Kristina Lunz: „Menschenrechtsverachtung darf niemals normalisiert werden“
Für gesellschaftlichen Wandel sind zwei Aspekte zentral, meint Kristina Lunz in ihrem neuen Buch: Empathie, um andere anzuerkennen und Widerstand, wenn Menschenrechte verletzt werden. Ein Gespräch über Universalismus als Leitplanke und die Gefahren selektiver Empathie.
Frau Lunz, in Ihrem kürzlich erschienenen Buch Empathie und Widerstand vertreten Sie die These, dass es eines Balanceaktes zwischen eben jener Empathie und jenem Widerstand bedarf, um einen Beitrag zu gesellschaftlichem Wandel zu leisten. Warum gerade diese Mischung?
Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir in herausfordernden Phasen als Gesellschaft eine empathische Grundhaltung bewahren. Wir leben in Zeiten von extremer Spaltung weltweit, von Feindbildmarkierungen, Konfliktlinien und Kriegen. Dazu trägt die Digitalisierung der Massenkommunikation bei, die vor allem über Social Media stattfindet und Spaltung sehr einfach macht. In Momenten der Polarisierung, aber auch grundsätzlich sollten wir ein zugewandtes Verständnis dafür haben, dass andere Menschen über andere Sichtweisen, Bedürfnisse, Lebensrealitäten, Ziele und Visionen verfügen. Gleichzeitig hat für mich diese Empathie auch Grenzen. Sie darf und sollte nicht alles rechtfertigen. Es gibt Positionen, Wünsche und Einstellungen, die für mich persönlich Grenzen überschreiten und wo ich in Widerstand gehen würde. Diese Grenzen sind beispielsweise die Menschenrechte und -würde, die ich mir wie Leitplanken vorstelle. Wenn diese überschritten werden, dann sollte man in Widerstand gehen und dem Gegenüber auch widersprechen.
Bedingen sich Empathie und Widerstand? Also müssen wir erst empathisch auf Menschen zugehen, um dann Widerstand leisten zu können?
Das würde ich insofern so sehen, als dass wir uns erstmal auf das einlassen müssen, was eine andere Person sagt, um zu erkennen, wo gewisse Grenzen überschritten werden. Dabei ist es auch wichtig, den eigenen Kompass zu kennen, also zum Beispiel die Menschlichkeit. Daran sollten wir uns immer orientieren.
Was verstehen Sie unter „Menschlichkeit“?
Menschlichkeit zu priorisieren, heißt für mich, dass wir zuerst und vor allem jede Person als Mensch sehen sollten, anstatt sie in Schubladen zu stecken oder uns in Identitätszuschreibungen zu verlieren. Menschlichkeit steht über Identität. Die Anerkennung des Menschseins jedes Einzelnen und jeder Einzelnen bedeutet außerdem, zu verstehen, dass wir alle aufgrund von Identitätskategorien wie Gender, Race oder sozialer Herkunft individuelle Realitäten haben. Sie machen die Vielfalt und Tiefe unseres Menschseins aus. Dieser Universalismus ist traditionell eine der grundlegenden Säulen des Linksseins. Ein Prinzip des Universalismus sind Allianzen. Zur internationalen Solidarität gehört es, sich verbunden zu fühlen und beispielsweise die für ihren feministischen Protest bekannten isländischen Frauen, Freiheitskämpfer:innen in Südafrika oder Bürgerrechtler:innen in den USA zu unterstützen. Das unterscheidet die Linke von der Rechten, die oft keine tiefen Verbindungen und Verpflichtungen über ihre In-Groups hinaus anerkennt. Linke internationale Solidarität umspannt den kompletten Globus. Was uns vereint, ist nicht das Blut, sondern die Überzeugung, dass trotz der Unterschiede in Zeit und Raum, die Menschen auf vielfältige Weise tief miteinander verbunden sind. Die Philosophin Susan Neiman problematisiert die Tendenz, dass ein beträchtlicher Teil der Linken heute vom Universalismus abrücke und sich zunehmend dem Tribalismus oder Stammesdenken zuwende und sich somit ideengeschichtlich politisch rechtem Denken annähere. Das sehe ich auch als eine Gefahr für die Anerkennung der Menschlichkeit.
Empathie scheint etwas Individuelles zu sein, das Nähe bedingt, und Widerstand wiederum etwas Kollektives, das sich immer gegen ein System richtet. Sehen Sie das auch so?
