Der Mythos vom „gestohlenen Kuss“
Ohne ihre Einwilligung küsste der spanische Fußball-Verbandschef Luis Rubiales die Spielerin Jennifer Hermoso auf den Mund. Der Fall zeigt nicht nur, wie tief der Sexismus im Fußball noch immer sitzt, sondern auch, wie Wissen über sexuelle Übergriffe die Erfahrung dieser verändert.
Mit seinen Händen hält Luis Rubiales den Kopf von Jennifer Hermoso von beiden Seiten so fest, dass sie sich nicht entziehen kann. Sein Blick kurz davor ist eindringlich, fast wie in Trance. Was in diesem Moment zwischen diesen beiden Menschen passiert ist, ist unmissverständlich klar: ein erzwungener Kuss. Denn rechtlich ist fest verankert, dass ein „Kuss“, der unter Anwendung von Gewalt, Zwang, Drohung oder aus einem Überraschungsmoment heraus gegen den Willen einer Person durchgeführt wird, ein sexueller Übergriff ist. Jennifer Hermoso Fuentes wiederholte, dass sie dem Kuss in keiner Weise zugestimmt hat. Seitdem befindet sich nicht nur die spanische Fußballwelt in Aufruhr – zeitweise ist die Mutter des spanischen Fußball-Verbandschefs sogar in einen Hungerstreik getreten, um ihren Sohn zu unterstützen.
Eine geteilte weibliche Erfahrung
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