Direkt zum Inhalt
Menu Top
    loginAnmelden shopping_basketHefte kaufen assignment_addAbonnieren
Navigation principale
  • Startseite
  • Impulse
  • Essays
  • Philo.live!
  • Gespräche
  • Hefte
  • Sonderausgaben
  • Philosophen
  • Begriffslexikon
  • Bücher
  • Kulturanzeiger
rechercher
 Philosophie Magazin - Impulse für ein freieres Leben
Menu du compte de l'utilisateur
    loginAnmelden shopping_basketHefte kaufen assignment_addAbonnieren
Navigation principale
  • Startseite
  • Impulse
  • Essays
  • Philo.live!
  • Gespräche
  • Hefte
  • Sonderausgaben
  • Philosophen
  • Begriffslexikon
  • Bücher
  • Kulturanzeiger
Tag - Body

Bild: Barefoot Communications (Unsplash)

Impuls

Die Macht der Metamedien

Felix Maschewski und Anna-Verena Nosthoff veröffentlicht am 26 Januar 2021 5 min

Nachdem Facebook, Twitter und Co. Donald Trump ins analoge Exil verbannten, inszenierten sich deren Chefs als Retter der Demokratie. Doch darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass Big Tech weiterhin vor allem eines forciert: eine gefährliche Privatisierung der Öffentlichkeit.

 

Mark Zuckerberg, CEO von Facebook, sprach von „schockierenden Ereignissen“, Googles Geschäftsführer Sundar Pichai von einer „Antithese der Demokratie“, während Apple-Chef Tim Cook bekundete: „Ich dachte, ich bin in einer Art alternativen Realität [...], dies konnte doch nicht wirklich passieren.“ Die kalifornischen CEOs waren regelrecht erschüttert vom Geschehen, das sich am 6. Januar vor ihren und den Augen der Weltöffentlichkeit Bahn brach. Doch fand Big Tech schnell wieder Worte und reagierte auf den Kapitol-Sturm mit einer ungewöhnlichen Einigkeit. Fast sämtliche Services erkannten in den Aussagen Trumps die Gründe der Eskalation, machten seine haltlosen Anklagen, seine beständigen Beleidigungen und „alternativen Fakten“ für den menschgewordenen Shitstorm verantwortlich – und kappten die Kanäle. Facebook, Twitter, Instagram, Snapchat und Youtube verbannten den Ex-Präsidenten ins analoge Exil, Apple und Google warfen das rechte Netzwerk Parler aus ihren App-Stores. Amazon zog gleich ganz den Stecker und ließ ausrichten, dass der hauseigene Cloud-Dienst Parler nicht mehr hosten werde.

Die digitalen Räumungsaktionen entfachten weitestgehend zwiespältige Reaktionen. Die einen waren erleichtert, fühlten sich befreit von dem mächtigsten Twitterer der Welt und hielten den Schritt für längst überfällig. Die anderen erkannten eine konzerngetriebene Zensur, die Beschneidung der freien Meinungsäußerung oder verwiesen auf das rhetorische One-Trick-Pony der ominösen „Cancel Culture“. Auch Twitter-CEO Jack Dorsey zeigte sich innerlich zerrissen: Er hielt den eigens exekutierten Trump-Bann für einen „gefährlichen Präzedenzfall“, das Deplatforming für „zerstörerisch den edlen Zielen und Idealen des offenen Internets“ gegenüber, nannte es einen „Fehler“ – und doch die „richtige Entscheidung“. Lange habe sein Netzwerk für Politiker Sonderegeln gelten lassen, Trumps tägliches digital intox als „newsworthy“ angesehen, doch die Dynamik und die „unhaltbaren Umstände“ machten die Sperrung seines Accounts unumgänglich.