Teilweise. In meinem Buch schreibe ich über die Verbindung zwischen Empathie und Nähe. In der Sozialpsychologie sagt man, dass Menschen diejenigen anderen Menschen mögen, denen sie nahe sind, die ihnen ähnlich sind oder mit denen sie viel Zeit verbringen. Mit der Empathie verhält es sich genauso. Wir haben tendenziell mehr Empathie mit den Menschen, die uns ähnlich und nah sind. Doch bin ich der Meinung, dass das Wissen um diese reflexhafte Verhaltensweise dabei helfen kann, jenen Mechanismus aufzubrechen. Das würde bedeuten, nicht nur Menschen, die fliehen und die uns ähnlich sind, willkommen zu heißen, sondern auch jene, die uns weniger ähnlich erscheinen. Es geht also darum, bewusst gegen psychologische Instinkte anzukämpfen. Diese Tendenz, dass wir empathischer gegenüber Menschen sind, die uns nah sind, kann und sollte aufgebrochen werden. In Bezug auf den Widerstand glaube ich, dass man sowohl Ideen, Institutionen, Bewegungen, Ideologien als auch einzelnen Personen gegenüber Widerstand zeigen kann. Es gibt auf Social Media manchmal solche hobbypsychologischen Kacheln, auf denen steht: Du kannst gleichzeitig lieb sein und „Nein“ sagen. So sehe ich das auch mit dem Widerstand, den man einzelnen Menschen entgegenbringen kann. Ich kann sowohl wohlwollend sein, aber auch zu einer Person, die gerade jemanden verunglimpft, sagen: „Stopp hier und nicht weiter.“
Braucht es mehr Empathie in öffentlichen Debatten?
Definitiv. Und zwar ganz egal, ob das innerhalb einer Regierung ist, die gerade auseinandergeflogen ist oder zwischen unterschiedlichen Interessensvertreter:innen in anderen Bereichen. Solange wir uns im demokratischen Spektrum befinden, brauchen wir auf jeden Fall mehr Empathie.
Am Anfang Ihres Buches schreiben Sie, dass Zuversicht und Wut die Basis für Empathie und Widerstand sind. Worin besteht der Unterschied zwischen Wut und Widerstand?
Wut ist erstmal ein Gefühl, das ein gewisses Potenzial birgt. Meine Freundin und Mentorin Scilla Elworthy, die schon viel Peacebuilding Arbeit betrieben hat und dafür dreifach für den Friedensnobelpreis nominiert wurde, sagte einmal zu mir: „Wut ist wie Benzin. Wenn du sie unkontrolliert verbreitest, kann überall Feuer entflammen. Wenn du aber das Benzin – also die Wut – kanalisierst, kann es der Treibstoff für deinen Motor sein.“ Es gibt ganz viele tolle Bücher darüber, wie die Wut der Frauen über Jahrhunderte hinweg wichtige feministische Errungenschaften erkämpft hat. Aus der Wut gegenüber Menschenrechtsverletzungen entsteht Widerstand. Und aus der Zuversicht, dem Zugewandten, kann sich Empathie entwickeln.
Sie schreiben, dass Empathie entsteht, wenn wir jede Form von Be- und Verurteilung sein lassen. Geht das überhaupt?
Es ist auf jeden Fall schwierig. Ich glaube, dass es von der Psychologie des Menschen her so ist, dass wir immer versuchen, alles einzuordnen. Sehr schnell setzt dann eine Beurteilung ein und im schlimmeren – oder auch angebrachten – Fall auch eine Verurteilung. Letzteres sollte, wenn es keinen triftigen Grund gibt wie die Überschreitung von den genannten Leitplanken – möglichst ausgeschaltet werden. Das Beurteilen ist noch vertretbar, denn in diesem Prozess versucht man, herauszufinden, welches Wertesystem das Gegenüber hat und ob es mit dem eigenen übereinstimmt. Aber diesem sofortigen Verurteilen, das sehr durch Mob- und Spaltungsdynamiken auf Social Media bedingt ist, müssen wir aktiv widerstehen. Das ist ein wichtiger Faktor für empathisches Vorgehen. Dabei gilt es auch zu verstehen, wie Unterdrückungsmechanismen wie Rassismus oder Sexismus mit hineinspielen. Also unsere Vorurteile anzuerkennen. Beispielsweise, dass wir in einer rassistischen und misogynen Gesellschaft alle in unterschiedlichen Maßen rassistisch und misogyn sind. Dann können wir das Beurteilen und bestenfalls auch das Verurteilen ausschalten. Es gibt ja dieses Sprichwort „Was Peter über Paul sagt, sagt mehr über Peter als über Paul.“ Dieses Ver- und Beurteilen ist im Kleinen lästern und kann im Größeren zu Verleumdung und Rufmord beitragen. Darum müssen wir dem unbedingt widerstehen.
