„Das Christentum selbst hat Gott abgeschafft“
Die Moralkritik in Nietzsches Spätwerk ist von heftigen Angriffen sowohl auf die überkommenen christlichen Moralvorstellungen als auch auf die moderne, egalitäre Vorstellung vom Menschen geprägt. Welches sind ihre wichtigsten Motive – und kann sie auch heute noch fruchtbar sein? Ein Gespräch mit Andreas Urs Sommer.
Nietzsche fordert eine „Umwertung der Werte“ – was meint er damit? Was ist an den moralischen Werten seiner Zeit seiner Meinung nach falsch?
Andreas Urs Sommer: Nietzsche ist der Auffassung, dass mit dem Christentum eine völlige Umkehrung einer „ursprünglichen“ Werteordnung stattgefunden hat, die bis in die Gegenwart fortwirkt, obwohl für Nietzsche seine Zeit nicht mehr im religiösen Sinne stark christlich ist. Aber sie ist es im moralischen Sinne. Hier ist die Christentumskritik verbunden mit der Kritik der Moralität. Obwohl sich die Moralität vom christlichen Gott emanzipiert glaubt, ist sie für Nietzsche in ihrer Tiefenstruktur nach wie vor durch die christliche Moral bestimmt, die das Schwache in den Vordergrund rücke. Dieses Problem sieht Nietzsche auch in der politischen Ordnung der Moderne, in der er eine verhängnisvolle Tendenz zur Gleichheit erkennt, die der natürlichen Ungleichheit der Menschen, von der er überzeugt ist, entgegensteht. Auch wenn es uns etwas erstaunen mag, dass Nietzsche das Wilhelminische Reich als Triumph der Demokratie und der Gleichmacherei wahrnimmt …
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