Schätze und Irrtümer
Von Krisen und Ungleichheit bis zur Forderung nach einem Systemwechsel – unsere Zeit bietet viele Anknüpfungspunkte für die Beschäftigung mit Marx. Prominente Personen erzählen, welche Erkenntnisse, aber auch Trugschlüsse sie mit ihm verbinden
Robert Pfaller, Autor und Professor für Philosophie an der Kunstuniversität Linz
Den Unterschied zwischen Menschen, die Marx gelesen haben, und solchen, die ihn nicht gelesen haben, erkennt man daran, dass Letztere nicht wirklich wissen, in welcher Welt sie leben. Wer nicht gelernt hat, die Klassenfrage zu stellen, kann die übrigen Fragen nicht lösen – und fällt dazu auf die falschen, der Ablenkung dienenden Fragen herein. Marx durchschaute die Verheerungskraft, mit der die kapitalistische Produktionsweise zuerst die Bevölkerung Europas und dann den Rest der Welt überzogen hat. Zugleich aber erkannte er auch die einst revolutionäre Rolle der Bourgeoisie: wie unwiderstehlich sie die Feudalherrschaft, die hierarchischen Traditionen und den ländlichen „Idiotismus“ zu brechen vermochte. Insbesondere diese Beobachtungen erscheinen heute wertvoll – da der Kapitalismus gerade dabei ist, seine letzten emanzipatorischen Versprechen zu verschlingen: indem er die wenigen Demokratien in repressive, kriegsbereite Zensurstaaten oder gleich in nackte Oligarchien verwandelt.
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