Roger T. Ames: „Für Konfuzianer sind die Gewohnheiten die Kultivierung der Rollen und Beziehungen“
Wie denkt man in China über Gewohnheit nach? Der Philosoph Roger T. Ames lebt in Peking und erklärt, dass man in China nicht den eigenen Charakter, sondern seine Beziehungen in der Gemeinschaft ausbildet. Ein Gespräch über Gewöhnung als intergenerationaler Prozess, den Stellenwert der Familie und das chinesische Neujahr.
Herr Ames, wie denkt man in China über Gewohnheiten nach? Herrscht dort ein anderes Verständnis als im Westen?
Im Konfuzianismus geht es darum, eine bestimmte Disposition zu kultivieren, eine bestimmte Art, in der Welt zu sein. Die Annahme ist, dass unsere zukünftigen Handlungen größtenteils von der Veranlagung bestimmt werden, die wir in unserem bisherigen Leben ausgebildet haben. Nur wer eine bestimmte Veranlagung kultiviert hat, besitzt die moralische Vorstellungskraft, sich für ein bestimmtes Verhalten zu entscheiden. Die einzige Möglichkeit, tugendhaft zu werden, ist die Ausbildung einer Gewohnheit. Üblicherweise verstehen wir im Westen Gewohnheiten als etwas, das wir loswerden wollen. Aber das zeigt nur, welche Macht Gewohnheiten über unser Leben haben.
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