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Bild: Brian McGowan (Unsplash)

Impuls

Logik braucht Ethik

Matthias Warkus veröffentlicht am 30 November 2020 3 min

Im Zuge der Corona-Pandemie lassen sich viele Menschen nicht von Zahlen, Statistiken und wissenschaftlichen Fakten beeindrucken. Eine Erklärung dafür lieferte der Philosoph Charles S. Peirce bereits Anfang des 20. Jahrhunderts. Demnach setzt nämlich nicht die Ethik die Logik voraus, sondern es ist vielmehr umgekehrt: Logik benötigt ethische Aufrichtigkeit. 

 

Zum Rechnen und zum logischen Denken braucht man keine Ethik, keine Moral, möchte man meinen. Ganz im Gegenteil sogar: Das Klischee vom kühl kalkulierenden Amoralisten ist popkulturell tief verankert, ob man dabei nun an den gewissenlosen Ingenieur à la Wernher von Braun oder an genialische Serienmörder denkt. Wenn es überhaupt ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Ethik und Logik gibt, dann doch in die Richtung, dass klares moralisches Denken Logik erfordert – und gegebenenfalls Kalkül, wenn es beispielsweise darum geht, messerscharfe Nutzenabwägungen durchzuführen. Die umgekehrte Vorstellung, dass Ethik die Voraussetzung von Logik und Mathematik sein könnte, scheint absurd.

Dennoch hat Charles S. Peirce (1839–1914), der bedeutendste amerikanische Philosoph des 19. Jahrhunderts und Begründer des Pragmatismus und der modernen Zeichentheorie, genau diese Idee vertreten. In einem Brief aus dem Jahre 1908 schreibt er: „Logik ist daher fast eine Unterdisziplin der Ethik, da sie die Theorie von der Kontrolle der Zeichen hinsichtlich ihres Verhältnisses zu ihren Objekten ist.“ Wie ist das gemeint? Denken wir an ein Beispiel, wie wir es aus der Schulmathematik kennen können: das Lösen der Gleichung 4,7x2 + 3,5x = 1,3o + x. Stellen wir uns vor, dass wir daraus einfach folgende Gleichung machen: 4,7x2 + 3,5x = 1,30 + x. Dazu muss man einfach nur die 2 etwas tiefer schreiben und den Koeffizienten o etwas länglicher – so wird aus dem Exponenten ein Faktor und aus der Konstanten eine Null, und der Rest geht dann ganz fix.

 

Kontrolle der Zeichen

 

Natürlich ist das falsch. Wir können nur deswegen eine Gleichung umformen und lösen, ja überhaupt irgendwie Algebra treiben oder auch nur schriftlich rechnen, wenn wir die Bedeutung der Symbole, die wir auf unserem Rechenblatt verwenden, nicht von einer Zeile zur anderen ändern. Umformungen, in denen so etwas passiert, sind keine ernstzunehmende Algebra, sondern bestenfalls ein Spaß für die letzte Mathematikstunde vor den Ferien.

Das ist es, was Peirce mit „Kontrolle der Zeichen hinsichtlich ihres Verhältnisses zu ihren Objekten“ meint. Und diese Kontrolle betrifft nicht nur die Mathematik, sondern auch jede Logik. Bekanntlich kann man auch nur dann sinnvoll argumentativ diskutieren, wenn man nicht mitten in der Diskussion seine Meinung dazu ändert, was die Ausdrücke, die man verwendet, überhaupt bedeuten sollen. Selbst wenn keine anderen Personen beteiligt sind oder sein sollen, auch wenn Zeichen nur in Gedanken gebraucht werden, ist die Regel „Du sollst die Bedeutung von Zeichen über die Zeit aufrechterhalten“ eine Voraussetzung jedes klaren Denkens.

 

Moralische Grundbedingungen

 

Dass uns dieser ethische Minimalkonsens in der Schulalgebra weniger gegenwärtig ist als bei Diskussionen um beispielsweise politische Argumente, liegt schlicht daran, dass er im Falle der Algebra so massiv anerkannt und völlig unumstritten ist. Das ändert aber nichts daran, dass es ihn gibt. Wissenschaft müsste scheitern, wenn es nicht bereits auf der niedrigsten Ebene des einfachen Umgangs mit Symbolen auf Papier ein Ethos der Aufrichtigkeit gegenüber sich selbst und anderen gäbe. In der Covid-19-Pandemie erleben wir eindringlich, dass ein solches Ethos schon ein paar Stockwerke höher keine Selbstverständlichkeit ist.

Am 20.11. hat der österreichische Wissenschaftsjournalist Florian Aigner festgestellt: „Wissen, Bildung und Information kann erst auf Basis [von] moralischen Grundbedingungen wirksam werden. […] Es ist toll, wenn wir wissenschaftliche Erklärvideos machen, Impfstatistiken verständlich präsentieren und das US-Wahlsystem fundiert analysieren. Aber all das ist wertlos, wenn die Grundlektionen aus dem Trotzphasenalter nicht gelernt wurden.“ Natürlich ist eine Regel wie „Lüge nicht bei der Beschreibung deines eigenen Handelns in der Vergangenheit“ um Größenordnungen komplexer als „Reproduziere mathematische Symbole beim Abschreiben stets so, dass keine Verwechslungen eintreten“. Aber im Kern geht es um dasselbe, und beide Regeln missachtet man bei Strafe des Scheiterns der eigenen Pläne in der Praxis. •

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