Quellen der Inspiration
Kants geniale Leistung bestand auch darin, verschiedenartige geistige Einflüsse in seinem philosophischen System zusammenzuführen. So wurde er sowohl von der Physik als auch der Aufklärung beeinflusst und versöhnte den Rationalismus mit dem Empirismus.
Isaac Newton
1643 – 1727
Newton mag als Vordenker Kants verwundern, gilt der Engländer doch primär als Naturwissenschaftler. Aber Kant beschäftigte sich gerade in seinen frühen Jahren stark mit naturwissenschaftlichen Themen; überhaupt war Kant ein höchst produktiver Autor zur Beantwortung von Fragen, die in das Gebiet der Naturwissenschaft fallen. Mit seiner Allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Himmels (1755), in der er mithilfe der newtonschen Mechanik die Entstehung von Planeten beschreibt, hat Kant Entscheidendes zur Astronomie beigetragen. Seine naturwissenschaftliche Prägung hatte Kant vor allem seinem Universitätslehrer Martin Knutzen zu verdanken, der sich eingehend mit dem mechanistischen Weltbild Newtons auseinandersetzte, das damals in den Wissenschaften großen Erfolg feierte. Kant bewunderte an Newton, dass dieser mithilfe weniger Axiome und Prinzipien einer systematischen Naturwissenschaft den Weg bereitet hatte. Eine ebensolche Gesetzmäßigkeit und Systematik strebte Kant für die Metaphysik an, die ihm im Vergleich dazu völlig unzuverlässig und unwissenschaftlich erschien. Zugleich war er besorgt darüber, dass die philosophische Skepsis, wie sie etwa David Hume vertrat, die absolute Gültigkeit der newtonschen Physik infrage stellte. Ein Ziel seiner Kritik der reinen Vernunft war es denn auch zu zeigen, dass die Gesetze der „reinen Naturwissenschaft“ notwendig wahr sind. Als Beispiel nennt Kant etwa das Wechselwirkungsprinzip, das besagt, dass jede Kraft eine gleich große gegenwirkende Kraft auslöse. Kant argumentiert, solche Gesetze seien „synthetische Urteile a priori“: Aussagen, die über reine Begriffserläuterungen hinausgehen und unser Wissen über die Welt erweitern („synthetisch“), aber trotzdem unabhängig von jeder Erfahrung sind („a priori“) – und damit absolut gültig.
Philosophie Magazin +

Testen Sie Philosophie Magazin +
mit einem Digitalabo 4 Wochen kostenlos
oder geben Sie Ihre Abonummer ein
- Zugriff auf alle PhiloMagazin+ Inhalte
- Jederzeit kündbar
- Im Printabo inklusive
Sie sind bereits Abonnent/in?
Hier anmelden
Sie sind registriert und wollen uns testen?
Probeabo
Weitere Artikel
Was ist Rationalismus?
In unserer Rubrik Auf einen Blick machen wir philosophische Strömungen in einem Schaubild verständlich. Diesmal: Rationalismus, der in der Vernunft das oberste Erkenntnis- und Strukturprinzip sieht und häufig dem Empirismus entgegengesetzt wird.

Historische Einflüsse
Um Camus’ Denken besser zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf die historischen Figuren, die ihn beeinflussten – sowohl auf seine Vorbilder als auch auf seine Gegenspieler. Porträts von vier philosophischen Bezugspersonen.

Er irrte sich empor – Nachruf auf Hans Albert
Mit dem Philosophen und Soziologen Hans Albert ist einer der bedeutendsten Vertreter des Kritischen Rationalismus gestorben. Ein Nachruf.

Was ist Scholastik?
In unserer Rubrik Auf einen Blick machen wir philosophische Strömungen in einem Schaubild verständlich. Heute: Scholastik, die versucht die Theologie des Mittelalters und die christlichen Dogmen mit den philosophischen Lehren der Antike methodisch zusammenzuführen.

Rechts vom System
Über Jahrzehnte lag das revolutionäre Potenzial links. Mittlerweile ist es eher im Lager der Rechtspopulisten zu vermuten. Der Sturz des Systems wird hier im Namen einer „Konservativen Revolution“ und eines „Willens zur Selbstbehauptung“ gefordert. Aus welchen geistigen Quellen schöpfen die Vordenker der Neuen Rechten? Und was treibt sie wirklich an? Eine Deutschlandreise der anderen Art.
Alexander Grothendieck, ein außergewöhnlicher Mathematiker
Zum internationalen Welttag der Mathematik stellen wir Ihnen den genialen Mathematiker, radikalen Umweltschützer und vehementen Antimilitaristen Alexander Grothendieck vor, dessen Arbeiten den Blick des Faches auf sich selbst grundlegend verändert haben.

Émilie du Châtelet: Glück und Gravitation
Sie war eine Physikerin ersten Ranges, publizierte zur Moralphilosophie und beeinflusste Immanuel Kant. Dennoch war sie lange Zeit bloß als Geliebte Voltaires bekannt.

Ruben Östlund: „Jeder Film verändert die Welt“
Ruben Östlund, zweimaliger Gewinner der Goldenen Palme bei den Filmfestspielen von Cannes, beweist mit jedem seiner Filme seine Vorliebe für Gedankenexperimente. Der Regisseur von Triangle of Sadness, der derzeit in den Kinos läuft, spricht mit uns über seine Inspirationsquellen, seine philosophischen Einflüsse und sein Verständnis von Kunst.
