Eine philosophische Pflanzenkunde
Blumen, Bäume, frische Früchte: Nicht selten in der Philosophiegeschichte sprießen die Gedanken gemeinsam mit den Pflanzen, die sie inspirieren. Ob verkostet, geraucht oder in tiefer Kontemplation begutachtet – die nachfolgenden Denkerinnen und Denker haben ihren floralen Gefährten viel zu verdanken.
Empedokles und die Feige
„Wie ‚saurer Feigensaft‘ Milch gerinnen lässt und bindet, so bindet und verdichtet auch die Liebe“
Feuer, Wasser, Luft und Erde: Für den sizilianischen Philosophen Empedokles (495 – 435 v. Chr.) sind das die Elemente, aus denen die Welt besteht. Anders, als sein Zeitgenosse Parmenides annimmt, sind sie seiner Meinung nach nicht starr, sondern prägen den Kosmos in stetiger Bewegung. Dies geschieht durch das Wechselspiel von Anziehung und Abstoßung beziehungsweise „Liebe“ („philotes“) und „Streit“ („neikos“). Letzterer sorgt dafür, dass die Elemente aus ihrem Gleichgewicht gebracht werden. Einzig die Liebe vermag die Kräfte wieder zu versöhnen. Empedokles verdeutlicht dies anhand des Saftes einer Pflanze, die ganz seiner mediterranen Heimat entspricht: Wie „saurer Feigensaft“ Milch gerinnen lässt und bindet, so würde auch die Liebe binden und verdichten. Die Feige – im Werk des Vorsokratikers wird sie zum Inbegriff metaphysischer Kräfte.
Zum Weiterlesen: Oliver Primavesi & Jaap Mansfeld, Die Vorsokratiker. Griechisch/Deutsch (Reclam, 2021)
Aristoteles und der Weizen
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