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Bild: Johan Mouchet (Unsplash)

Impuls

Wie man seine Neujahrsvorsätze in die Tat umsetzt

Michel Eltchaninoff veröffentlicht am 01 Februar 2020 6 min

Wie entkommen wir der Routine, dieser Abfolge von mechanischen Akten, die unmerklich zu einer Abstumpfung unserer Existenz führt? Indem wir sie durch etwas ganz Ähnliches ersetzen, das jedoch viel bereichernder ist: die Übung.

 

Eine unwiderstehliche Kraft wirkt in uns. Sie beherrscht unser Leben, und dabei nehmen wir sie meist nicht einmal wahr. Sie versteht es, stumm und beinahe unsichtbar zu bleiben. Sie dringt in die Poren der Zeit ein, durchzieht unser Tun, spricht und entscheidet an unserer Stelle. Das macht es so schwer, sie zu bekämpfen. Schlimmer noch: Je mehr Zeit vergeht, umso mehr setzt sie sich fest.

Als Dostojewski in seinem Roman Die Dämonen die Figur des Stepan Trofimowitsch Werchowenskij schildert, eines alternden Intellektuellen, der in seiner Neigung zu Faulenzerei, Kartenspiel und Wein versinkt, bringt er es auf eine grausame Formel: „Es scheint wohl wahr zu sein, dass die zweite Hälfte des menschlichen Lebens sich gewöhnlich nur aus Gewohnheiten zusammensetzt, die man in der ersten Hälfte erworben hat.“ Ab einem gewissen Zeitpunkt kann man sie nicht mehr ablegen.

Woher rührt die Macht der Gewohnheit? Zunächst wendet sie sich nicht an unseren Geist, sondern schreibt sich in unseren Körper ein. Diese oder jene Idee zu widerlegen, ist vergleichsweise leicht; viel schwerer fällt es, sich von einem Teil seiner selbst zu trennen. Wie Henri Bergson schreibt, ist die Gewohnheit „der versteinerte Überrest einer ehemals geistigen Aktivität“.

 

Vom Willen zum Automatismus

 

Auch wenn sie manchmal ausgehend von einem Gedanken oder einer Entscheidung entsteht, verankert sie sich unausweichlich in der Materie unseres Körpers. Sehr oft steckt sie in unserer Hand, die sich zum Gruß hebt, in der Wange, die wir jemandem zum Küsschen hinhalten, den Lippen, die sich von ganz allein bewegen, um eine Höflichkeitsfloskel zu artikulieren, ohne dass sie von Herzen käme. Wenn wir einen bestimmten Weg zum ersten Mal gehen, finden wir alles entzückend. Schon nach wenigen Wochen aber trotten wir mit mechanischen Schritten dahin, unsere Augen nehmen von nichts mehr Notiz. Was sinnlich greifbar war, ist verblasst: Wir sind unempfänglich geworden für die Schönheit der Dinge.

Gewohnheit bedeutet sterile Wiederholung. Nach Bergson ist „die einmal angenommene Gewohnheit (…) ein Mechanismus, eine Reihe von Bewegungen, die sich untereinander bedingen“. Sie rastet ein und setzt sich fort, ohne dass wir bewusst Anteil daran hätten, und zieht sich schließlich wie eine lange Kette durch unseren Alltag: „Nun zeigt uns unsere innere Erfahrung in der Gewohnheit eine Aktivität, die in unmerkbaren Graden vom Bewusstsein zur Unbewusstheit und vom Willen zum Automatismus übergegangen ist.“

Diese enorme Kraft der Verfestigung drückt sich in einem eigentümlichen Phänomen aus: Selbst die extremsten Handlungen oder Ereignisse können sehr schnell zu so banalen Gewohnheiten wie dem Kaffee nach dem Essen werden. Wie die Geschichte zeigt, kann man sich – leider – an alles gewöhnen, auch daran, ein Kind zu schlagen oder Unschuldige zu erschießen. In der Literatur über die Konzentrationslager finden sich unzählige Berichte von Menschen, die unter grausamsten Bedingungen lebten, sich aber auf eine nahezu unfassbare Weise schließlich daran gewöhnten – an Hunger, Schlafentzug und härteste Arbeit.

 

Gewohnheit zum Tode

 

Wie man sieht, hat die Gewohnheit erhebliche moralische Folgen – oder amoralische, um genau zu sein. Sie betäubt unseren Willen. Die Einschreibung unserer Handlungen in die Materie und ihre mechanische Wiederholung geben der Gewohnheit ein solches Gewicht, dass sie unverrückbar wird. Wenn das Bewusstsein abdankt, wenn wir schulterzuckend bekennen: „Ich kann nichts dagegen tun!“, dann erweist sich die Gewohnheit als ein bewährtes Alibi. Die Routine zersetzt unsere Verantwortung. Wenn wir jeden Morgen demselben Bettler begegnen und es uns angewöhnt haben, ihm nichts zu geben, dann wird auch diese Einstellung von uns ein Teil der äußeren Umgebung.