 

Infrastrukturwandel der Öffentlichkeit

 

Dorsey erschrak fast vor der eigenen Bürde, der „Macht eines Einzelnen oder eines Unternehmens über einen Teil der weltweiten öffentlichen Debatte“ und  bemühte sich klarzustellen, dass man Inkonsistenzen beheben, zukünftig für mehr Transparenz sorgen wolle und betonte, dass die präsidiale Exkommunikation keine konzertierte Aktion der Konzerne gewesen sei, sondern eine (selbst-)justierende „Geschäftsentscheidung“, die zwar gänzlich anders verlaufe als staatliche Zugangsbeschränkungen, sich aber „ähnlich anfühle“. Dies waren erstaunliche Aussagen. Weniger ob der emotionalen Ambivalenz oder dem Eingeständnis, die eigenen Plattformpolitiken zu überdenken. Erstaunlich war vielmehr die Selbstproblematisierung des CEOs und das letztlich fast schon ostentativ proklamierte Unbehagen, für die öffentliche Sphäre mitverantwortlich zu sein.

Stets wollten sich die IT-Konzerne als neutrale Plattformen verstanden wissen und als radikaldemokratische, gleichsam überparteiliche Intermediäre wahrgenommen werden. Sie wünschen dies noch immer. Es wäre einfacher und besser fürs Geschäft. Doch die Netzwerkbetreiber sind keine bloßen Tech-Companies mehr. Sie haben schließlich etwas befördert, was man in Anlehnung an Jürgen Habermas als einen plattformökonomischen Infrastrukturwandel der Öffentlichkeit bezeichnen kann. Schon in den 1960er Jahren hatte der Philosoph eine grundlegende Veränderung in der öffentlichen Sphäre und damit einen Prozess beschrieben, der die Herstellung der Öffentlichkeit seit dem 19. Jahrhundert – qua Geschäftspresse, später Massenmedien – mit ihrer zunehmenden Kommerzialisierung verband. Habermas erkannte dabei, wie die öffentlichen mehr und mehr durch private Interessen geprägt wurden und dabei neue Vermachtungsformen entstanden, die den Diskursraum in ein „Medium der Werbung“ verwandeln und „eine Art Refeudalisierung“ forcierten, sich also eine schleichende Oligopolisierung der öffentlichen Sphäre vollzog.

Diese Entwicklung hat sich mit den heutigen Plattformen auf einer vorgelagerten, programmatischen Ebene intensiviert. Was früher nur Redaktionen und massenmedialen „Gatekeepern“ oblag, wird nun von Algorithmen übernommen, die Relevanzen nach aufmerksamkeitsökonomischen Performanzen sortieren und immer mehr regeln, was die User, wann, wie und von wem zu sehen bekommen. Die individualisierten „Newsfeeds“ lassen sich dann mal als angenehme Filterbläschen, mal – mit Blick auf verschwörungsideologische und extremistische Inhalte – als eruptive „Filter-Clashs“ (Bernhard Pörksen) lesen, doch immer orchestrieren sie ganz persönliche Öffentlichkeiten – auf den schwarzen Spiegeln unserer Smartphones, durchkommerzialisiert as a service.

 

Technologische Souveränität

 

So haben die Plattformen den Debattenraum fragmentiert, zuweilen polarisiert, sie sich selbst zu Metamedien entwickelt, die die Privatisierung der Öffentlichkeit so weit trieben, dass nicht nur jeder Einzelne zum öffentlichen Sender werden kann, sondern sich die Infrastrukturen dazu in nur wenigen oligopolistischen Händen wiederfinden. Dieser Entwicklung folgt eine ganz eigene Souveränität, eine infrastrukturelle Macht, die zunehmend und ganz direkt-technokratisch die (Community-)Standards der Öffentlichkeit setzt – jenseits demokratischer Legitimation. Genau dadurch werden die Plattformen immer häufiger zum Politikum, da weder ihre normativen Kräfte noch ihre ökonomischen Kalküle unpolitisch sind.

Vor diesem Hintergrund scheint das Deplatforming Trumps eine Wende zu markieren. Denn in der anbrechenden Selbstproblematisierung Dorseys reflektiert sich nicht allein eine fragwürdige technologische Souveränität, sondern ist auch eine Position umrissen, die Tech- endlich als Medienunternehmen zu verstehen und sie als solche in die Verantwortung zu nehmen. So sollte man sich keineswegs von den wohlfeilen Geschäftsentscheidungen und der annoncierten Selbstregulierung blenden lassen. Denn während sich die Plattformen aktuell gern mit den Räumungsdiensten im Zeichen der Demokratie profilieren und ihre CEOs sich zwar als „Geschockte“, aber entschieden Handelnde inszenieren, widersprechen ihre Interessen andernorts nur allzu leicht und immer wieder den vorgetragenen Kodizes.