Werden nicht gerade durch Gefühle der Empathie Mob- und Spaltungsdynamiken in Gang gesetzt? Im Sinne von: Wer empathisch ist, fühlt nur noch und denkt nicht mehr.
Absolut richtig, diesen negativen Effekt gibt es. Deshalb gehe ich im Buch auch auf die negativen Seiten der Empathie ein. Empathie kann dem Wandel hin zu mehr Gerechtigkeit und Fairness im Wege stehen, zum Beispiel, wenn wir einer Personengruppe mehr Empathie zeigen als einer anderen und dadurch der letzteren Gruppe ungerechterweise Gerechtigkeit verwehren. Selektive Empathie ist gefährlich. Als Gesellschaft müssen wir lernen: Empathie ist kein Nullsummenspiel. Nach der „Scheinwerferlicht“-Funktion der Empathie, die der Psychologie-Professor Paul Bloom in seinem Buch Against Empathy – The Case for Rational Compassion darstellt, empfinden wir (emotionale) Empathie für diejenigen, auf deren Leid und Anliegen wir unsere Aufmerksamkeit richten können. Dabei kann Empathie zwar zu Mitgefühl und Schutz in persönlichen Beziehungen inspirieren, jedoch im größeren Kontext der Welt oft dazu führen, dass bestimmte Menschen außen vor gelassen werden. Denn das Bekämpfen von Ungerechtigkeiten verlangt Aufmerksamkeit, die sich aus Empathie für eine gewisse Personengruppe speist. Doch Empathie für die Situation der einen Gruppe führt zur Verdichtung der Empathie der anderen Gruppe, was schnelle Urteile und schließlich eine unreflektierte Parteinahme festigen kann, was wiederum in Schwarz-Weiß-Denken resultiert. Polarisierung und Radikalisierung von Konflikten nehmen zu. Von hier aus tun sich die unter anderem negativen Effekte der Empathie auf, wobei der Terrorismus einen besonders drastischen Fall der Polarisierung darstellt.
Wie empathisch oder widerständig sollten wir gegenüber Menschen sein, die die AfD wählen?
Das ist eine der Gretchenfragen, ähnlich der nach dem Parteiverbot für die AfD. Darauf habe ich wahrscheinlich nicht die letzte oder gar richtige Antwort, aber wenigstens einen Vorschlag. In diesem Buch war es mir sehr wichtig, zu betonen, dass rechtsextremes Gedankengut eine rote Linie darstellt und dass, wenn diese überschritten wird, wir in Widerstand gehen sollten. Denn rechtsextremes Gedankengut beinhaltet die Abwertung sehr vieler Personengruppen und das ist mit nichts zu rechtfertigen. Gleichzeitig zeigen Studien, dass viele Leute, die die AfD wählen, nicht per se rechtsextrem sind. Das bedeutet: Wenn wir sehr viel Zeit und Kapazitäten hätten, könnten wir mit diesen Menschen Gespräche führen, um im besten Fall Verhaltensänderungen zu bewirken. Am liebsten würde ich um jede Person, die die AfD wählt, kämpfen, weil nicht alle rechtsextrem sind. Da lohnt es sich, zu erklären: „Indem du die AfD wählst, unterstützt du Gedankengut, das rassistisch, misogyn, rechtsextrem und schlichtweg menschenverachtend ist.“ Das aufzuzeigen und dann zur Verhaltensänderung beizutragen wäre natürlich ideal. Aber wenn das nicht verfängt, muss der Widerstand her.
Müssen wir angesichts des globalen Rechtsrucks in Zukunft mehr lernen, mit Menschen zurechtzukommen, die rechte Parteien wählen oder vermehrt Widerstand leisten?
