Herbert Marcuse (1898–1979)
Unbeugsamer kritischer Denker, Idol der Studierendenproteste von 1968: Herbert Marcuse schaffte es wie kein anderer seiner Kollegen, sein kritisches Denken mit politischem Aktivismus in Einklang zu bringen. Seine Werke faszinieren durch ihren utopischen Gehalt und durch ihr Drängen auf die Befreiung der Gesellschaft von den Zwängen des Kapitalismus
KINDHEIT
Herbert Marcuse kommt 1989 als Sohn einer jüdischen Familie in Berlin zur Welt. Er ist in vielerlei Hinsicht ein unkonventioneller Denker, der sich wie kein anderer Protagonist der Kritischen Theorie mit dem politischen Kampf identifiziert. Im Alter von 19 Jahren tritt er 1917 der SPD bei, mit 20 wird er im Zuge der Deutschen Revolution in einem Soldatenrat aktiv. 1919, nach der Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, verlässt er die SPD wieder und geht nach Freiburg, wo er ein intensives Studium von Hegel und Marx beginnt. 1922 promoviert er dort in Deutscher Literatur. In den folgenden sechs Jahren lebt er wieder in Berlin, arbeitet als Buchhändler und heiratet die Mathematikerin Sophie Wertheim. 1928 setzt er sein Studium bei Martin Heidegger fort, den er anfangs sehr schätzt und dessen Denken ihn stark prägt. Spätestens jedoch als Heidegger Anfang der 1930er-Jahre der NSDAP beitritt, wendet er sich von seinem Lehrer ab.
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Wir sind die Neuen
Ein neuer politischer Raum ist entstanden zwischen Trillerpfeifen, Bannern und Schulrucksäcken, in Deutschland und weltweit. Jugendliche protestieren auf den Straßen und blockieren Kohlegruben, um die Gesellschaft wachzurütteln. Mit Hannah Arendt lässt sich sagen: Eine neue Form von Macht ist in einer Generation entstanden, die immer für unpolitisch gehalten wurde und jetzt der Frage gegenübersteht: Wie weit soll Aktivismus gehen?

Nancy Fraser: „Wir brauchen einen besseren Populismus“
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Internationalismus oder Untergang
Der emeritierte Professor für Sprachwissenschaft Noam Chomsky hat die Linguistik mit seinem Modell der „generativen Grammatik“ grundlegend verändert. Nicht zuletzt wegen seiner kritischen Analysen der US-Politik zählt er allerdings auch zu den wichtigsten Intellektuellen der Gegenwart. In seiner Keynote-Rede, die er auf dem Eröffnungsgipfel der Progressiven Internationale am 18. September 2020 gehalten hat und die wir hier mit freundlicher Genehmigung zweitveröffentlichen, skizziert er die Herausforderungen der Gegenwart und warnt, dass das „Experiment Menschheit“ scheitern wird, wenn wir die drängenden Krisen unserer Zeit nicht schnell und gemeinsam angehen.

Christoph Menke: „Bevor wir die Befreiung tun, erfahren wir sie“
Was ist eine gelungene Befreiung? Im Gespräch macht Christoph Menke deutlich, dass unser aktuelles Verständnis von Befreiung defizitär ist, weil sie neue Formen der Knechtschaft erzeugt. Eine radikale Befreiung hingegen ist eine ästhetische Erfahrung, die jeder machen kann.

Christoph Butterwegge: „Der private Reichtum weniger Hochvermögender ist gestiegen“
Die Corona-Pandemie tritt die Wirtschaft schwer. Welche klassenspezifischen Folgen aber zeitigt die Krise genau? Christoph Butterwegge, emeritierter Professor für Politikwissenschaft an der Universität zu Köln, über öffentliche Armut, falschen Neid gegenüber Beamten und den Zusammenhang zwischen Tierschutz-Aktivismus und den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen. Soeben ist Christoph Butterwegges Buch Ungleichheit in der Klassengesellschaft (PapyRossa) erschienen.

Und woran zweifelst du?
Wahrscheinlich geht es Ihnen derzeit ähnlich. Fast täglich muss ich mir aufs Neue eingestehen, wie viel Falsches ich die letzten Jahre für wahr und absolut unumstößlich gehalten habe. Und wie zweifelhaft mir deshalb nun alle Annahmen geworden sind, die auf diesem Fundament aufbauten. Niemand, dessen Urteilskraft ich traute, hat den Brexit ernsthaft für möglich gehalten. Niemand die Wahl Donald Trumps. Und hätte mir ein kundiger Freund vor nur zwei Jahren prophezeit, dass im Frühjahr 2017 der Fortbestand der USA als liberaler Rechtsstaat ebenso ernsthaft infrage steht wie die Zukunft der EU, ich hätte ihn als unheilbaren Apokalyptiker belächelt. Auf die Frage, woran ich derzeit am meisten zweifle, vermag ich deshalb nur eine ehrliche Antwort zu geben: Ich zweifle an mir selbst. Nicht zuletzt frage ich mich, ob die wundersam stabile Weltordnung, in der ich als Westeuropäer meine gesamte bisherige Lebenszeit verbringen durfte, sich nicht nur als kurze Traumepisode erweisen könnte, aus der wir nun alle gemeinsam schmerzhaft erwachen müssen. Es sind Zweifel, die mich tief verunsichern. Nur allzu gern wüsste ich sie durch eindeutige Fakten, klärende Methoden oder auch nur glaubhafte Verheißungen zu befrieden.
Wer ist mein wahres Selbst?
Kennen Sie auch solche Abende? Erschöpft sinken Sie, vielleicht mit einem Glas Wein in der Hand, aufs Sofa. Sie kommen gerade von einem Empfang, viele Kollegen waren da, Geschäftspartner, Sie haben stundenlang geredet und kamen sich dabei vor wie ein Schauspieler, der nicht in seine Rolle findet. All diese Blicke. All diese Erwartungen. All diese Menschen, die etwas in Ihnen sehen, das Sie gar nicht sind, und Sie nötigen, sich zu verstellen … Wann, so fragen Sie sich, war ich heute eigentlich ich? Ich – dieses kleine Wort klingt in Ihren Ohren auf einmal so seltsam, dass Sie sich unwillkürlich in den Arm kneifen. Ich – wer ist das? Habe ich überhaupt so etwas wie ein wahres Selbst? Wüsste ich dann nicht zumindest jetzt, in der Stille des Abends, etwas Sinnvolles mit mir anzufangen?
Zukunftsträume eines Geistersehers
Ende des 19. Jahrhunderts wollte der Philosoph Carl du Prel den Spiritismus mit dem Geist der modernen Wissenschaft in Einklang bringen. Noch heute sind Medientheoretiker beflügelt von du Prel – höchste Zeit, den Spiritisten und sein Denken genauer zu betrachten.
