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Illustration: gemeinfrei

Impuls

Können Videospiele philosophisch sein?

Thomas J. Spiegel veröffentlicht am 08 Januar 2025 6 min

Gaming macht philosophische Inhalte erfahrbar. Höchste Zeit, dass sich die akademische Philosophie für diese Kunstform öffnet.

 

Videospiele führen in der Intellektuellenkultur ein Schattendasein. Das steht ganz im Gegensatz zur philosophischen Obsession mit anderen Medien, allen voran dem geschriebenen Wort. Anders als traditionellere Medien, wie das Buch oder der Film, werden Videospiele vom philosophischen Establishment leider bis heute größtenteils als unwürdige Zeitverschwendung für Kulturbanausen betrachtet, auch wenn solche Ansichten häufig keinen Ausdruck finden. In seinem Buch Sinn kanzelt mein Doktorvater Pirmin Stekeler-Weithofer Videospiele jedoch beispielsweise als bloße „Zeitkiller“ ab, die bloß Teil eines sinnlosen Lebens sein können. Manchmal wird jedoch dieses oder jenes Videospiel von einigen als ‚philosophisch‘ bezeichnet. Spiele wie Planescape: Torment, The Stanley Parable oder Soma tauchen online häufig in Listen für sog. „philosophische Videospiele“ auf. Dabei ist oft gar nicht klar, was das bedeuten soll.

 

Philosophie im Spiel

 

Wenn wir uns darüber klar werden wollen, was es heißt, dass ein Videospiel philosophisch ist, müssen wir zunächst zwei verschiedene Arten davon unterscheiden, was es heißt, dass etwas philosophisch ist: etwas kann ‚bloß‘ konventionell philosophisch oder sui generis philosophisch sein.

Akademische Philosophie ist beispielsweise philosophisch im konventionellen Sinn: In der akademischen Philosophie geht es um die Wahrheit oder Falschheit von bestimmten in Sprache artikulierten Aussagen. Philosophen streiten sich beispielsweise darüber, ob der kategorische Imperativ wahr ist, oder ob es wahr ist, dass wir moralische Eigenschaften in der Welt direkt mit unserem Sinnesapparat wahrnehmen können. Diese Aktivität ist wesentlich sprachlich. Wir können nicht herkömmlich Philosophie betreiben, ohne dass wir uns in der Sprache über den Gehalt und die Wahrheit von bestimmten Aussagen verständigen. Manche Kolleginnen und Kollegen werden sicherlich widersprechen und behaupten, dass nicht alles an der Philosophie rein sprachlich ist. Das mag so sein. Aber es ist unzweifelhaft, dass die Sprache eine herausragende Rolle für die Philosophie hat. Ohne Sprache keine Philosophie.

Natürlich können Videospiele ganz einfach in diesem konventionellen Sinn philosophisch sein, dass in ihnen explizit solche philosophischen Aussagen vorkommen. Das Spiel Bioshock (2007) macht sich zum Beispiel direkt lustig über rechtslibertäre Ideen, die in der politischen Landschaft der USA eine große Rolle spielen. Und in Nier: Automata (2017) kommen nichtspielbare Charaktere (NPCs) vor namens Sartre, Camus und Kierkegaard, die bestimmte philosophische Aussagen entsprechend ihren Namensgebern treffen.

Das Problem ist jedoch, dass es ziemlich uninteressant und enttäuschend wäre, wenn Videospiele bloß in diesem Sinne philosophisch wären. Das liegt daran, dass das Videospiel dann bloß als ein Vehikel für philosophische Aussagen dient. Es ist dann völlig kontingent, ob diese Aussagen in einem Buch stehen oder auf einem Bildschirm im Rahmen des Videospiels. Wir könnten beispielsweise in diesem Sinne einen Dialog Platons auf ein Videospiel übertragen, bei dem wir einfach per Mausklick die festgelegten Aussagen von Sokrates und seinen Gesprächspartnern nacheinander ablaufen lassen. Der Inhalt eines solchen Spiels wäre sicherlich philosophisch. Aber es wäre nichts an dem Spiel selbst, was wir als ernsthaft philosophisch bezeichnen könnten.

 

Philosophisches Spiel

 

Daher müssen wir noch in den Blick bekommen, was es heißen kann, dass ein Videospiel philosophisch sui generis ist. Dazu wiederum müssen wir auf das Denken von Ludwig Wittgenstein zurückgreifen. In seinem frühen Hauptwerk, dem Tractatus logico-philosophicus, führt Wittgenstein die folgenreiche Unterscheidung von Sagen und Zeigen ein. Was Wittgenstein mit „Sagen“ bezeichnet, drückt im Grunde das aus, was wir oben bereits unter dem Ausdruck „Aussage“ behandelt haben. Ganz trivial also: mit Aussagen sagen wir etwas aus, das wahr oder falsch sein kann. Wittgenstein war jedoch der Auffassung, dass es außerdem noch die Möglichkeit gibt, auf bestimmte Weise etwas zu zeigen, was sich nicht sagen lässt. In einen Brief an seinen Lehrer Bertrand Russell bezeichnet Wittgenstein diesen Umstand sogar als das „Hauptproblem der Philosophie“. Wittgenstein war beispielsweise daran interessiert zu verdeutlichen, dass sich das moralisch Gute nicht sprachlich sagen lässt, sondern dass es sich bloß zeigt.

