Taoistische Philosophie: Ein neuer Blick auf drei grundlegende Werke
Rémi Mathieu, Spezialist für chinesisches Denken, stellt die Werke der drei großen Begründer des Taoismus, Laozi, Zhuangzi und Liezi vor – und räumt mit alten Vorurteilen auf.
Neben dem Konfuzianismus und der buddhistischen Tradition ist der Taoismus eine der großen historischen Weisheitslehren Chinas. Die renommierte Reihe La Bibliothèque de la Pléiade des Verlags Gallimard hat eine komplett neue Ausgabe der drei taoistischen Hauptwerke veröffentlich, die unter dem Namen Die taoistischen Philosophen zusammengefasst sind: das Daodejing von Laozi sowie die Werke von Zhuangzi und Liezi. Das erste Werk ist kurz und dicht Werk, es besteht aus Aphorismen, das zweite ist eher theoretisch ausgerichtet und das dritte verwendet häufig Erzählungen und Märchen: drei verschiedene Arten, sich mit dem Tao (oder Dao), das heißt dem „Weg“, vertraut zu machen. Der Sinologe und Forschungsdirektor des CNRS Rémi Mathieu, der das Werk übersetzt und mit Anmerkungen versehen hat, stellt uns die Früchte seiner Arbeit vor.
Warum eine neue Ausgabe der Taoistischen Philosophen?
Rémi Mathieu: Dafür gibt es mehrere Gründe. Zunächst einmal die Tatsache, dass die vorherigen Pléiade-Übersetzungen aus den 1960er und 1980er Jahren nicht über die sehr wichtigen archäologischen Entdeckungen informiert waren, die neue Versionen des Textes von Laozi lieferten, aber auch Informationen darüber, wie er geschrieben und redigiert wurde. Dann erschienen zahlreiche Studien in China, durch die der Daoismus aus der Versenkung geholt wurde -- nach einer Periode, die aus bekannten Gründen, die das intellektuelle Leben erschwerten und es immer noch erschweren, ziemlich düster war. Außerdem sind vor allem in den USA, aber ebenso in Europa Arbeiten über diese großen Autoren erschienen. Es war daher notwendig, etwas anzubieten, das diesen neuen Forschungsstand widerspiegelt. Dies war auch die Gelegenheit für eine kritischere Studie inklusive zahlreicher Verweise und umfangreichen Anmerkungen, die es ermöglichen, Verbindungen zwischen all diesen Autoren und dem Huainanzi herzustellen, das Gegenstand des zweiten Bandes der Taoistischen Philosophen sein wird.
Um dem, was als Taoismus bezeichnet wird, mehr Einheit zu verleihen?
Es sei daran erinnert, dass der Begriff „Taoismus“ nicht existierte, als diese Texte geschrieben wurden, d.h. etwa im vierten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung. Als Doktrin und Lehre ist er eine relativ späte Erfindung. Die ersten Kategorisierungen der chinesischen Denker stammen aus der Anfangszeit des Kaiserreichs, etwa aus dem 2. Jahrhundert v. Chr., als der Hof des Kaisers eine vernünftige Klassifizierung der vielen Denkschulen, die es in der Antike gegeben hatte, vornehmen wollte. Indem man sie als „Taoisten“ bezeichnete, wurde versucht, eine Reihe von Denkern - darunter die drei wichtigsten, die hier versammelt sind - unter einem einzigen, weitgehend willkürlichen Begriff zusammenzufassen.
Halten Sie diese Bezeichnung „Taoismus“ zumindest teilweise für fragwürdig?
Der Begriff Tao oder Dao ist so alt wie das chinesische Denken und kann vielfältig verwendet werden, ohne dass er notwendigerweise mit der Philosophie in Verbindung steht. Der Begriff wurde zuerst von den konfuzianischen Denkern des 5. Jahrhunderts v. Chr. verwendet. Die Besonderheit von Laozi ist, dass er ihm eine neue Form gab.
Er hat das Dao neu definiert?
Philosophie Magazin +

Testen Sie Philosophie Magazin +
mit einem Digitalabo 4 Wochen kostenlos
oder geben Sie Ihre Abonummer ein
- Zugriff auf alle PhiloMagazin+ Inhalte
- Jederzeit kündbar
- Im Printabo inklusive
Sie sind bereits Abonnent/in?
Hier anmelden
Sie sind registriert und wollen uns testen?
Probeabo