Die „Barbie“-Show – mehr als pseudofeministisches Spielzeug?
Ist der „Barbie“-Film feministisch? Ja, wenn man dem Hype glaubt. Von einem ernsthaften Eintreten für Frauenrechte kann jedoch keine Rede sein, findet unsere Redakteurin Ariane Nicolas.
Dieser Text enthält Spoiler zum Film „Barbie“ von Greta Gerwig.
„Sie ist alles. Er ist nur Ken.“ Die Marketingabteilung von Barbie, der Verfilmung der Geschichte der berühmtesten Puppe der Welt durch Regisseurin Greta Gerwig, kündigt die Richtung an. Auf dem Plakat verhöhnt Barbie (Margot Robbie) ihren zur Sexmaschine degradierten Gegenpart Ken (Ryan Gosling), indem sie ihm mit ihrer perfekt manikürten Hand das Gesicht zerquetscht. Als Zuschauerin, die für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern eintritt, freut man sich auf eine feministische Komödie, die nicht nur ein Bekenntnis zu einer neuen Generation von Girl-Power ist, sondern in der durch die Barbiewelt ein poppiges und unkompliziertes Matriarchat auf überschwängliche Weise dargestellt wird. Doch der Kinobesuch lässt die Zuschauerin desillusioniert zurück. „Das ist also laut Hollywood Feminismus?“ Zwei Stunden Werbung für ein zunehmend an Bedeutung verlierendes Produkt (40 % weniger Verkäufe in den letzten zehn Jahren), die den Feminismus auf einen Selbsthilfediskurs reduziert und lediglich einige hartnäckige Maskulinisten verärgern wird. Die Enttäuschung über Gerwig, die 2019 erfolgreich Little Women modernisiert hatte, indem sie komplexe und liebenswerte Frauenfiguren entwarf, ist groß.
Engstirnige „Girl-Power“
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