Was hat das Zeigen nun mit Videospielen zu tun? Verschiedene Medien haben verschiedene Möglichkeiten, etwas auf ihre je eigene Weise zu zeigen. Videospiele zeigen etwas durch ihr Gameplay. Gameplay ist das, was man mit, in oder durch ein Videospiel macht. Das Gameplay von Super-Mario-Spielen besteht vor allem im Springen von Plattform zu Plattform. Das Gameplay von Tetris besteht darin, Blöcke in verschiedenen Formen so zu stapeln, dass sie eine abgeschlossene Reihe bilden.

Das heißt nun, dass ein Videospiel, wenn es denn sui generis philosophisch sein soll, auf eine bestimmte Weise etwas philosophisch durch sein Gameplay zeigen – nicht bloß sagen – muss. Anders ausgedrückt: Ein Videospiel ist sui generis philosophisch, wenn es kraft seines Gameplays philosophisch ist. Ein solches Videospiel wäre dann nicht bloß in dem Sinn philosophisch, wie ein philosophisches Buch philosophisch sein kann. Somit können zumindest einige Videospiele als philosophisch bezeichnet werden, wenn sie uns Reflexion über bestimmte philosophische Fragen und Themen ermöglichen durch eine besondere Art der Erfahrung, die uns durch das Spielen des Spiels ermöglicht wird.

 

Erfahrung am virtuellen Leib

 

Jetzt haben wir ein Kriterium an der Hand – aber welche Videospiele sind denn nun philosophisch? Es ist leider nicht möglich, eine vollständige Liste solcher Spiele zu erstellen. Stattdessen müssen wir von Fall zu Fall je neu überlegen, ob ein bestimmtes Videospiel in dem oben ausgeführten Sinne philosophisch sui generis ist. Das ist jedoch kein Problem, das wir bloß bei Videospielen haben. Auch bei Romanen oder Musikstücken müssen wir uns im Einzelfall überlegen, ob sich daran etwas philosophisch Interessantes findet.

Wir können uns jedoch ein herausragendes Beispiel anschauen. Das Indiegame Papers, Please ist eine einzigartige Kombination aus Puzzlespiel und politischem Narrativ. Es spielt in einem fiktiven, dystopischen Staat namens Arstotzka, der an verschiedene realweltliche Ostblockstaaten erinnert. Die Spieler schlüpfen in die Rolle eines Grenzkontrollbeamten, der darüber entscheidet, wer aus dem ebenso fiktionalen Kolechia in das Land einreisen darf. Das Gameplay besteht darin, die Dokumente von Reisenden wie Pässe, Visa und Ausnahmegenehmigungen zu überprüfen, um festzustellen, ob sie die strengen Einreisevorschriften erfüllen. Dazu gehört auch das Aufdecken von Ungereimtheiten in Pässen, gefälschten Dokumenten oder Gesetzesverstößen. Diese Einreisekriterien werden zudem von Spieltag zu Spieltag strenger. Das Spiel zwingt den Spieler nun ständig, schwierige Entscheidungen zu treffen. Man begegnet beispielsweise Flüchtlingen, Schmugglern oder Personen mit herzzerreißenden Geschichten und teils sehr guten Gründen, weshalb sie einreisen müssen. Zudem hat der Spielcharakter selbst schwerwiegende finanzielle Probleme: kann man diese Woche noch die Heizungsrechnung bezahlen, nachdem man Medizin für die Schwiegermutter gekauft hat? Das bringt einen zunehmend in die Bredouille, Schmiergeld annehmen zu müssen, was einen wiederum in Schwierigkeiten bringt, wenn man erwischt wird.

Das Spielt zwingt einen also, eine stetig steigende Menge unvereinbarer Verpflichtungen unter einen Hut zu bringen. Und das Spielt zeigt uns das durch sein Gameplay, es bindet uns diese Dinge nicht bloß durch das Narrativ auf die Nase. Das Spiel sagt uns nicht einfach, dass Armut, Totalitarismus und Fluchtzwang schreckliche Dinge sind. Das wissen wir doch schon, das muss uns nicht noch einmal gesagt werden. Das Spiel gibt uns stattdessen durch sein Gameplay eine bestimmte Erfahrung, durch die wir diese Dinge am eigenen virtuellen ‚Leib‘ begreifen können. Das Spiel zeigt uns direkt, wie schwierig es ist, unter bedauernswerten Umständen das Richtige zu tun – oder überhaupt erkennen zu können, was denn das Richtige sein soll. Natürlich können wir diese speziellen Erfahrungen, die wir in einem Spiel wie Papers, Please machen, wiederum sprachlich beschreiben. Aber der springende Punkt ist, dass diese Versprachlichung sich nicht reduzieren lassen auf das, was uns im Spielen des Spiels gezeigt wird.

 

Akademischer Dünkel 

 

Es gibt keine substanziellen Gründe, warum die akademische Philosophie Videospiele weiterhin meiden sollte. Vermutlich werden Videospiele von der akademischen Philosophie aus soziologischen Gründen gemieden. Denn Videospiele passen einfach nicht in die intellektuelle, bürgerliche Lebensform, bei der man ins Theater geht und Bücher liest, statt seine Zeit mit Hollywood-Blockbustern und Videospielen zu „verschwenden“. Eine Frage der Qualität des Mediums selbst kann es jedenfalls nicht sein. Es gibt schließlich seit jeher seichte Groschenromane und fremdschamverursachende Theaterstücke. Das hat die akademische Philosophie nicht davon abgehalten, Romane oder Schauspielperformances als würdigen Beschäftigungsgegenstand zu betrachten. Bei einer Reihe von Videospielen ist die hochgezogene Augenbraue vielleicht wirklich angebracht. Aber es wird Zeit, dass auch die akademische Philosophie das Phänomen Videospiel ernst nimmt.

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