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Bild: Daniel Funes Fuentes (Unsplash)

Interview

Sabine Hark: „Das gute Leben ist nur ein mit anderen geteiltes Leben“

Sabine Hark, im Interview mit Nils Markwardt veröffentlicht am 07 Dezember 2021 11 min

In ihrem jüngst erschienenen Buch entwirft Sabine Hark eine „Gemeinschaft der Ungewählten“. Im Interview argumentiert sie, warum diese Idee „aus der Zukunft zu uns spricht“ und es dafür weit mehr als nur edle Gesinnung braucht. 

 

Ihr jüngst erschienenes Buch trägt den Titel Gemeinschaft der Ungewählten. Wen meinen Sie mit den „Ungewählten“?

Die erste Assoziation erfolgt hier oft in einem engen elektoralen Sinn: diejenigen, die nicht ins Parlament gewählt worden sind. Tatsächlich geht es mir bei den Ungewählten jedoch um etwas anderes, um eine theoretische Setzung, die ich von Hannah Arendt über Judith Butler herleite. Im Schlussepilog von Arendts Buch Eichmann in Jerusalem gibt es eine kurze Passage, in der Arendt begründet, warum sie selbst es richtig und gerecht fand, dass Eichmann zum Tode verurteilt worden war. Die Nazis hätten sich nämlich ein Recht angeeignet, das nicht existiert, und zwar zu entscheiden, mit wem sie die Erde bewohnen wollen. Daraus können wir folgendes Argument gewinnen: Wenn es dieses Recht, zu entscheiden, mit wem wir die Erde bewohnen wollen, nicht gibt, sind wir alle Ungewählte. Wir sind alle ungewählt auf der Erde erschienen und unser Recht, in dieser Welt zu existieren und zu gedeihen, resultiert aus dem simplen Umstand, dass wir einfach da sind. Judith Butler stellt in ihrer Auseinandersetzung mit Hannah Arendt dann die Frage, die für mich leitend geworden ist: Was hieße es, wenn wir die Frage des Zusammenlebens genau von dem Umstand her denken, dass wir alle Ungewählte sind, also niemand von uns ausgesucht worden ist. Wir sind da und müssen, so Butler, mit jenen zurechtkommen, die wir uns nicht ausgesucht haben, die wir uns vielleicht auch niemals aussuchen würden.

Vor diesem Hintergrund betonen Sie im Buch auch die Bedeutung des Verlernens, der undoing dominance. Das scheint insofern bemerkenswert, als dass politische Neuanfänge oft eher mit dem Lernen neuer Praktiken und Ideen verbunden werden. Warum also zunächst das Verlernen?

Wenn ich sage, dass wir etwas verlernen müssen, dann zielt das darauf, dass wir in der Tat seit mehreren Jahrhunderten Formen des gesellschaftlichen Zusammenlebens entwickelt haben, die nach dem Modus der Unter- und Überordnung funktionieren, und zwar oft in einem sehr radikalen Sinn, nämlich über den Klassifikationsmechanismus „menschlich“ und „nicht-menschlich“. Das können wir im Grundsatz bis in die attische Demokratie zurückverfolgen, die bereits die Unterscheidung zwischen den Bürgern Athens und den Barbaren kannte. Aber insbesondere in den letzten 500 Jahren existieren wir in gesellschaftlichen und kulturellen Zusammenhängen, die dieses Prinzip der Über- und Unterordnung zu ihrem Modus Operandi gemacht haben. Das gilt es zu verlernen, weil es sich bei der Einteilung in die, die Mensch sein können und jene, die es nicht sind, nicht nur um einen gesellschaftlichen und institutionellen Modus handelt, sondern auch die Art betrifft, wie wir als Subjekte existieren. Meine Studierenden wenden dann zum einen gerne ein, dass wir doch alle Menschen sind! Solch eine Orientierung an der Idee der Gleichheit ist natürlich richtig, übersieht aber, dass der Humanismus zunächst auch eine Ideologie ist, weil er suggeriert, alle seien Menschen und Gleichheit wäre bereits realisiert. Wir können hingegen tagtäglich im politischen Geschehen beobachten, dass entschieden wird, wen wir in die Form des Menschlichen hineinlassen und damit zum „Wir“ gehören kann und wer nicht. Zum anderen wird von den Studierenden dann aber auch gefragt, was das in Bezug auf Nazis heißt. Arendts Rechtfertigung der Todesstrafe mag im Falle Eichmanns berechtigt gewesen sein, die Vernichtungsdrohung kann jedoch nicht die generelle Antwort sein. Wir müssen andere Wege finden, um mit Nazis umzugehen, aber zugleich muss klar sein, dass faschistische Haltungen und Politiken nicht hingenommen werden.

