilen ist, machen die Proteste den Eindruck, als haben sie das Potenzial, nicht nur die repressiven Verbote aufzuheben, sondern gar die religiöse Führung selbst zu stürzen und ein neues politische System zu etablieren.
Ein globaler Kampf gegen patriarchale Herrschaftsstrukturen
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