Direkt zum Inhalt
Menu Top
    Anmelden Hefte kaufen Abonnieren
Navigation principale
  • Startseite
  • Impulse
  • Essays
  • Dossiers
  • Gespräche
  • Hefte
  • Sonderausgaben
  • Philosophen
  • Begriffslexikon
  • Bücher
rechercher
 Philosophie Magazin - Impulse für ein freieres Leben
Menu du compte de l'utilisateur
    Anmelden Hefte kaufen Abonnieren
Navigation principale
  • Startseite
  • Impulse
  • Essays
  • Dossiers
  • Gespräche
  • Hefte
  • Sonderausgaben
  • Philosophen
  • Begriffslexikon
  • Bücher
Tag - Body
Tag - Body

Bild: Sun Lingyan (Unsplash)

Impuls

Wie schnell wachsen?

Octave Larmagnac-Matheron veröffentlicht am 04 Juni 2021 3 min

In China dürfen Paare künftig drei Kinder bekommen. Damit ändert das Land vollends seine einst so strikte Geburtenpolitik – und erinnert damit an eine Debatte zwischen den Philosophen Jean Bodin und Thomas Malthus.

 

Noch nie bekamen die Chinesen so wenig Kinder wie im Jahr 2021: nur 12 Millionen. Dieser historisch tiefe Wert setzt einen allgemeinen Trend fort. Das demografische Wachstum des Landes war in der letzten Dekade besonders niedrig – es betrug durchschnittlich 0,53 % pro Jahr – und kommt damit einer Schrumpfung gleich. Geht diese Entwicklung weiter, könnte die chinesische Bevölkerung im Jahr 2100 auf 732 Millionen gesunken sein. Im Vergleich zu den heutigen 1,4 Milliarden Einwohnern des Landes wäre das die Hälfte.

Wie lässt sich dieser demografische Wandel in China erklären? Die 1979 eingeführte Ein-Kind-Politik ist zweifellos ein wichtiger Faktor, reicht aber als Grund nicht aus. Schon deshalb, weil sie 2015 bereits teilweise abgeschafft wurde, ohne dass dies erkennbare Auswirkungen auf die Geburtenrate gehabt hätte. Vielmehr haben sich im Reich der Mitte die Lebensgewohnheiten verändert. Auch ohne staatlichen Zwang wollen viele Paare heute nur ein Kind. Das hat nicht zuletzt mit der Entstehung einer größeren Mittelschicht zu tun. Denn gerade in ärmeren Familien mit wenig ökonomischem Kapital war das Interesse an der Geburtenbegrenzung vergleichsweise gering.

 

Schutz vor der Revolution

 

Zum einen, weil Kinder – insbesondere in bäuerlichen Kreisen – gleichzeitig oft auch Arbeitskräfte im eigenen Familienbetrieb waren und durch Generationensolidarität für die ökonomische Absicherung im Alter sorgten. Zum anderen, weil ärmere Familien kein Kapital hatten, das sie auf die Kinder hätten aufteilen oder verwenden müssen. Anders bei den neuen Mittelschichten, die ihr erworbenes Kapital – etwa für die Ausbildung – lieber auf ein Kind konzentrieren. Weitere Faktoren, die die niedrigen Geburtenraten erklären, liegen in der Verringerung von Kindersterblichkeit, der Verbreitung von Verhütungsmitteln sowie der Zunahme staatlicher Absicherungen im Alter. 

Diese Entwicklung wird von der Kommunistischen Partei nun zunehmend als Bedrohung gesehen, die langfristig zu einem Mangel an Arbeitskräften und einer Unwucht bei der Altersabsicherung führt. Deshalb wurde jüngst ein klarer Bruch mit der einstigen Ein-Kind-Politik verkündet. Chinesische Paare dürfen nun drei Kinder bekommen. Bei der Begründung scheint sich die KP dabei auf den Spuren des französischen Philosophen Jean Bodin zu befinden, der in Sechs Bücher über den Staat (1576) bemerkte, dass ein Staat für sein Gedeihen nie genug Untertanen haben könne. Ein Wachstum der Bevölkerung gereiche dem Souverän stets zum Vorteil, nicht nur weil damit Macht und Wohlstand stiegen, sondern auch, weil eine größere Bevölkerung sozial ausgeglichener sei – und deshalb vor Unruhen und Revolutionen schütze.   

