Putins Angst vor dem Liberalismus
Die NATO-Osterweiterung gilt Putin als größter Graus, wird vom Westen jedoch als eine bloß fadenscheinige Rechtfertigung für seinen Angriffskrieg abgetan. Die Missachtung von Putins Sorge könnte fahrlässig sein, denn sie gibt einen Hinweis, aus welcher Richtung ihm die größte Gefahr für seine Macht droht, meint Annika Fränken.
Schaut man mit den Theorien der internationalen Beziehungen auf Putins Stellung in der Welt, so stand er am Anfang der 2000er Jahre mit dem Rücken zur Wand. Der Systemkampf schien beendet und eine Ausweitung des Liberalismus gewiss zu sein. Diese Ausweitung greift seine Machtgrundlage, die zivilgesellschaftliche Unterdrückung, an und ist ihm damit höchst gefährlich geworden. Ihm blieben zwei Möglichkeiten: Selbst zum liberalen Demokraten im westlichen Sinne zu werden oder zur Gegenwehr anzusetzen. Ein Rückblick auf die Münchener Sicherheitskonferenz im Jahre 2007, auf der Putin den Untergang der Sowjetunion als die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts bezeichnete, verdeutlicht, dass er sich für letztere Handlungsmöglichkeit entschieden hat.
Die Theorie des Liberalismus in den internationalen Beziehungen gründet auf Immanuel Kants Schrift Zum ewigen Frieden. In dieser philosophischen Utopie stellt Kant die Bedingungen der Möglichkeit eines ewigen Friedens auf. Hierzu zählt u.a. die republikanische bzw. parlamentarisch-demokratische Verfasstheit der Staaten, die sich zu einem föderalistischen Völkerbund zum Zwecke der Wahrung des Friedens, der Freiheit und der Gerechtigkeit zusammenschließen sollen.
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