Menschenrechtsverachtung darf niemals normalisiert werden. Der Widerstand gegen rechts findet ja unter anderem durch Demonstrationen oder durch Versuche von Parteiverboten bereits statt. Auch meine Organisation arbeitet viel zur Verbindung von Rechtsextremismus und Antifeminismus. Das alles ist schon Widerstand. Und dieser ist fundamental für eine Demokratie, die auch weiterhin eine bleiben möchte. Wir als internationale Gemeinschaft haben es irgendwann schon mal geschafft, uns auf wichtige Dinge zu einigen, wie die universalen Menschenrechte. Als Gesellschaft in diesem Land haben wir uns in unserer Verfassung darauf geeinigt, dass die Menschenwürde unantastbar ist. Gedankengut, das diesen Kernregeln unseres Zusammenlebens widerspricht, darf niemals normalisiert werden.
Sie thematisieren auch den Nah-Ost-Konflikt und stehen der weltweiten Spaltung in Pro-Palästina und Pro-Israel kritisch gegenüber. Sie meinen, wir sollten Empathie für beide Parteien haben. Doch kann man denn Widerstand leisten, ohne sich zu positionieren?
Wir müssen empathisch gegenüber allen Zivilist:innen sein, nicht gegenüber „Parteien“ oder Staaten. Es ist mir wichtig, dass wir nicht in dieser Binarität denken: Israel oder Palästina. Die Menschen, die seit dem 7. Oktober und auch momentan ermordet werden – egal auf welchem Staatsgebiet – dürfen beispielsweise nicht mit deren Regierungen verwechselt werden. Wenn das passiert, dann hat die Propaganda gewonnen. Was das Widerstand leisten und die vermeintlich ausbleibende Positionierung angeht, finde ich, dass es eine sehr starke Positionierung ist, gegen jegliche Form von Gewalt gegenüber Zivilist:innen zu sein. In dem letzten Kapitel meines Buches schreibe ich, dass ich, seit ich politisch denken kann, noch nichts erlebt habe, was die Gesellschaft politisch so gespalten hat, und Allianzen, Freund:innenschaften und Familien auseinandergebrochen hat. In solch schwierigen Zeiten orientiere ich mich an der Arbeit von Peacebuilder:innen – das ist ein Ansatz, der seit Jahren die Arbeit meiner Organisation leitet. Das entspricht dem Versuch, stets die Menschlichkeit der Zivilist:innen in den Mittelpunkt zu stellen und nach Lösungen zu suchen, die sofort jede Form von Gewalt ihnen gegenüber beendet. Das muss das Ziel sein.
Wenn Menschen nun auf eine Pro-Palästina oder Pro-Israel Demo gehen, würden Sie das dann prinzipiell unterstützen oder sehen Sie das auch kritisch?
Es kann nur eine gute Sache sein, wenn Menschen für den Schutz von Zivilist:innen – egal woher – demonstrieren. So verhält es sich mit jeder Demonstration, die auf das Töten von Zivilist:innen aufmerksam macht. Meine Antwort auf Ihre Frage ist daher: Bitte geht alle auf Demonstrationen, um euch mit Zivilist:innen, egal wo sie herkommen, zu solidarisieren. Und in dem Moment, wo man das Gefühl hat, auf einer Demo zu sein, wo Sachen gesagt oder propagiert werden, die Dinge rechtfertigen sollen, mit denen man nicht übereinstimmt, dann sollte man Abstand nehmen. Aus einer Perspektive des Universalismus heraus ist es nicht angebracht, die Selbstverteidigung eines Landes als Rechtfertigung für das Töten von Zehntausenden von Menschen zu sehen. Zusätzlich denke ich auch nicht, dass angeblicher Widerstand eine Rechtfertigung für ein Massaker an Zivilist:innen sein kann.
Sollten wir auch uns selbst gegenüber empathisch und widerständig sein?
Ja, beides wieder gleichzeitig. Empathie sich selbst gegenüber ist wichtig für den eigenen Selbstwert und die Gesundheit. Und gleichzeitig ist es auch wichtig, widerständig und kritisch gegenüber sich selbst zu sein. Sich und die eigenen Haltungen und Einstellungen immer wieder selbst infrage stellen – das ist die höchste Form der persönlichen Reife. •
Kristina Lunz ist Bestsellerautorin und Geschäftsführerin sowie Mitbegründerin des Centre for Feminist Foreign Policy (CFFP). Im Oktober 2024 erschien ihr neues Buch „Empathie und Widerstand“ bei Ullstein.
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