Die Unsterblichkeit des Souveräns
Die Krönung von Charles III. mag wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten gewirkt haben. Wer aber genauer hinsieht, wird feststellen, dass moderne Demokratien auf demselben Souveränitätsdenken gründen wie die Monarchie. Mit weitreichenden Folgen, meint Friedrich Weißbach.
Am Wochenende wurden wir Zeugen eines historischen Ereignisses. Charles III. wurde zum neuen König des Königreichs Großbritanniens gekrönt. Die Zeremonie, die das letzte Mal vor 70 Jahren zur Krönung von Queen Elisabeth stattfand, führte die Konstitution eines Souveräns vor, wie sie in dieser Deutlichkeit heutzutage kaum noch zu sehen ist. Was vielen als antiquiert erscheint, schreibt sich im Kern auch in unseren heutigen politischen Konstitutionen fort. Der König ist verkörperte Souveränität und damit Ausdruck eines uralten politiktheoretischen Konzepts, das, wie wahrscheinlich kein anderes, das politische Denken der Welt prägt.
Doch was bedeutet Souveränität? In seiner Abhandlung Über den Staat von 1576 setzt sich Jean Bodin als erster Theoretiker systematisch mit dem Konzept der Souveränität auseinander. Demnach ist der Souverän die Person mit der höchsten Befehlsgewalt, die weder „durch irgend Gewalt, noch durch menschliche Satzung, noch durch eine Frist begrenzt“ wird. Ein wirklicher Souverän „ist nur derjenige, der allein Gott als Größeren über sich anerkennt.“ In der Zeremonie am Samstag fand dieser Gedanke an der Positionierung des Krönungsthrons seinen Ausdruck. Statt mit dem Gesicht zur Gemeinde war der Thron in Richtung Osten auf den Altar gerichtet. Der kommende König sitzt allein vor Gott, nur ihm ist er Rechenschaft schuldig, da er durch dessen Wille zum neuen Regenten erkoren wird.
Metamorphose zum Körper des Souveräns
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Kommentare
Von der Weltregierung über den Bürgermeister bis zum launigen Individuum (und weiter bis zum Bärtierchen, wenn man so will) kann nach meiner Beobachtung jede Instanz über diese und jene Frage allein entscheiden. Das war auch unter Stalin und unter Mao so. Das scheint mir organisch und vernünftig.