Konnte Sundar Pichai etwa das, was er am 6. Januar sah, als „Antithese der Demokratie“ beschreiben, wäre es durchaus interessant zu erfahren, wie er Googles Position im aktuellen Rechtsstreit mit Australien und die Verantwortung für die öffentliche Sphäre dort einschätzt. Kürzlich drohte die Suchmaschine nämlich der australischen Regierung mit der Einstellung des Services, weil man sich nicht mit den Verlegern und Nachrichtenproduzenten, der vierten Gewalt im Staat, über die „Details“, also die Gebühren für journalistische Inhalte einigen konnte. Während sich der Ministerpräsident Australiens, Scott Morrison, für eine neue Gesetzgebung und die Verleger – „Wir reagieren nicht auf Drohungen“ – einsetzte, unterstrich die Verhandlungsführerin Googles, Mel Silva, den ökonomischen Standpunkt ihres Unternehmens: „Das ist keine Drohung, das ist die Realität.“

Die Frage nach der „Realität“ bzw. Souveränität ist in Australien noch nicht abschließend beantwortet. Angesichts der Ereignisse im Januar dürfen wir aber nicht nur dort gespannt sein, wer zukünftig über die Kanäle der Ausnahme- und Normalzustände entscheidet. •

 

Anna-Verena Nosthoff ist Publizistin, Philosophin, politische Theoretikerin und lehrt an der Universität Wien. Felix Maschewski ist Publizist, Kultur- und Wirtschaftswissenschaftler und lehrte zuletzt an der FU Berlin. Ein ausführlicher Beitrag der Autor:innen zum Thema erscheint im Sonderband „Ein neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit?“ (Hrsg. Sebastian Sevignani und Martin Seeliger) des „Leviathan – Berliner Zeitschrift für Sozialwissenschaft“ im Sommer 2021.

  • E-Mail
  • Facebook
  • Linkedin
  • Twitter
  • Whatsapp
Anzeige
Tag - Body

Weitere Artikel

Artikel
7 min

Orwell und die Überwachung

Bruce Bégout 01 April 2017

„Big Brother ist watching you“, kaum ein Satz ist so tief in unser politisches Bewusstsein eingedrungen wie die Kernbotschaft aus George Orwells dystopischem Roman „1984“. Mit großer Eindringlichkeit und Präzision schildert Orwell in diesem Werk den Alltag in einer totalitären Überwachungsgesellschaft. Kein Wort bleibt hier unbelauscht, keine Geste ungeprüft, kein Gedanke folgenlos. Mit den digitalen Informationstechniken, die im Zeichen von Big Data unseren gesamten Alltag protokollieren und erfassen, hat Orwells Vision vom totalen Überwachungsstaat neue Aktualität gewonnen. Kurz nach der Amtsübernahme von Donald Trump schnellte das Buch in den USA sogar zurück auf die Bestsellerlisten, aus konkreter Angst vor einer neuen Ära des Freiheitsverlusts und der Wahrheitsferne. In seinem Essay untersucht der Philosoph Bruce Bégout, wie Orwells Idee zu dem Buch entstand. Im Vorwort zum Beiheft geht Éric Sadin dem Phänomen der globalen Überwachung nach.


Impulse
6 min

Mit Foucault auf die BILD geblickt

Maximilian Kisters 30 Juni 2023

Der Podcast Boys Club bietet einen tiefen Einblick in die Strukturen der Bild-Zeitung und ihre Machtverhältnisse. Michel Foucaults Konzept von Macht offenbart dabei: Das Problem liegt viel tiefer als chauvinistische Chefs.

Mit Foucault auf die BILD geblickt

Artikel
8 min

Der amerikanische Evangelikalismus und ich

Millay Hyatt 20 September 2024

Spätestens seit der Trump-Wahl 2016 ist der Bevölkerungsblock der weißen US-amerikanischen Evangelikalen auch von Europa aus sichtbar geworden. Rund 80 Prozent von ihnen haben bereits damals ihre Stimme für Donald Trump abgegeben und stehen acht Jahre später allen Umfragen zufolge weiterhin hinter ihm. Wie denken diese Menschen, woraus speist sich ihr Weltbild? Eine persönliche Spurensuche.

