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Bild: IMAGO/Zuma Wire

Impuls

Die nächste Stufe der Eskalation

Olaf L. Müller veröffentlicht am 14 Juli 2023 4 min

Dass der Westen Streumunition an die Ukraine liefert, mag deren Kampfkraft erhöhen. Teufelszeug ist es trotzdem - nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch mit Blick auf die Eskalationsspirale zwischen Russland und dem Westen. Ein Kommentar von Olaf L. Müller. 

 

Die Nachricht kam wie aus heiterem Himmel und hat manche verstört: Die Vereinigten Staaten von Amerika werden der Ukraine nun auch Streumunition liefern. Selbst wer die bislang schon stetig steigenden Waffenlieferungen an den sich verzweifelt gegen den russischen Überfall wehrenden ukrainischen Staat entschieden befürwortet hat, könnte nun ins Grübeln geraten. Geht das alles nicht doch viel zu weit?

 

Nicht verboten, aber geächtet

 

Schauen wir genauer hin. Ja, Streumunition ist international geächtet. Freilich gilt dieser Bann nicht überall auf dem Globus. Weder die Russen noch die Amerikaner sind der Osloer Konvention zur Ächtung dieser Waffenart beigetreten. Auch die Ukraine ist kein Signaturstaat. Rein völkerrechtlich spricht also nichts gegen diese Lieferungen. Rein völkerrechtlich spricht klarerweise auch nichts gegen den antirussischen Einsatz der Streumunition durch die ukrainische Armee, die einen rechtlich legitimen Verteidigungskrieg führt. Offenbar hat sie ihre eigenen Bestände bereits in begrenztem Umfang eingesetzt, so jedenfalls heißt es in einem Bericht von Human Rights Watch. Die Menschenrechtsorganisation hat allerdings weit umfangreichere Einsätze durch die russsische Überfallsarmee dokumentiert.


Ist es da nicht geradezu gerecht, wenn die Amerikaner dem ukrainischen Wunsch nach ausreichender Versorgung nachkommen, damit den russischen Verbrechen mit Streumunition auf genau derselben Ebene begegnet werden kann Diese Frage läuft nicht auf primitive Rache hinaus. Um zu verstehen, warum nicht, müssen wir uns vor Augen führen, warum die meisten Staaten der Welt Streumunition geächtet haben. Diese Munition dient – in einem größeren, aber überschaubaren Radius – der massenhaften Vernichtung sogenannter weicher Ziele, also insbesondere ungeschützter Menschen. Pro Schuss werden Dutzende, zuweilen Hunderte von Explosivkörpern weiträumig verstreut, wodurch sich der gezielte Schuss auf die fraglichen Personen erübrigt: eine Art Massenabfertigung, das glatte Gegenteil der Arbeit eines Scharfschützen.


Das klingt ungemütlich, ist aber nicht der Hauptgrund für den Bann dieser Waffen durch über 100 Staaten (darunter fast alle EU-Staaten). Denn es gibt andere Waffensysteme, die sich ebenfalls dazu eignen, auf einen Schlag eine größere Zahl ungeschützter Menschen zu töten, zum Beispiel konventionelle Raketen mit hochexplosiven Sprengköpfen oder entsprechend bestückte Kampfflugzeuge. 

 

Gefährliches Nachleben

 

Das Perfide an der Streumunition liegt in ihrem Nachleben. Längst nicht alle Explosivkörper eines solchen Schusses detonieren im Gefecht. Was nach einem Krieg mit Streumunition übrig bleibt, ist geeignet, ganze Landstriche zu verheeren. Noch Jahre später können spielende Kinder, Pilzsammler und Erntehelfer von Spätzündern zerfetzt werden.
Ein Blick auf die Zahlen mag uns das Gruseln lehren: Die ins Auge gefassten Lieferungen umfassen weit über hundert Millionen Sprengkörper!

Nur: Da die Ukraine diese Munition auf ihrem eigenen Territorium einzusetzen beabsichtigt, verpuffen die handelsüblichen Gegengründe. Unmoralisch wird ein solcher Einsatz auf fremdem Territorium – daher der Bann. Ist es nicht (so muss man fragen) einzig und allein die Entscheidung der Ukrainer, ob sie in ihrer berechtigten Gegenwehr als nächstes Teile ihres riesigen Landes in ein Minenfeld verwandeln?

In der Tat, nach Rache riecht das nicht. Ist es vielleicht eine Geste der Abschreckung gegen den russischen Einsatz dieser Waffen? Schwerlich. Die Russen haben Streumunition bereits eingesetzt, und sie werden damit sicher weitermachen, wenn sie es für nötig halten. Eben diese Entscheidung wollen die Ukrainer ebenfalls treffen können. Es geht um die Erhöhung ihrer Kampfkraft.

 

Die Eskalationsspirale dreht sich

 

Und doch sollten wir über die Sache beunruhigt sein. Mit der amerikanischen Ankündigung ist abermals eine Grenze infragegestellt worden, deren Überschreitung vor nicht allzu langer Zeit undenkbar erschien. Es ist weniger die einzelne Grenzüberschreitung, die Anlass zu Alarm gibt, als vielmehr die stetige Bereitschaft, immer weitere Grenzen zu überschreiten.

Kein Zweifel, wir stecken mitten in einer Eskalationsspirale. Das ist kein leeres Wort. Welche Schritte der Westen unternimmt, hat auch Einfluss darauf, ob und wie stark sich die russsische Seite weiter radikalisiert. In diesem Zusammenhang finde ich eine andere Nachricht weitaus schockierender. Sie kam ebenfalls aus heiterem Himmel, hat es aber nicht bis in die Tagesschau geschafft. Seit kurzem diskutieren ernstzunehmende Strategen aus russischen Thinktanks wie Dmitrij Trenin über eine Änderung der russischen Nukleardoktrin. Zur Erinnerung: Bislang sollten die Atomwaffen nur zum Einsatz kommen, wenn Russlands Existenz gefährdet ist. Diese klare Grenze droht zu fallen. Allen Ernstes wird der Atomeinsatz im gegenwärtigen Krieg diskutiert. Und zwar nicht in der propagandistischen Glotze, sondern unter Experten. •

 

Olaf L. Müller ist Professor für Wissenschaftstheorie an der Humboldt-Universität. Zuletzt gab er mit einem ausführlichen Nachwort "Die Zukunft des Pazifismus" von Bertrand Russell heraus (Reclam 2023), davor erschien "Pazifismus. Eine Verteidigung" (Reclam 2022).

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