Die neue Sanftheit
Seit Jahrhunderten wird die Menschheit immer rücksichtsvoller. Der Fortschritt dieses Zivilisationsprozesses, wie Norbert Elias ihn genannt hat, lässt sich an zeittypischen Gewohnheiten ablesen. Heute erleben wir einen neuen Bändigungsschub. Aber auch eine Gegenreaktion.
Fast die Hälfte unserer täglichen Handlungen sind Gewohnheiten: Wann wir aufstehen, was wir essen und anziehen, dass wir Zähne putzen und uns duschen und ob wir Sport treiben und lesen, ist eine Frage jahrelanger Einübung, bis diese zu Automatismen gerinnt. Nehmen wir unsere Denkgewohnheiten hinzu – wie wir unsere Umgebung wahrnehmen, Menschen einschätzen und Probleme angehen – sowie unser Verhalten im Alltag – ob wir freundlich oder gelassen, fordernd oder zurückhaltend auftreten –, bleibt kaum etwas übrig, das nicht von Gewohnheiten durchtränkt wäre. Dennoch haben wir ein zwiespältiges Verhältnis zu ihnen. Es gibt gute Gewohnheiten, Routinen und Rhythmen, die uns die Bewältigung des Alltags erleichtern, sie entlasten das Gehirn, das sich mit wichtigen Entscheidungen befassen kann, während es die zweitrangigen an das Gewohnheitstier in uns delegiert. Aber es gibt auch schlechte Gewohnheiten, die wir ablegen wollen. Um sie kreisen Ratgeberliteratur, Lifecoaches und Neujahrsvorsätze, die auf Veränderung abzielen.
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