Stefan Lorenz Sorgner: „Man könnte ein ganzes Seminar zur Netflix-Serie ‚Black Mirror‘ veranstalten“
Der Transhumanismus ist ein junges Forschungsfeld der Philosophie. Besonders moderne Kunstformen verhelfen dem Themenbereich zu Popularität. Ein Gespräch mit dem Transhumanisten Stefan Lorenz Sorgner über Filme, Serien und Schönheitschirurgie.
Bevor wir uns mit dem Thema Kunst und Transhumanismus beschäftigen, Herr Sorgner, kurz zusammengefasst: Was will der Transhumanismus?
Die zentrale Aufgabe des Transhumanismus besteht darin, die Lebensqualität von allen Personen zu fördern. Der Transhumanismus geht davon aus, dass dies am besten dadurch geschieht, dass die bisherigen personalen Begrenzungen überschritten werden. Dafür sind bestimmte technische Maßnahmen besonders hilfreich, wie zum Beispiel die Gentechnik, die Hirn-Computer-Schnittstellen und künstliche Intelligenz oder Digitalisierung im Allgemeinen. Ich spreche hier dezidiert von der Lebensqualität aller Personen, weil es sich um keine anthropozentrische Grundhaltung handelt, sondern um eine, die den Personenstatus nicht nur auf Menschen bezieht, sondern auf alle leidensfähigen Lebewesen und möglicherweise auch auf digitale Entitäten.
Wenn ich mich mit philosophischen Themen näher beschäftigen möchte, führt mich mein Weg fast immer in die Bibliothek. Für die philosophische Auseinandersetzung mit dem Transhumanismus, schreiben Sie, muss ich nun aber ins Kino gehen. Warum ist das so?
Philosophie Magazin +

Testen Sie Philosophie Magazin +
mit einem Digitalabo 4 Wochen kostenlos
oder geben Sie Ihre Abonummer ein
- Zugriff auf alle PhiloMagazin+ Inhalte
- Jederzeit kündbar
- Im Printabo inklusive
Sie sind bereits Abonnent/in?
Hier anmelden
Sie sind registriert und wollen uns testen?
Probeabo
Weitere Artikel
Stefan Lorenz Sorgner: „Wer Pluralität und Freiheit will, muss den Transhumanismus bejahen“
Sind wir alle Cyborgs? Lässt sich ein Leben auf die Festplatte hochladen? Und kann der Transhumanismus die Menschheit retten? Diese Fragen klären wir im Gespräch mit dem Transhumanisten Stefan Lorenz Sorgner.

Squid Game: Tauziehen in der Hölle
Squid Game ist die erfolgreichste Netflix-Produktion aller Zeiten. Trotz rohster Gewaltdarstellung erreicht die dystopische Serie vor allem ein junges Publikum. Wir haben untersucht, was der kapitalismuskritische Hit aus Südkorea philosophisch zu bieten hat.

Mit Schweineherz zum Übermenschen
Der 57-jährige David Bennett hat ein genetisch verändertes Schweineherz erhalten. Was, wenn wir dereinst ersehnte Eigenschaften von Tieren annehmen könnten? Der Transhumanist Stefan Lorenz Sorgner über die Chance von Mensch-Tier-Hybriden.

10 philosophische Gründe, keine Serien mehr zu schauen
Mithilfe der Serie Die Toten von Turin wollte Michel Eltchaninoff sein Italienisch aufbessern. Allerdings war die Serie so schlecht, dass sie ihm zehn Gründe an die Hand gab, um nie wieder Serien zu gucken.

Anschlag auf die Filmkunst
Die Streaming-Plattform Netflix bietet ihren Zuschauern die Möglichkeit, die Videogeschwindigkeit zu beschleunigen. Das sogenannte "Speed Watching" ermöglicht es, Filme und Serien regelrecht zu verschlingen. Doch hinter dem Wunsch, Zeit zu sparen, verbirgt sich die Gefahr, dass das Filmerlebnis selbst beeinträchtigt wird.

LaMDA – von Chatbots und Engeln
Der Google-Mitarbeiter Blake Lemoine behauptete jüngst, dass eine künstliche Intelligenz ein Bewusstsein entwickelt hätte. Möglich, meint der Philosoph Stefan Lorenz Sorgner, im Hinblick auf neue Technologien aber nicht die entscheidende Frage.

Marcus S. Kleiner: „Wenn mein Buchhändler sich wie diese Algorithmen verhielte, würde ich ihn anzeigen“
Für viele ist nichts entspannender als ein Abend vor Netflix. In seinem jüngst erschienenen Buch Streamland argumentiert der Medienwissenschaftler Marcus S. Kleiner jedoch: Für die willkommene Ablenkung zahlen wir einen hohen Preis. Denn die algorithmisch generierten und persönlich zugeschnittenen Empfehlungen veränderten unser Verhalten weit über den Bildschirmrand hinaus. Warum Netflix und Co. das Erbe der Aufklärung gefährden und welche Schritte dennoch aus einer On-demand-Gesellschaft führen könnten, erläutert der Autor im Interview.

Böses sehen
Red Rooms – Zeugin des Bösen handelt von der Obsession einer jungen Frau für einen Serienmörder – und fragt dabei nach dem Verhältnis von Digitalität und Brutalität. Der Film läuft jetzt im Kino.
