Die Sache mit dem Grillen
Erst wenn die Holzkohle glüht und Wurst für Wurst auf den Teller wandert, kommt der Mensch wirklich zu sich. Daraus leiten sich brenzlige Fragen ab, erläutert Wolfram Eilenberger in seiner Kolumne.
Angenommen, eine außerirdische Lebensform besuchte uns Erdlinge, um uns für ein paar laue Hitzewochen genauer unter die Lupe zu nehmen: Welche Tätigkeit stellte sich diesen Fremdlingen bald als spezifisch menschliche dar? Keine ganz leichte Frage. Und dennoch eine, wie mir unterwegs zum dritten Teller unlängst aufging, auf die es in Wahrheit nur eine einzige überzeugende Antwort geben kann: Es ist das Grillen im kleinen Kreise wohlvertrauter Mitesser!
Im inszenierten Überfluss des festiven Gartengrillens kommt das notorische Mängelwesen Mensch erst eigentlich zu sich. Ja, hätte man die moderne soziale Praxis des Grillens erst einmal ausreichend differenziert durchdrungen, gäbe es nur noch sehr wenig, was über den zeitgenössischen Homo sapiens sapiens zu verstehen bliebe. Schließlich verdichten sich im Grillen gleich drei entscheidende Ursprungsmomente unserer Lebensform: Erstens die Bändigung des Feuers als prometheischer Urszene aller Kultur. Zweitens die perfektionierungsoffene Essensermächtigung über proteinreiche Artgenossen als Wiege aller Technik. Sowie drittens die Geburt der Sprache aus dem protopolitischen Bedürfnis nach möglichst konfliktfreier Fressverteilung.
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