1914 – 2014: Das Jahrhundert im Spiegel seiner großen Denker
Sonderausgabe 1 - 20132014 – ein Datum, das zu denken gibt. Hundert Jahre zuvor brach der Erste Weltkrieg aus, der Fall der Berliner Mauer jährt sich zum 25. Mal. Was läge da näher, als philosophisch Rückschau zu halten. Und zwar durch Artikel und Essays, die Philosophen in Tageszeitungen oder Magazinen zu den bedeutendsten Ereignissen ihrer Epoche veröffentlichten. Voilá, die erste Sonderausgabe des Philosophie Magazins: 1914–2014 – das Jahrhundert im Spiegel seiner größten Denker.
Sollte die Aufgabe der Philosophie, wie Hegel einst schrieb, tatsächlich darin bestehen, „ihre Zeit in Gedanken zu fassen“, legen die hier versammelten Artikel lebendiges Zeugnis davon ab, welch absurde Irrungen wie auch erhellende, im wahrsten Wortsinn lebensrettende Öffnungen diese Zielvorgabe hervorzurufen vermag. Am Puls der Zeit zu denken, war mit anderen Worten schon immer eine höchst riskante Angelegenheit. Wir sollten auch für die Zukunft nicht wünschen, dass es anders sei. Wer wünscht sich schon eine Wirklichkeit, die sich ganz von selbst versteht? Und vor allem: Welchen Platz hätte der Mensch noch in ihr?
Der Wille zum Krieg
Vom Ersten Weltkrieg in die Wirtschaftskrise, von der Russischen Revolution zum Aufstieg Hitlers. Das erste Drittel des Jahrhunderts ist von nationaler Verfeindung und ideologischer Verhärtung geprägt. Zeitgleich mit tiefen zivilisatorischen Erschütterungen kommt es zu atemberaubenden künstlerischen und technischen Innovationen. Die westliche Philosophie eröffnet – mit Namen wie Heidegger, Wittgenstein und Benjamin – neue Denkwege. Die Krisenstimmung stimuliert das Denken. Und führt es nicht selten auf dunkle Pfade.
Im Sog des Hitlerismus
Dunkle Zeiten. Mit der Machtergreifung Hitlers verfällt Deutschland endgültig dem Führerwahn. Rassenhass und totalitäre Verengung regieren den Alltag, auch in Stalins Sowjetunion. Der Zweite Weltkrieg erfasst mit seinen Schrecken den gesamten Globus und scheint die Machtlosigkeit der Intellektuellen zu beweisen. Nicht wenige deutsche Philosophen haben sich auf die Seite der Nationalsozialisten geschlagen, allen voran Meisterdenker Martin Heidegger. Doch regt sich im Namen der Freiheit auch philosophischer Widerstand. Camus und Sartre schließen sich in Frankreich der Résistance an, Gandhis Pazifismus führt Indien in die Unabhängigkeit. Mit der Schoah sieht die Menschheit in einen neuen Abgrund.
Im Schatten der Angst
Der Kalte Krieg spaltet die Welt politisch wie ideologisch. Bleiern liegt die Zeit auf den beiden deutschen Staaten. Anstatt Frieden herrscht bald atomare Bedrohung. Und doch gibt es Aufbrüche. Emanzipation, sexuelle Befreiung und Studentenrevolten verändern das Wertgerüst der westlichen Gesellschaft. Unter den Augen der Welt landet der erste Mensch auf dem Mond. Wo liegen die Grenzen des technologischen Fortschritts? Und wie hoch ist sein ökologischer Preis?
Nach den Weltanschauungen
Niemand hatte es vorausgesehen. Mit dem Fall der Berliner Mauer verliert die Welt quasi über Nacht ihre alte Ordnung. Durch die Globalisierung von Wirtschaft und Kommunikation verschwimmen letzte Grenzen. Das Zeitalter der Ideologien scheint zu Ende. Gibt es überhaupt noch glaubwürdige Systemalternativen zur entregelten Marktwirtschaft? Ebenso unvermittelt wie der Freiheitsschub des 9.11.1989 brechen die Anschläge von 9/11 über die westliche Welt herein. Die Religion kehrt im Gewand des terroristischen Fundamentalismus auf die politische Bühne zurück. Das prägende Dilemma der Zeit lautet: Freiheit oder Sicherheit?
Inhalt
1914 — 1932
Einleitung:
Eine Kultur in der Krise
Oswald Schwemmer
Der Wille zum Krieg
Fritz Mauthner –
Henri Bergson
Frühe Begeisterung
Georg Simmel – Lenin –
John Dewey
Das große Sterben
Alain
Kraft der Revolution
Nikolai Berdjajew –
Rosa Luxemburg
Mehr Faschismus wagen?
Giovanni Gentile –
José Ortega y Gassett
Hitlers Aufstieg
Ernst Bloch
Zynismus des Alltags
Karl Kraus
Macht der Technik
Walter Benjamin
Macht der Bilder
Béla Balázs
Wirtschaftskrise
John Maynard Keynes –
Bertrand Russell
Hitlers Aufstieg —
Bedrohter Friede
1933 — 1945
Einleitung:
Im Sog des Hitlerismus
Hans Jörg Sandkühler
Unmut der Straße
Simone Weil
Der Weg in die Diktatur
Siegfried Kracauer
Den Führer denken
Martin Heidegger
Blinder Gehorsam
Carl Schmitt
Führersehnsucht
Emil Cioran
Verkannte Fronten
George Orwell
Koloniale Ausbeutung
Cyril L. R. James
Die Avantgarde: Ausdruck
bürgerlicher Degeneration?
Ernst Bloch –
Georg Lukács
Widerstand gegen Hitler
Jean Cavaillès –
Mahatma Gandhi
Exilstimmen
Paul Tillich –
Thomas Mann –
Georg Lukács
Die Résistance
Jean-Paul Sartre
1946 — 1988
Einleitung:
Im Schatten der Angst
Philipp Felsch
Stunde Null
Karl Jaspers
Bleierne Zeit
Albert Camus
Emanzipation
Simone de Beauvoir –
Evelyn Reed
Zeitalter der Bombe
Günther Anders
Eichmann in Jerusalem
Hannah Arendt –
Karl Jaspers –
Gershom Scholem
Beginn der Raumfahrt
Maurice Blanchot –
Ayn Rand
Kritische Studenten
Theodor W. Adorno
Flower Power
John Searle
Die Last der Schönheit
Interview mit Winfried Menninghaus
Der RAF-Komplex
Herbert Marcuse –
Jean-Paul Sartre
Poststalinismus
Jan Patočka
Brennpunkt Nahost
Edward W. Said
Die Katastrophe von Tschernobyl
Peter Sloterdijk –
Ulrich Beck
Freiheitskämpfe
Douglas P. Lackey –
Friedrich August von Hayek –
Michael Walzer
Aids
Susan Sontag
1989 — 2914
Einleitung:
Nach den Weltanschauungen
Julian Nida-Rümelin
Deutsche Wiedervereinigung
Francis Fukuyama –
Rüdiger Bubner –
Leszek Kołakowski
Massentierhaltung und Klontechnologie
Claude Lévi-Strauss –
Hilary Putnam
Der 11. September
Jacques Derrida –
Jean Baudrillard –
Richard Rorty –
Giorgio Agamben –
Stanley Cavell
Tsunami
Susan Neiman
Amerikas Zukunft ist schwarz!
Cornel West
Eurokrise
Jürgen Habermas –
Slavoj Žižek –
Ralf Dahrendorf
Fukushima
Ken’ichi Mishima
Arabischer Frühling
Mezri Haddad
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Drohnenkrieg
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