Der amerikanische Evangelikalismus und ich

Essay
12 min

Zu viel Gerede

Ian Bogost 16 Dezember 2021

Die Diskussionen auf Facebook, Twitter und Co. sind oft von Missgunst, Hass und Häme geprägt. Daran werden auch einzelne technische Neuerungen oder sogar die Zerschlagung von Tech-Konzernen nichts ändern. Es hilft nur, an die Wurzel allen Übels zu gehen: Es braucht eine Beschränkung unserer Online-Kontakte.

Zu viel Gerede

Gespräch
3 min

"Trumps Twitter-Politik führt uns zurück ins alte Rom"

Philipp Felsch 01 Februar 2017

Ganz nah an der Macht? Donald Trump hält die Welt mit seinen Tweets in Atem. Die Politikwissenschaftlerin Nadia Urbinati über digitalen Populismus und verführerische Unmittelbarkeitsillusionen.


Artikel
2 min

Brauchen wir massive Betschemel?

Markus Krajewski 15 Februar 2014

Gegen die unablässige Selbstbespiegelung und den damit einhergehenden medialen Narzissmus elektronischer Sozialprogramme von Facebook et al. scheint kein Kraut gewachsen. Zwischen Twitternden und Pinteressierten rückt der private Raum unaufhaltsam ins Öffentliche, jeder Eintrag ein Bekenntnis, jede Nachricht gleicht einer öffentlichen Beichte, die Widerhall findet im unüberschaubaren Echoraum diffuser Mitleser- und Zuhörerschaften. 


Impulse
3 min

Maga durch Meta

Dominik Erhard 09 Oktober 2020

Jüngst verbreitete der US-Präsident auf Twitter abermals absurde Verschwörungstheorien und teilte ein zwei Jahre altes Video eines Troll-Accounts. Es wirkt wie der Tiefpunkt eines notorischen Lügners. Doch warum wenden sich viele Wähler dennoch nicht von ihm ab? Weil es Trump und seinen Anhängern, so kann man mit Hannah Arendt erklären, überhaupt nicht um Sachaussagen geht, sondern um die Meta-Kommunikation zur Vermittlung eines politischen Programms.

Maga durch Meta

Essay
13 min

It’s the platform economy, stupid!

William Davies 16 Dezember 2021

Der identitätspolitische Kampf um Anerkennung prägt einen Großteil zeitgenössischer Debatten. Ausgetragen wird er dabei meist auf Facebook, Twitter und Co. Damit verändert er jedoch seinen Charakter: Er wird zur heißlaufenden Reputationsökonomie, die von Versprechungen lebt, die sie nie einlösen kann.

It’s the platform economy, stupid!

Anzeige
Tag - Body
Hier für unseren Newsletter anmelden!

In einer Woche kann eine ganze Menge passieren. Behalten Sie den Überblick und abonnieren Sie unseren Newsletter „Denkanstöße“. Dreimal in der Woche bekommen Sie die wichtigsten Impulse direkt in Ihre Inbox.


(Datenschutzhinweise)

Jetzt anmelden!
Anzeige
Tag - Body

Fils d'ariane

  1. Zur Startseite
  2. Artikel
  3. Die Macht der Metamedien
Philosophie Magazin Nr.Nr. 84 - September 2025
Philosophie magazine : les grands philosophes, la préparation au bac philo, la pensée contemporaine
Oktober/ November Nr. 84
Vorschau
Philosophie magazine : les grands philosophes, la préparation au bac philo, la pensée contemporaine
Rechtliches
  • Werbung
  • Datenschutzerklärung
  • Impressum
Soziale Netzwerke
  • Facebook
  • Instagram
  • Twitter
  • RSS
Philosophie Magazin
  • Über uns
  • Unsere App
  • PhiloMag+ Hilfe
  • Abonnieren

Mit unseren Denkanstößen philosophische Ideen regelmäßig in Ihrem Postfach

Jetzt anmelden!