Die Wiederholung einer Handlung ist das beste Mittel, um sie festzuschreiben, also keine Fragen mehr zu ihrer ethischen Dimension zu stellen. Nehmen wir zum Beispiel einen Alkoholiker, der bei der Arbeit einen schweren Fehler begeht. Man kann ihn von der Verantwortung dafür freisprechen, weil er von morgens bis abends unter dem Einfluss von Alkohol steht. Vielleicht hat er nicht einmal gemerkt, was er da gerade tut. Aristoteles, der sich in der Nikomachischen Ethik eingehend mit der Gewohnheit befasst, beharrt indessen darauf, der Mann hätte mit dem Trinken gar nicht erst anfangen oder zumindest keine Gewohnheit daraus machen müssen. Deshalb ist er für die Folgen seiner schlechten Neigung, auch für die entferntesten, sehr wohl verantwortlich.

Die schlimmste Wirkung der Gewohnheit besteht darin, dass sie uns glauben lässt, wir seien für ihre Wirkungen nicht länger haftbar – obwohl wir es in Wirklichkeit sind. Und der keineswegs unwichtigste Aspekt schließlich besteht darin, dass die Gewohnheit abgesehen von automatischen Handlungen offenbar nichts hervorbringt. Sie ist das beste Mittel, um uns gegen das Neue abzuschirmen und an Erfindungen zu hindern. Eben deshalb hatte Bergson, der Philosoph des élan vital und der Schöpfung, wenig für sie übrig. Die Gewohnheit führt zu Gleichgültigkeit, Ermüdung und Langeweile, was Hegel in der Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften (1817) zu der schonungslosen Bemerkung veranlasste, es sei „die Gewohnheit des Lebens, welche den Tod herbeiführt oder, wenn ganz abstrakt, der Tod selbst“.

 

Mentale Dekontamination

 

Wie lässt sich die Macht der Gewohnheit bezwingen? Spontan würde man diese Ketten, die uns zu Sklaven unserer Marotten machen, gerne mit einem einzigen Akt in Stücke schlagen. Der Gedanke ist verlockend, schließlich geht es ja darum, mit der allgemeinen Mittelmäßigkeit des Alltäglichen zu brechen. Doch ein solcher Heroismus bleibt ungenügend. Die tausendfach wiederholte Handlung wird immer stärker sein als die Großtat eines einzelnen Tages. Das Geheimnis des Sieges über die Gewohnheit besteht in etwas anderem. Um sich von ihr zu befreien, muss man sie durch etwas ersetzen, das ganz ähnlich und mindestens genauso machtvoll ist: durch die Übung und die Disziplin.

Diese These vertritt der Philosoph Peter Sloterdijk in seinem Buch Du mußt dein Leben ändern. Ihm zufolge lässt sich das eigene Leben allein durch die Übung verändern: sei es wie bei den alten Griechen durch Sport, sei es durch künstlerische Betätigung, religiöse Askese oder die Introspektion in einer Psychoanalyse. Zur Überwindung der schlechten Angewohnheiten muss man laut Sloterdijk den Weg einer „guten Wiederholung“ beschreiten, die allein „die schlechte“ ersetzen kann.

Um eine „psychische Deautomatisierung und mentale Dekontamination“ herbeizuführen, bietet sich eine Reihe von Techniken an. Wie Sloterdijk unterstreicht, ist das Schweigen, das unseren Geist von allen vorgefertigten Ideen „leeren“ soll, eine bereits in der Antike von den Schülern des Pythagoras praktizierte Methode. Auch heute ist der Verzicht auf das Sprechen eine Voraussetzung der Übung, ganz gleich, ob diese der Meditation, der Musik oder der Malerei gilt. Am wichtigsten aber ist es, den „methodischen Aufbau einer neuen spirituellen Struktur“ zu vollziehen: ein bescheidenes, schrittweise durchgeführtes Handlungsprogramm, das aber mit strengster Regelmäßigkeit praktiziert wird.

 

Training als Ethik

 

Alles, was Bergson an der Gewohnheit kritisierte, stellt sich nun in viel positiverem Licht dar. Um ein neues Leben anzustreben, muss man erneut vom Körper und der Wiederholung ausgehen. Nur so kann man hoffen, zum Spiel, dem schönen Werk, der Gelassenheit des Geistes zu gelangen. Auch die moralischen Tugenden stellen sich wieder ein: Durch die Disziplin entstehen neue Willenskraft, Hartnäckigkeit und Verantwortungsbewusstsein. Dieses „ethische Leben“, gegründet auf den Umstand, dass man dieselbe Übung – und sei sie noch so gering – jeden Tag praktiziert, ist letztendlich zutiefst „reformatorisch“, wie Sloterdijk schreibt.

Im Gegensatz zur Revolution, die nach zunächst befreiender Erhebung oft kein gutes Ende nimmt, ist die Übung bescheiden. Doch auch sie kann einen Neubeginn herbeiführen. Und vermeidet dabei das Risiko zerstörerischer Effekte. Grund genug, diesen anstrengenden Weg zu beschreiten. Worauf warten Sie? •

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