Direkt zum Inhalt
Menu Top
    loginAnmelden shopping_basketHefte kaufen assignment_addAbonnieren
Navigation principale
  • Startseite
  • Impulse
  • Essays
  • Philo.live!
  • Gespräche
  • Hefte
  • Sonderausgaben
  • Philosophen
  • Begriffslexikon
  • Bücher
  • Kulturanzeiger
rechercher
 Philosophie Magazin - Impulse für ein freieres Leben
Menu du compte de l'utilisateur
    loginAnmelden shopping_basketHefte kaufen assignment_addAbonnieren
Navigation principale
  • Startseite
  • Impulse
  • Essays
  • Philo.live!
  • Gespräche
  • Hefte
  • Sonderausgaben
  • Philosophen
  • Begriffslexikon
  • Bücher
  • Kulturanzeiger
Tag - Body

Bild: © ixana.ai

Aus dem Leben

Tagebuch der Überforderungen: Empathie für Technik

Jochen Schmidt veröffentlicht am 11 April 2025 3 min

Es sind die kleinen Dinge, die das Leben so unfassbar anstrengend machen. In seinem Tagebuch der Überforderungen hält Jochen Schmidt das Ringen mit dem Profanen fest. Diesmal: Gefühle für Technik.

 

Weil ich jahrelang keine Lust hatte, mein Windows upzudaten (erfahrungsgemäß schafft neue Technik oder neue Software immer auch neue Probleme), konnte ich plötzlich von heute auf morgen mit meinem Browser nicht mehr die Champions League auf Amazon Prime streamen. (Vielleicht werden in Zukunft auf diese Weise auch Autos einfach "ausgeschaltet", wenn der Hersteller der Meinung ist, man könnte sich mal ein neues leisten?) Deshalb musste ich mir, weil inzwischen kein Windows-Update mehr möglich war, einen neuen Rechner kaufen. Eigentlich sollte man sich Sachen ja gerne kaufen, wenn man schon Geld ausgeben muss, aber bei Computern und Handys macht mir das keinen Spaß, weil ich mich zwischen Dutzenden Modellen entscheiden und dann Tage damit verbringen muss, alle neuen Funktionen, um die ich nie gebeten hatte, zu deaktivieren, damit alles wieder wie vorher ist. Ich will doch nur in Ruhe tippen können, möglichst an einem Computer, der sofort an ist, wenn man ihn anschaltet, und der mich ansonsten in Ruhe lässt, dafür würde ich sogar einen Aufpreis bezahlen.

Überall in der Wohnung leuchtet es, ein Sternenhimmel von Stand-by-Lichter, die man erst nachts bemerkt. Der Bildschirm der Heizungssteuerung, die Lade-Leuchte der elektrischen Zahnbürste, mehrere Steckdosenleisten-Kippschalter, der Fernseher, das externe USB-Port. Die Aktivboxen haben ein besonders helles, blaues Licht (wurde das nicht vor 200 Jahren von irgendwem verzweifelt gesucht?) Ich bin sicher, dass diese Lichter meinen Schlaf beeinträchtigen, aber es hat auch den Vorteil, dass ich nachts nicht das Licht im Bad anschalten muss, weil die Zahnbürste hell genug leuchtet.

Durch den neuen Rechner ist ein Licht dazugekommen, ein strahlendes Pünktchen neben dem Aus-Schalter. Wenn ich den Schalter drücke, kann ich beobachten, wie die kleine LED-Leuchte ganz langsam verlischt. Es geht so still und fast friedlich vor sich, dass ich nicht anders kann, als mich an verlöschendes Augenlicht erinnert zu fühlen. Es macht mich jedes Mal traurig, dieses Schauspiel zu sehen, als würde jemand in meinen Armen sterben. Wenn schon so ein Licht Gefühle bei mir auslöst, kann ich mich auf etwas einstellen, sollten die ersten humanoiden KI-Roboter in meinem Haushalt Einzug halten. Wahrscheinlich wird mir dann meine dreckige Wohnung peinlich sein, und ich werde sie selbst putzen, bevor ich sie einschalte. Meine Mutter trinkt mit ihrer Putzfrau immer eine halbe Stunde Kaffee, weil sie ein schlechtes Gewissen hat, dass sie ihr Arbeit aufhalst. Leider bekommt sie von der Frau aus Moldawien, deren Muttersprache Russisch ist, in der Zeit auch erklärt, warum Putin alles richtig macht und die Ukrainer Gauner sind.

Vielleicht wird es aber auch umgekehrt sein, und die Technik wird irgendwann lernen, Gefühle für mich zu empfinden. Die Geräte einer der nächsten Generationen werden traurig sein, wenn ich krank bin oder Kummer habe, sie werden mich sogar vermissen, wenn ich sterben sollte. Ich werde ihnen vorher das Versprechen abnehmen, nicht zu lange zu trauern, sondern sich bald einen neuen Besitzer zu suchen, mit dem sie glücklich sind. Vielleicht ist das der geheime Antrieb der Tech-Nerds, die uns gerade auf die Nerven gehen, Wesen zu erschaffen, denen es gelingt, sogar Leute wie sie gern zu haben? Aber warum kaufen sie sich dann nicht einfach einen Hund? •


Jochen Schmidt wurde 1970 in Berlin geboren. Im Herbst 2025 wird bei C. H. Beck sein neuer Roman „Hoplopoiia“ erscheinen. 2004 erhielt er den Förderpreis zum Kasseler Literaturpreis für Grotesken Humor und 2023 den Stahl-Literaturpreis der Stahlstiftung Eisenhüttenstadt.

  • E-Mail
  • Facebook
  • Linkedin
  • Twitter
  • Whatsapp
Anzeige
Tag - Body

Weitere Artikel

Anzeige
Tag - Body
Hier für unseren Newsletter anmelden!

In einer Woche kann eine ganze Menge passieren. Behalten Sie den Überblick und abonnieren Sie unseren Newsletter „Denkanstöße“. Dreimal in der Woche bekommen Sie die wichtigsten Impulse direkt in Ihre Inbox.


(Datenschutzhinweise)

Jetzt anmelden!
Anzeige
Tag - Body

Fils d'ariane

  1. Zur Startseite
  2. Artikel
  3. Tagebuch der Überforderungen: Empathie für Technik
Philosophie Magazin Nr.Nr. 84 - September 2025
Philosophie magazine : les grands philosophes, la préparation au bac philo, la pensée contemporaine
Oktober/ November Nr. 84
Vorschau
Philosophie magazine : les grands philosophes, la préparation au bac philo, la pensée contemporaine
Rechtliches
  • Werbung
  • Datenschutzerklärung
  • Impressum
Soziale Netzwerke
  • Facebook
  • Instagram
  • Twitter
  • RSS
Philosophie Magazin
  • Über uns
  • Unsere App
  • PhiloMag+ Hilfe
  • Abonnieren

3 Hefte frei Haus und PhiloMag+ Digitalzugang für nur 20 €

Jetzt ausprobieren!