 

Ein neues Echo

 

Der Bruch durch die nun verkündete Drei-Kind-Politik wirkt deshalb so stark, da Peking lange dem gegenteiligen Credo folgte, wonach eher der Geburtenüberschuss als Bedrohung gesehen wurde. In den 1970er Jahren, als chinesische Frauen im Schnitt rund sechs Kinder bekamen, initiierte China die malthusianisch inspirierte Ein-Kind-Politik. Der britische Philosoph und Demograf Thomas Malthus hatte in seinem Essay on the Principle of Population (1798) behauptet, dass einem hohen Bevölkerungswachstum nur ein geringer Zuwachs bei der Nahrungsmittelproduktion gegenüberstehe, weshalb es zwangsläufig zu Hungerkatastrophen komme.

Malthus lag mit seiner Prognose falsch, weil er davon ausging, dass die Dynamik der Produktion lediglich linear steige, während die Bevölkerung exponentiell wachse. In dieser Sichtweise wurde jedoch ein entscheidender Faktor vernachlässigt: der technologische Fortschritt, durch den die Produktivität stetig verbessert wird. Malthus hatte lediglich die – tatsächlich begrenzte – Menge des Bodens im Blick, bedachte aber nicht, dass sich die Erträge von dessen Ausbeutung enorm erhöhen würden. Während Malthus sich also vor allem auf den Boden fixierte, hatte Bodin bereits gesehen, dass die Menschen die entscheidenden Produktionsfaktoren sind, die durch Innovation und Technik ihre Situation verändern können.

Hat sich die chinesische Bevölkerungspolitik also gewissermaßen von Malthus zu Bodin bewegt, steht ihr indes direkt eine neue Herausforderung bevor. Haben insbesondere die letzten Dekaden bewiesen, dass der technische Fortschritt der Schlüssel zu einem scheinbar unbegrenzten Wirtschaftswachstum ist, zwingt der Klimawandel uns nun dazu, diesen Wachstumskult zu überdenken. Denn so fraglos falsch der Malthusianismus – faktisch und ethisch – auch ist, findet er dieser Tage insofern ein neues Echo, als dass eine wachsende Weltbevölkerung auch einen höheren Ressourcenverbrauch impliziert – und somit fraglos nicht der einzige, aber dennoch ein Faktor für die ökologische Erschöpfung der Erde darstellen kann. Es bleibt abzuwarten, ob dieser Umstand in naher Zukunft einen Einfluss auf die chinesische Politik haben wird. •

Übersetzt von
Nils Markwardt
  • Email
  • Facebook
  • Linkedin
  • Twitter
  • Whatsapp
Anzeige
Tag - Body

Weitere Artikel

Gespräch
13 min

Umberto Eco im Gespräch: "Die Sprache ist eine permanente Revolution"

Martin Legros 24 Februar 2016

Seiner Herkunft nach Philosoph, wurde Umberto Eco als Romanautor und kosmopolitischer Essayist zu einer intellektuellen Legende. Die Leichtigkeit, mit der er alle Themen angeht, zeigt, dass Denken eine lustvolle Tätigkeit ist.

