Die Politik des Als Ob
Von der Atomwende bis zur Flüchtlingskrise: Angela Merkels Politik polarisiert. Dennoch gilt sie als Meisterin des geschmeidigen Pragmatismus. Wie schafft sie das? Die Antwort findet sich bei Hans Vaihinger, einem längst vergessenen Philosophen: durch die Kraft der „nützlichen Fiktionen“.
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Hans Vaihinger und das Fiktive
Wir brauchen „Fiktionen“, um uns in einer „Welt voll widersprechender Empfindungen“ zu orientieren, erklärt Hans Vaihinger. Was meint er damit?

Pragmatisch. Praktisch. Gut?
Menschen als Pragmatiker zu bezeichnen, ist ein zwiespältiges Lob. Das gilt im Alltag, derzeit aber besonders in der Politik. Pragmatismus gehört zu den Kardinaltugenden unserer Epoche. Doch zugleich impliziert er Ideenarmut und Prinzipienlosigkeit. Besonders in Deutschland besitzt die aus den USA stammende Denktradition ein zweifelhaftes Image. Sie gilt als rein zweckorientiert, theoriefern und allzu marktkonform. Dabei ist der Pragmatismus eine philosophische Bewegung, der es vor allem um eines geht: eine radikale Erneuerung der liberalen Demokratie. Also auf zur Tat!
Macht uns das System verantwortungslos?
Wie weit reicht unsere Verantwortung in einer immer komplexeren Welt? Lässt sich der Einzelne überhaupt noch zur Rechenschaft ziehen? Der Schriftsteller Bernhard Schlink und der Philosoph Ludger Heidbrink über heikle Systemgrenzen, den Tellerrand Angela Merkels und das allzu ferne Leid der anderen.
Byung-Chul Han: „Die Welt hat sich ganz nach uns zu richten“
Im digitalen Zeitalter verlieren wir nicht nur den Bezug zu unseren Mitmenschen, sondern auch zu den Dingen. Der Philosoph und Kulturkritiker Byung-Chul Han im Gespräch über die zunehmende Entfremdung und beglückende Präsenzerfahrungen. Dieser Text ist zuerst bei ArtReview erschienen.

Es war einmal in Amerika - die Story des Pragmatismus
Wer die zentralen Fragen des Lebens pragmatisch angeht, ist kein Theoretiker? Falsch gedacht! Unter dem Begriff „Pragmatismus“ bildet sich Ende des 19. Jahrhunderts an der amerikanischen Ostküste eine Denkschule heraus, die zu den inspirierendsten unserer Zeit zählt.

Wer sind "Wir"?
Als Angela Merkel den Satz „Wir schaffen das!“ aussprach, tat sie dies, um die Deutschen zu einer anpackenden Willkommenskultur zu motivieren. Aber mit der Ankunft von einer Million Menschen aus einem anderen Kulturkreis stellt sich auch eine für Deutschland besonders heikle Frage: Wer sind wir eigentlich? Und vor allem: Wer wollen wir sein? Hört man genau hin, zeigt sich das kleine Wörtchen „wir“ als eine Art Monade, in der sich zentrale Motive zukünftigen Handelns spiegeln. Wir, die geistigen Kinder Kants, Goethes und Humboldts. Wir, die historisch tragisch verspätete Nation. Wir, das Tätervolk des Nationalsozialismus. Wir, die Wiedervereinigten einer friedlichen Revolution. Wir, die europäische Nation? Wo liegt der Kern künftiger Selbstbeschreibung und damit auch der Kern eines Integrationsideals? Taugt der Fundus deutscher Geschichte für eine robuste, reibungsfähige Leitkultur? Oder legt er nicht viel eher einen multikulturellen Ansatz nahe? Offene Fragen, die wir alle gemeinsam zu beantworten haben. Nur das eigentliche Ziel der Anstrengung lässt sich bereits klar benennen. Worin anders könnte es liegen, als dass mit diesem „wir“ dereinst auch ganz selbstverständlich „die anderen“ mitgemeint wären, und dieses kleine Wort also selbst im Munde führen wollten. Mit Impulsen von Gunter Gebauer, Tilman Borsche, Heinz Wismann, Barbara Vinken, Hans Ulrich Gumbrecht, Heinz Bude, Michael Hampe, Julian Nida-Rümelin, Paolo Flores d’Arcais.
Gefangen im Dilemma?
Erinnern Sie sich noch an Reem? Reem Sahwil ist das palästinensische Mädchen, dem Bundeskanzlerin Merkel vor knapp einem Jahr im Rahmen eines Bürgerdialogs erklärte, dass seine aus dem Libanon eingereiste Familie kein Bleiberecht in Deutschland erhalten werde, da der Libanon keine Kriegszone sei und Deutschland aus den dortigen Lagern schlicht nicht alle Menschen aufnehmen könne. Noch während Merkel ihre Begründung ausführte, fing Reem bitterlich zu weinen an. Die Kanzlerin stockte, ging darauf in einer Art Übersprunghandlung auf das im Publikum sitzende Mädchen zu und begann es zu streicheln, weil, wie Merkel, noch immer mit dem Mikro in der Hand, erklärte, „weil ich, weil wir euch ja nicht in solche Situationen bringen wollen und weil du es ja auch schwer hast“.

Wo endet meine Verantwortung?
Erinnern Sie sich noch an Reem? Reem Sahwil ist das palästinensische Mädchen, dem Bundeskanzlerin Merkel vor knapp einem Jahr im Rahmen eines Bürgerdialogs erklärte, dass seine aus dem Libanon eingereiste Familie kein Bleiberecht in Deutschland erhalten werde, da der Libanon keine Kriegszone sei und Deutschland aus den dortigen Lagern schlicht nicht alle Menschen aufnehmen könne. Noch während Merkel ihre Begründung ausführte, fing Reem bitterlich zu weinen an. Die Kanzlerin stockte, ging darauf in einer Art Übersprunghandlung auf das im Publikum sitzende Mädchen zu und begann es zu streicheln, weil, wie Merkel, noch immer mit dem Mikro in der Hand, erklärte, „weil ich, weil wir euch ja nicht in solche Situationen bringen wollen und weil du es ja auch schwer hast“.