Intellekt / Intelligenz
Vom lat. inter (zwischen) und legere (sammeln, auflesen), also: „entwirren, analysieren“. Der Begriff bezeichnet die geistige Fähigkeit, die Umstände einer Situation zu erfassen und zu ordnen, die einzelnen anzuwendenden Schritte mit dem zu erreichenden Ziel in Relation zu setzen, die Mittel auszuwählen oder originelle Lösungen zu finden, die es erlauben, den gestellten Anforderungen gerecht zu werden. Man unterscheidet im Allgemeinen zwischen theoretischem und praktischer Intelligenz. Die Griechen sehen darin eine Fähigkeit, die den Menschen vom Tier unterscheidet: bei Platon ist das der wahrnehmbare Teil der Seele, bei Aristoteles der Intellekt (passiv und aktiv: intellectus agens und intellectus passivus), bei den Stoikern der Logos – alle zeugen von der menschlichen Überlegenheit, die darin besteht, das einzige Lebewesen zu sein, das imstande ist, metaphysische Fragen zu stellen. Descartes hebt jedoch hervor, dass, wenn auch die Vernunft bei allen Menschen vorhanden ist, der Fortschritt des Intellekts eine Methode erfordere. Im 19. Jahrhundert macht Félix Ravaisson ausgehend von Aristoteles aus der Gewohnheit ein aktives Vermögen, und wenig später stellt ihm Henri Bergson die Intuition gegenüber und reduziert den Intellekt auf seinen praktischen Sinn: als Intelligenz eines homo faber, die es ihm erlaubt, die Realität zu verstehen, um sich ihrer besser bedienen zu können. Im 20. Jahrhundert wird sie Untersuchungsobjekt der Psychologie und interessiert vor allem, außer in den kognitiven Wissenschaften, die Pädagogik (Jean Piaget untersucht die Entwicklung der Intelligenz bei Kindern, Howard Gardner schlägt eine populäre, aber umstrittene Theorie der „multiplen Intelligenzen“ vor). In der Ethologie (= vergleichenden Verhaltensforschung; heutzutage geht man ebenso von einer „tierischen Intelligenz“ aus) gibt es die Idee, dass das Bewusstsein nicht binär – also vorhanden oder abwesend – ist, sondern dass es dabei ein „Kontinuum an Abstufungen“ bei allen Lebewesen gibt. In der Technologie forscht man an der Weiterentwicklung der „künstlichen Intelligenz“. In politischer Hinsicht kann die Versuchung, die Intelligenz quantifizierbar zu machen bzw. zu messen (zum Beispiel mit dem Binet-Simon-Test) und auf diese Weise die Gesellschaft entsprechend den Fähigkeiten der Bürger besser zu organisieren, die Entwicklung hin zu totalitären Regimen fördern.