Gibt es uneigennützige Freundschaften, Herr Granovetter?
Wie entsteht Freundschaft? Vor allem durch gemeinsame, intensive Zeit, meint der Soziologe Mark Granovetter. Ein Gespräch über emotionale Nähe, Freundschaft in der Ferne und das Ideal der Selbstlosigkeit.
Wie würden Sie Freundschaft definieren?
Die Soziologen – und ich gehöre dazu – sprechen meist nicht von Freundschaft, sondern eher von Verbindungen und Netzwerken. Freundschaft ist ein vager Begriff, der im Alltag verwendet wird, ohne dass man die Leute fragt, was sie darunter verstehen. Denn das wäre ziemlich unhöflich. Ich bin mir daher nicht sicher, ob es eine genaue, weithin akzeptierte Definition von Freundschaft gibt. Im Allgemeinen entspricht das, was die Menschen unter Freundschaft verstehen, dem, was ich als „starke Bindungen“ im Gegensatz zu „schwachen Bindungen“ bezeichnet habe. Das ist natürlich eine künstliche Dichotomie: Menschliche Bindungen sind ein Kontinuum, zwischen stark und schwach gibt es viele Abstufungen. Die meisten Menschen würden Freundschaft wahrscheinlich eher auf der Seite der starken Bindungen ansiedeln. Das ist aber nicht immer der Fall: Manche verwenden das Wort auch für eine einfache Bekanntschaft.
Die gemeinsam verbrachte Zeit ist, wie Sie schreiben, ein wichtiges Kriterium für starke Bindungen. Kann man dennoch mit jemandem, den man nur selten sieht, sehr gut befreundet sein?
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