Entfremdete Naturliebe
Natur liegt im Trend. Aber bezeugt nicht gerade die wachsende Sehnsucht, dass wir uns zusehends von ihr entfernen? Offenbart sich darin gar der Höhepunkt unserer Abwendung?
Der naturliebende Großstädter des 21. Jahrhunderts sieht die Natur zumeist als Ort der Belebung und Rückkehr zu sich selbst. Sie ist ihm zugleich Kraftquelle und Objekt der Entdeckungslust. In unbändigem Tatendrang und voll des Staunens begibt er sich an freien Tagen auf Streifzüge durch Wälder, Gebirge und Flusslandschaften. Dieses Verhältnis zur Natur, so selbstverständlich es uns erscheinen mag, ist in mehrfacher Hinsicht verwunderlich. Immerhin ist es eine Vorstellung jüngeren Datums, Natur als Idyll wahrzunehmen, während ein ihr ausgesetztes Leben zuvor meist harte Arbeit und Gefahr bedeutete. Lange Zeit hat sich der Mensch als Kulturwesen gerade in Abgrenzung von ihr definiert. Unsere Gegenwart, die im Zeichen des welthistorischen Eintritts ins digitale Zeitalter steht, scheint diese Abkehr endgültig vollziehen zu wollen. Was also verbirgt sich hinter der gleichzeitigen Naturbegeisterung unserer Tage?
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Wie schaffen wir das?
Eine Million Flüchtlinge warten derzeit in erzwungener Passivität auf ihre Verfahren, auf ein Weiter, auf eine Zukunft. Die Tristheit und Unübersichtlichkeit dieser Situation lässt uns in defensiver Manier von einer „Flüchtlingskrise“ sprechen. Der Begriff der Krise, aus dem Griechischen stammend, bezeichnet den Höhepunkt einer gefährlichen Lage mit offenem Ausgang – und so steckt in ihm auch die Möglichkeit zur positiven Wendung. Sind die größtenteils jungen Menschen, die hier ein neues Leben beginnen, nicht in der Tat auch ein Glücksfall für unsere hilf los überalterte Gesellschaft? Anstatt weiter angstvoll zu fragen, ob wir es schaffen, könnte es in einer zukunftszugewandten Debatte vielmehr darum gehen, wie wir es schaffen. Was ist der Schlüssel für gelungene Integration: die Sprache, die Arbeit, ein neues Zuhause? Wie können wir die Menschen, die zu uns gekommen sind, einbinden in die Gestaltung unseres Zusammenlebens? In welcher Weise werden wir uns gegenseitig ändern, formen, inspirieren? Was müssen wir, was die Aufgenommenen leisten? Wie lässt sich Neid auf jene verhindern, die unsere Hilfe derzeit noch brauchen? Und wo liegen die Grenzen der Toleranz? Mit Impulsen von Rupert Neudeck, Rainer Forst, Souleymane Bachir Diagne, Susan Neiman, Robert Pfaller, Lamya Kaddor, Harald Welzer, Claus Leggewie und Fritz Breithaupt.
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Der Handschlag bezeugte einst Friedfertigkeit, in Zeiten der Pandemie jedoch erscheint die Hand selbst als Biowaffe. Grund genug, den Gruß für immer aufzugeben?
