Der Humor des Originals
Clowns sind für die meisten Menschen nicht mehr lustig, sondern gruselig. Die Postmoderne ist von Zeichen geprägt, denen die ursprüngliche Referenz fehlt, behauptet Baudrillard in seiner Theorie zur Simulakra. Der Clown müsste zu seiner ursprünglichen zurückfinden.
Vor kurzem wurde bekannt, dass Stephen Kings Horrorklassiker Es eine Serie bekommen wird. 2024 wird auch Joaquin Phoenix wieder den Joker im Kino spielen. Damit setzt sich eine Tradition fort, die Clowns als gruselige Figur zeigt. Zu Unrecht!
Vor kurzer Zeit konnte ich eine Clownshow mit eigenen Augen sehen. Nachdem ich diese unverhoffte Überraschung akzeptiert hatte, ließ ich mich auf das Spektakel auf der Bühne ein: Mehrere Clowns traten auf, alle hatten etwas Eigenes. Einer stand auf der Bühne und trank ein Glas Wasser, der zweite Clown nahm es ihm weg, der erste Clown hingegen trank pantomimisch weiter. Später steckte der zweite Clown andere Gegenstände an den Platz des Glases. Diese etwas skurril klingende Performance funktioniert nur im richtigen Setting und vor einem wohlwollenden Publikum, doch sie funktioniert und sorgt für Lachen, das ehrlich ist. Damit geht er gegen den Trend des modernen Humors, der rein auf Referenzen aufgebaut ist und wie die von Jean Baudrillard beschrieben Simulakra funktioniert: Eine künstlich generierte Zeichenwelt. Da der Clown eine ähnliche Entwicklung erfahren hat, wird er heute zum Schurken gemacht und seine Qualität als Komiker wird verkannt.
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