Wer sind und was wollen die Huthis in Jemen?
Die anhaltenden Piratenangriffe der Huthi-Rebellen im Roten Meer und die Vergeltungsschläge der USA haben internationale Aufmerksamkeit auf die Bewegung gelenkt. Im Interview erläutert die Kulturwissenschaftlerin Marieke Brandt die komplexe Geschichte und gegenwärtige Relevanz des Huthismus.
Frau Brandt, woher kommt die Bezeichnung „Huthi“?
Der Name „Huthi“ (الحوثين) geht auf die Familie al-Huthi zurück, deren Mitglieder die Bewegung gegründet haben. Auch heute noch ist die Familie al-Huthi das Gesicht der Bewegung: vom Gründer und ersten Anführer Hussein Badreddin al-Huthi (gestorben 2004), über seinen Halbbruder Abdul-Malik al-Huthi, dem derzeitigen Kopf der Bewegung, bis hin zu Mohammed Ali al-Huthi, dem Vorsitzenden des Obersten Revolutionskomitees. Erst während der „Konferenz des nationalen Dialogs“ 2013-2014 begannen sie, sich „Ansar Allah” (أنصار الله) zu nennen, als sie sich von einer lokalen Widerstandsbewegung zu einer nationalen politischen Kraft entwickelten – ein Prozess, der ein politisches Programm erforderte. Der Name Ansar Allah bedeutet „Helfer Gottes” und klingt wie ein Echo auf andere schiitische und islamistische Bewegungen im Nahen Osten, von denen viele sehr ähnliche Namen tragen. Die ursprüngliche Bezeichnung „Huthi” wird jedoch noch immer verwendet. Einige Beobachter sind der Ansicht, dass dieser Name abwertend gemeint ist. Dies ist jedoch nicht der Fall. Im Gegenteil, aufgrund der enormen Verehrung der Bewegung für diese Familie, wäre es grundfalsch anzunehmen, dass die Bezeichnung „Huthi” abwertende Konnotationen trägt.
Wie hat sich die Bewegung entwickelt?
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jemen hat so viele einwohner wie australien