Hört her, ihr Affen!
Aristoteles definiert den Menschen in Abgrenzung vom Tier. Kafkas Bestiarium bringt dieses menschliche Selbstverständnis gehörig ins Wanken. Insekten, Affen, Pferde, Mäuse sind Bedeutungsträger, Subjekte, Projektionen – und halten uns auf unbequeme Weise den Spiegel vor.
Es wimmelt, wuselt, krabbelt, klettert, galoppiert. Lässt man das Personal von Kafkas Kurzprosa in der geistigen Manege Revue passieren, fällt umgehend auf, wie prominent nicht-menschliche Tiere darin vertreten sind. Der Hund etwa, den der Junggeselle Blumfeld aus der gleichnamigen Erzählung sich anzuschaffen gedenkt, damit er im Alter Gesellschaft hat. Die Flöhe, die so ein Hund unweigerlich mit nach Hause schleppen würde – eine Vorstellung, die Blumfeld umgehend wieder von seinem Plan abbringt. Die Schädlinge im Pelzkragen des Türhüters, mit denen der Mann vom Lande aus der Parabel Vor dem Gesetz Bekanntschaft schließt und die er zu seinen Gunsten zu beeinflussen versucht. Das Ungeziefer aus der Verwandlung natürlich, der gelehrte Schimpanse Rotpeter aus dem Bericht für eine Akademie, der dachsähnliche Eigenbrötler aus dem Fragment Der Bau, die singende (oder womöglich doch nur piepsende) Maus Josefine: Es ist ein gewaltiges, verschiedenste Arten umfassendes Bestiarium, das Kafkas Werk entwirft. Wollte man die darin auftretenden Tiere kategorisieren, könnte man höchstens sagen: Sie gehören zur Familie der „Kafkanidae“ – eine Ordnung, die es nur im Werk dieses Autors gibt.
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