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Bild: Benjamin Zhao (Unsplash)

Impuls

Das Ende des Explosionszeitalters?

Charles Perragin veröffentlicht am 27 Juni 2022 3 min

Jüngst hat das Europäische Parlament dafür gestimmt, den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotoren ab 2035 in der Europäischen Union zu verbieten. Laut dem Philosophen Peter Sloterdijk bedeutet dies einen zivilisatorischen Wandel.

 

Abgesehen von einer Ausnahme für Luxuswagen werden sämtliche Motoren, die mit Diesel, Gas, Agrotreibstoffen oder synthetischen Kraftstoffen betrieben werden, nicht mehr erlaubt sein. Auch Hybridantriebe fallen unter den Beschluss. Um rechtskräftig zu werden, muss die Verordnung jedoch noch vom Europäischen Rat, dem Rat der Union und von der Kommission bestätigt werden. Eine solche Entscheidung hätte mehr als nur ökologische und wirtschaftliche Auswirkungen.

Der Philosoph Peter Sloterdijk definiert die Grundidee der modernen Zivilisation als die List, eine Explosion so zu erwischen, dass sie nützliche Arbeit verrichtet. In Die Sonne und der Tod skizziert er ein mephistophelisches Prinzip der Verbrennung: „[D]er Verbrennungsmotor arbeitet mit einem Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft. Man bringt eine flammbare Substanz zur Zündung und zwingt die Explosion durch eine Hemmungsvorrichtung, Arbeit zu verrichten – Mikrokatastrophen im Dienst von Kulturzwecken.“

Das Aufkommen des Verbrennungsmotors und das Prinzip der Explosion hat unser Denken bis hin zu einer veränderten Wahrnehmung unseres eigenen Körpers – „[d]as Subjekt des späten 20. Jahrhunderts ist ein Hochleitungsstoffwechsler“ – aber auch unserer Freiheit geformt. Im modernen Sinne drückt Freiheit „zentrale Motive einer neu eroberten aktivistischen Selbsterfahrung“ aus. In der modernen Freiheit ist das Selbst Ursache einer Bewegung; sie ist Initiative, Expressivität bis hin zu aggressiven und expansionistischen Konnotationen. Diese „kinetische Selbsterfahrung“ habe mit der Erfindung des Verbrennungsmotors nochmals eine andere Dimension erreicht. 

Noch bis ins 19. Jahrhundert hinein war das Paradigma der Freiheit mit der Überquerung des Ozeans verknüpft. Frei sein bedeutete, die Kraft des Windes zu nutzen. Demgegenüber erzeugt der Verbrennungsmotor eine unverhältnismäßige Beschleunigung und setzt eine ungebremste Energie frei, deren Bewegung uns trunken macht. Er bringt die Möglichkeit eines höheren Selbst, das es uns ermöglicht der halbtierischen Existenz des Fußgängers zu entkommen. Sloterdijk schreibt weiter: „[J]e länger das Jahrhundert dauert, desto mehr erscheint auch die Fahrt als eine nicht mehr nötige Ausrede. Die aktuelle Massenkultur zelebriert die reine Verschwendung, den absoluten Energie-Potlatch der kein Transport mehr ist. Jetzt tritt der Wille zur Macht als Wille zur Detonation in Erscheinung […] Wie die antike Arena ein Tempel zur Verschwendung von Menschen- und Tierleben war, so ist die moderne Arena ein Tempel zur Energieverschwendung.“ Sloterdijk stellt sogar die Frage, ob Nietzsches „Wille zur Macht“ nicht eigentlich nur „die Umstellung von der Kohlenkultur zur Benzin- und Sprengstoffkultur, also die Umstellung von Verbrennung auf Explosion, metaphysiziert.“ Schließlich hat Nietzsche von sich selbst gesagt, dass er „Dynamit“ sei. 

Die Europäische Verordnung könnte also nicht nur die Automobillobby, sondern auch einen Teil unseres kulturellen Grundverständnisses erschüttern. Denn auch E-Autos sind, zwar nicht von fossilem Treibstoff, dafür aber von einem ausgedehnten Stromnetz abhängig. Benzinkanister lassen sich dabei leichter transportieren als Batterien. Im Gegensatz zu Abhängigkeit von einem Netzwerk symbolisiert der Verbrennungsmotor die Aktivierung einer energetischen Substanz, die man individuell mit sich führen kann. „Die energiereiche Essenz explodieren lassen, das heißt eigentlich die Substanz als Subjekt entwickeln.“ Tatsächlich könnte also gerade das Ende des Verbrennungsmotors auch unser so lang gehegtes wie unvernünftiges Freiheitsverständnis endgültig verändern. •

Übersetzt von
Annika Fränken
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