Vivian Liska: „Kafka weist jegliche Theodizee zurück“
Auch wenn Kafkas Texte selten explizit von Religion handeln, wurden sie als Auseinandersetzung mit dem Urteil Gottes gelesen. Ein Gespräch mit Vivian Liska über Kafkas Verhältnis zum Judentum, eine unmögliche Suche und den sabotierten Turmbau zu Babel.
Frau Liska, Kafka wollte nach Palästina auswandern, lernte Hebräisch, war begeistert vom jiddischen Theater. Und doch fragt er sich in seinem Tagebuch: „Was habe ich mit Juden gemeinsam?“ Wie ist das zu verstehen?
Der Satz, den Sie zitieren, klingt nach einer banalen Frage der Zugehörigkeit und Identität. Was dann aber folgt, liest sich als Unterwanderung des Begriffs von Identität als etwas Ganzheitlichem. Er schreibt nämlich: „Ich habe kaum etwas mit mir gemeinsam und sollte mich ganz still, zufrieden damit, daß ich atmen kann, in einen Winkel stellen.“ Anstatt aufzuzählen, was er mit Juden gemeinsam hat, weist er darauf hin, dass wir nicht aus einem Stück gemacht sind. Kafka schon gar nicht. Das Interessanteste an diesem Eintrag ist der „Winkel“, in den er sich stellen solle.
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