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Bild: Verlag Kiepenheuer und Witsch (digital erweitert)

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Schamvolle Bekenntnisse

Maike Salazar Kämpf veröffentlicht am 06 Oktober 2023 4 min

Das Patriarchat beschämt Frauen. Sophie Passmanns Pick me Girls lässt uns diese Scham nachempfinden. Das ist eine Zumutung – und die große Stärke des Buchs, findet Maike Salazar Kämpf.

 

„Scham fühlt sich immer an wie ein Einzelschicksal, denn sie behauptet, dass mit einem selbst etwas außergewöhnlich falsch ist. Wenn man wüsste, dass sich alle für die gleiche Sache schämen, würde sie keinen Sinn mehr ergeben.“ (Sophie Passmann, Pick me Girls)

Sophie Passmann hat ein Buch über die Auswirkungen der alltäglichen Beschämung von Frauen geschrieben. Die bisherigen Rezensionen (mehrheitlich von Frauen verfasst) kritisieren, dass zu viel „Ich“ vorkomme, es sich um einen „überlangen Social Media Post“ handle und dass der Feminismus sich hier an einem toten Punkt befinde, da er keine theoretische Weiterentwicklung vornehme. Dabei hat Passmann selbst gesagt, dass sie kein Theoriebuch schreiben wollte und hat stattdessen den feministischen Slogan „das Private ist politisch“ ernst genommen. 

 

Isolieren und herrschen

 

Anhand ihrer Erfahrungen seziert sie die eigene Scham, ausgelöst durch tumblr, Shitstorms, Schönheitsideale und stummen Abmachungen mit Männern, niemals „lästig“ zu sein. Sie betrauert, dass sie nicht die Frau ist, die sie vielleicht geworden wäre ohne diese Scham. Vor allem stellt sie immer wieder, Situation für Situation, fest, wie die Vereinzelung der Erfahrung (man denkt, nur man selbst fühlt sich außergewöhnlich hässlich etc.) den Selbsthass fördert und die Macht der Männer um einen herum stärkt. Dabei erlebe eigentlich jede Frau dasselbe, mal schrecklicher, mal weniger schrecklich, aber doch immer mit dem gleichen Ergebnis: Sie mache sich selbst verantwortlich und internalisiere die Beschämung. Passmann ergänzt damit die feministische Literatur um eine Stimme der Erfahrung von alltäglichem Sexismus, abseits von Vergewaltigungen und Feminiziden, eine Stimme, die zeigt, dass wirklich jeder Teil der patriarchalen Diskriminierungsstruktur ist, mal als Opfer, mal als Täterin.

 

Die Lücke als Platzhalterin

 

Passmanns Buch erzählt auch von einer Mittäterinnenschaft. Sie  fordert zum Beispiel, Frauen sollten „interessanter, krasser, härter, brutaler und gleichgültiger sein“ und bekennt, dass sie Frauen „nicht ansatzweise so interessant wie junge Männer“ findet. Sie gesteht ein, dass sie keinen Kontakt mehr mit „vielen fantastischen Frauen“ hat und sie zeigt damit, wie die eigene Scham auch unbewusst zur Abwertung anderer Frauen führen kann. 

Es gibt keine Referenzen zu Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung, Hautfarbe, Migrationshintergrund, Geschlechtsidentität, Klasse oder Behinderungen. In Anbetracht der aktuellen politischen Lage ist dies mehr als erstaunlich. Durch diese offensichtliche Lücke wird die Notwendigkeit eines intersektionalen Feminismus deutlich, denn sie zeigt, dass durch die Vereinzelung durch Scham auch eine Art Blindheit für Andere entsteht, eine Blindheit dafür, dass man sich verbünden kann. Aber es ist dadurch ein besonders ehrliches Buch geworden, das Schwierigkeiten des Feminismus benennt: Er wird nicht von rundum aufgeklärten Subjekten getragen, sondern von Menschen mit Schwächen, was man bedenken muss.

Das Eingeständnis dieser Schwäche mag irritieren, ist aber der feministische Kern der Sache. Die Stärke des Buches ist, dass Passmann, indem sie ihre eigenen Erfahrungen berichtet, Situationen schildert, die viele Frauen kennen, und ihnen eine gemeinsame Deutung gibt: Das Patriarchat ist so mächtig, weil es nicht wie Herrschaft aussieht, sondern wie Frauen, die sich scheinbar falsch verhalten. Und tatsächlich tun sie das, aber anders, nämlich indem sie den Fehler bei sich oder anderen Frauen suchen. Das Buch ist damit unangenehm zu lesen, weil es voyeuristisch nah an Passmanns eigentlich unsagbaren Gedanken ist, und dadurch „entschämt“ es gleichzeitig. „Zufriedene Frauen sind gefährlicher als alle anderen“ schreibt Passmann und ihr Buch ist ein Beitrag dazu, die  Scham durch Offenlegung zum Verschwinden zu bringen und damit ein bisschen zufriedener zu werden.

 

Theorie der Hässlichkeit

 

Wer einen theoretischen, migrantischen und poetischen Zugang sucht, dem sei Hässlichkeit von Moshtari Hilal empfohlen. Hilal entwickelt die These der Beschämung weiter. Sie schreibt über Imitation als „Versprechen auf den sozialen Aufstieg”, über Frantz Fanons psychoanalytischen Ansatz zur Entfremdung des eigenen Körpers, über rassistische Vorstellungen von Haaren und Hygiene, Haaren und Männlichkeit, über den antisemitischen Ursprung der „Nasenkorrektur”, rassistische Schönheitsideale und Profiteure der Beschämung, darüber, dass es bald eine Klassenfrage sein wird, ob man Falten hat, so wie es auch schon heute eine politische Frage ist, ob man als Frau „Achselhaare trägt”. Sie fügt der Thematik eine Mehrdimensionalität und Tiefe hinzu, die einem die Augen öffnen kann, und zeigt eine mögliche feministische Zukunft. Während uns Passmann die Scham spüren lässt, erklärt Hilal, woher sie kommt und wie man ihr entkommen kann. Wer ihr Buch liest, wird gefährlicher, denn darin steckt die Macht des Widerstandes. Um zufrieden und gefährlich zu sein, sollte man beide Bücher lesen. •

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