Umberto Eco war eine geheimnisumwitterte Figur. Wie ist aus diesem Kind einer einfachen Familie im Piemont der kosmopolitische Intellektuelle geworden, der er war? Als Enkel eines Druckers und Sohn eines Buchhalters verbrachte Eco den Krieg mit seiner Mutter in den Bergen, wo sich der Salesianerorden Don Bosco seiner annahm und in ihm die Liebe zu der Philosophie des heiligen Thomas von Aquin wachrief. Wie ist aus dem Autor zweier erfolgreicher Mittelalterkrimis und ein paar ironischer Essays über den Zeitgeist ein Gelehrter geworden, der sich wie ein Magier von Peking über São Paulo nach Paris durch die Welt bewegte, um seine intelligente und vergnügte Meinung über den Triumphzug der Simulakren zum Besten zu geben, über den Niedergang des Buches, über Verschwörungstheorien – oder über Charlie Brown als „Moment des universellen Bewusstseins“? Um dieses Geheimnis zu lüften, haben wir uns mit ihm im Louvre getroffen, wo er 2012 auf Initiative des Instituts Transcultura eine Kommission von Künstlern, Architekten und Intellektuellen aus Europa und China versammelt hatte. Das Ziel? Die Einübung einer Art intellektueller Gymnastik, die seiner Meinung nach nötig ist, wenn es gelingen soll, in der großen Konfrontation zwischen den Kulturen, die sich vor unseren Augen abspielt, Orientierung zu finden. Das, was er „geistige Vielsprachigkeit“ nennt oder die Fähigkeit, nicht nur eine einzige Sprache zu sprechen, sondern die feinen und entscheidenden Unterschiede zwischen den Kulturen auszumessen.

Umberto Eco im Gespräch: "Die Sprache ist eine permanente Revolution"

Gespräch
14 min

Élisabeth Badinter: "Wir müssen dem Fanatismus die Stirn bieten"

Martin Legros 20 Juli 2016

Im Frühling dieses Jahres, nach den Anschlägen von Paris im November, aber vor dem Attentat am Französischen Nationalfeiertag in Nizza, sprach das Philosophie Magazin mit der Philosophin Élisabeth Badinter über die Bedeutung, die fundamentalistischer Terror für laizistische und demokratische Staaten hat und wie sie damit umgehen können und sollten. Badinter ist Feministin und bedingungslose Anwältin einer strikten Trennung von Kirche und Staat. In der Konfrontation mit der Rückkehr des Fanatismus appelliert sie mit Nachdruck an die Kraft der Vernunft.

Élisabeth Badinter: "Wir müssen dem Fanatismus die Stirn bieten"

Gespräch
14 min

Amia Srinivasan: „Hier könnte ein feministisches Bewusstsein wachsen“

Jana C. Glaese 19 Mai 2022

In Fällen sexueller Belästigung oder Ausbeutung folgt schnell der Ruf nach schärferen Gesetzen. Die Philosophin Amia Srinivasan bezweifelt, dass Strafrechtsparagrafen das Geschlechterverhältnis regeln können, und plädiert für ein radikales Hinterfragen von Denkmustern.

Amia Srinivasan: „Hier könnte ein feministisches Bewusstsein wachsen“

Impulse
3 min

Was schulden wir unseren Eltern?

Timm Lewerenz 24 Juni 2021

Im Idealfall bekommen Kinder von ihren Eltern Liebe und Fürsorge. Stehen sie deshalb aber auch in ihrer Schuld? Drei philosophische Perspektiven auf das intergenerationelle Verhältnis.  

Was schulden wir unseren Eltern?

