Josef Früchtl: „Wir transformieren unsere Sinnlichkeit im Gespräch“
Über Geschmack lässt sich streiten. Aber wie? Im Gespräch über Kants Ästhetik erläutert der Philosoph Josef Früchtl, wie eine Diskussion über Kunst und Schönheit gelingt und weshalb die Lust dabei mehr im Suchen als im Finden liegt.
Herr Früchtl, Sie bezeichnen die Kritik der Urteilskraft als eine der anregendsten Schriften auf dem Gebiet der Ästhetik. Was können wir von Kant lernen, wenn es um Kunst geht?
Kant arbeitet in seiner dritten „Kritik“ an der Erweiterung der Denkzone. Er stellt sich die Frage: Wie ist ästhetische Erfahrung überhaupt denkbar? Was passiert beim Denken, wenn wir ein so unscheinbares Wort wie „schön“ verwenden? Diese Denkbarmachung hat er auf eine analytische Weise expliziert, die bis heute anregend ist. Kant gibt uns einen äußerst diskutierenswerten Vorschlag für die Frage, was es heißt, über Geschmacksfragen, über Kunst und das Schöne zu sprechen. Wir können darüber keine wissenschaftliche Debatte führen, aber im besten Sinne des Wortes miteinander streiten.
Was ist denn das Ästhetische?
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Kant und der Geschmack
Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Auch Kant war der Überzeugung, dass unsere ästhetischen Urteile subjektiv und nicht rational sind. Dennoch erwarten wir die Zustimmung unserer Mitmenschen, wenn wir etwas schön finden. Wieso?

Was macht uns schön?
Wir leben in einer Zeit, in der sich alle Normen aufzulösen scheinen. Doch gerade in Fragen der Schönheit wird der Normierungsdruck immer stärker. Von den Griechen noch mit dem Wahren und Guten gleichgesetzt, unterliegt sie in der modernen Gesellschaft dem Verdacht der Oberflächlichkeit und Gedankenferne. Gerade weil Schönheit uns unmittelbar anzieht, bleibt sie verdächtig. Gerade weil sie von jedem ersehnt wird, kriegt sie keiner recht zu fassen. Nur eines scheint sicher: Ein Leben ohne Schönheit wäre schlicht unerträglich. Sie ist der wahre Preis unserer Existenz: Aber welcher Weg führt am verlässlichsten zu ihr? Muss Schönheit leiden? Lässt uns nur die Liebe schön sein? Oder liegt wahre Schönheit in der Selbstvergessenheit?
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