Artikel
8 min

Judith Butler und die Gender-Frage

Camille Froidevaux-Metteries 01 Dezember 2016

Nichts scheint natürlicher als die Aufteilung der Menschen in zwei Geschlechter. Es gibt Männer und es gibt Frauen, wie sich, so die gängige Auffassung, an biologischen Merkmalen, aber auch an geschlechtsspezifischen Eigenschaften unschwer erkennen lässt. Diese vermeintliche Gewissheit wird durch Judith Butlers poststrukturalistische Geschlechtertheorie fundamental erschüttert. Nicht nur das soziale Geschlecht (gender), sondern auch das biologische Geschlecht (sex) ist für Butler ein Effekt von Machtdiskursen. Die Fortpf lanzungsorgane zur „natürlichen“ Grundlage der Geschlechterdifferenz zu erklären, sei immer schon Teil der „heterosexuellen Matrix“, so die amerikanische Philosophin in ihrem grundlegenden Werk „Das Unbehagen der Geschlechter“, das in den USA vor 25 Jahren erstmals veröffentlicht wurde. Seine visionäre Kraft scheint sich gerade heute zu bewahrheiten. So hat der Bundesrat kürzlich einen Gesetzesentwurf verabschiedet, der eine vollständige rechtliche Gleichstellung verheirateter homosexueller Paare vorsieht. Eine Entscheidung des Bundestags wird mit Spannung erwartet. Welche Rolle also wird die Biologie zukünftig noch spielen? Oder hat, wer so fragt, die Pointe Butlers schon missverstanden?

Camille Froidevaux-Metteries Essay hilft, Judith Butlers schwer zugängliches Werk zu verstehen. In ihm schlägt Butler nichts Geringeres vor als eine neue Weise, das Subjekt zu denken. Im Vorwort zum Beiheft beleuchtet Jeanne Burgart Goutal die Missverständnisse, die Butlers berühmte Abhandlung „Das Unbehagen der Geschlechter“ hervorgerufen hat.


Impulse
2 min

Sirenengesang

Dominik Erhard 10 September 2020

Am 10.09. werden in ganz Deutschland um 11 Uhr für eine Minute die Sirenen heulen und die Radiosender ihren Betrieb einstellen. Der Grund: Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) führt damit einen nun jährlich stattfindenden „Warntag“ ein, durch den die Bevölkerung für künftige Katastrophen sensibilisiert werden soll. Daran wird deutlich, wie fundamental sich unser Verständnis von Sicherheit geändert hat – und warum dieses für die großen Katastrophen der Zukunft wenig taugt.

Sirenengesang

Artikel
1 min

Thomas Piketty - Kapitalismuskritiker ohne Marx

Tom Woweries 15 Juni 2014

Kürzlich ist das monumentale Werk „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ des Verteilungsökonomen Thomas Piketty in den USA erschienen. „Das vielleicht wichtigste Wirtschaftsbuch des Jahrzehnts“, so der Nobelpreisträger und Wirtschaftswissenschaftler Paul Krugman.


Impulse
4 min

Sind wir taub für den Lärm geworden?

Pierre Terraz 20 April 2021

In Frankreich wird gerade darüber debattiert, ob sich Klimaschutz nicht nur gegen Luft-, sondern auch Lärmverschmutzung richten sollte. Schließlich analysierte bereits der Soziologe Georg Simmel, dass akustisches Dauerrauschen unser Sozialverhalten ändert.

Sind wir taub für den Lärm geworden?

Anzeige
Tag - Body
Hier für unseren Newsletter anmelden!

In einer Woche kann eine ganze Menge passieren. Behalten Sie den Überblick und abonnieren Sie unseren Newsletter „Denkanstöße“. Zweimal in der Woche bekommen Sie die wichtigsten Impulse direkt in Ihre Inbox.


(Datenschutzhinweise)

Jetzt anmelden!

Fils d'ariane

  1. Zur Startseite
  2. Artikel
  3. Wie schnell wachsen?
Philosophie Magazin Nr.Nr. 64 - Mai 2022
Philosophie magazine : les grands philosophes, la préparation au bac philo, la pensée contemporaine
Juni/Juli 2022 Nr. 64
Online Vorschau
Philosophie magazine : les grands philosophes, la préparation au bac philo, la pensée contemporaine
Rechtliches
  • Werbung
  • Datenschutzerklärung
  • Impressum
Soziale Netzwerke
  • Facebook
  • Instagram
  • Twitter
  • RSS
Philosophie Magazin
  • Über uns
  • Unsere App
  • PhiloMag+ Hilfe
  • Abonnieren

3 Hefte frei Haus und PhiloMag+ Digitalzugang für nur 18 €

Jetzt ausprobieren!