Wie bekommt man denn Menschen zu undoing dominance? Dies implizierte ja nicht zuletzt ein freiwilliges Verzichten auf Vorteile und Privilegien.

Ich habe natürlich überlegt, für wen ich dieses Buch eigentlich schreibe, wen ich adressieren will? Ich hatte tatsächlich vor allem diejenigen im Blick, die vermeintlich etwas zu verlieren haben, etwa hinsichtlich der in identitätspolitischen Debatten verschärft diskutierten Frage, wer sprechen darf und wer nicht. Und ich glaube, dass diejenigen, die fürchten, etwas zu verlieren, am Ende vielmehr etwas zu gewinnen haben. Eine Bemerkung Frantz Fanons war hier für mich wichtig: Wir haben die Erfahrung, in Gesellschaft aller Menschen zu existieren, historisch noch nie gemacht. Und das gilt eben auch für die Weißen, die paradigmatische Gruppe der Privilegierten. Diese Erfahrung gilt es zu gewinnen. Oder noch einmal konkreter: Die afrodeutsche Historikerin und Aktivistin Katharina Oguntoye hat vor vielen Jahren in einem Anti-Rassismus-Training gesagt: „Du wirst die vielleicht wichtigste Person in deinem Leben niemals kennen lernen, weil es Rassismus gibt.“ Das scheint mir ein ganz guter Schlüsselsatz für jene Mechanismen der Unter- und Überordnung zu sein, denen wir in den Herrschaftsformen von Rassismus, Sexismus, Homophobie oder Klassenherrschaft begegnen. Zu gewinnen wäre demnach eine Form von Sozialität, in der die Erfahrung gemacht werden kann, dass wir in Gesellschaft aller Menschen sind.

Sie kreisen im Buch immer wieder um ein globales „Wir“. Für einen Theoriestrang – der vom rechten Staatsrechtler Carl Schmitt bis zur linken Philosophin Chantal Mouffe reicht – ist solch ein „Wir“ indes immer zwangsläufig mit einen „Sie“ verbunden, also mit einem Feind oder Gegner, von dem man sich konstitutiv abgrenzt. Welche Rolle spielt ein „Sie“ bei Ihrem Verständnis eines „Wir“?   

Mir geht es nicht darum, die Illusion zu nähren, wir könnten tatsächlich ein „Wir“ generieren, in dem alle drin sind. Mein Buch ist in diesem Sinne keine kosmopolitische Utopie. Das „Wir“, von dem ich spreche, ist vielmehr eine normative Idee, die aus der Zukunft zu uns spricht. Vor diesem Hintergrund wäre das „Sie“ wahrscheinlich eine Art constant reminder: Wer ist noch nicht da? Wer fehlt in diesem Bild? Diese Fragen müssen wir uns immerzu stellen. Und zwar ganz buchstäblich und in nahezu jeder Situation, sei es in einem Seminar an der Universität oder auf einer Podiumsdiskussion. Wer fehlt? Das „Wir“ dient also als eine normative Inspiration für etwas, das uns immer voraus ist, wonach wir aber streben sollten. Mein Buch heißt deshalb auch ganz bewusst „Gemeinschaft der Ungewählten“ und nicht „Die Gemeinschaft der Ungewählten“. Es geht mir nicht darum, eine bestimmte Gemeinschaft zu entwerfen, sondern dafür zu argumentieren, dass ausnahmslos allen das Recht zukommt, ein Leben in Gemeinschaft mit anderen führen zu können, sich als Teil eines „Wir“ verstehen und dieses „Wir“ mitgestalten zu können.

Sie sagen, dass Sie bewusst den Artikel vor Gemeinschaft weggelassen haben. Was war indes der Grund für den Begriff Gemeinschaft selbst? Der Soziologe Helmuth Plessner hat in seinem 1924 erschienen Band Die Grenzen der Gemeinschaft ja etwa argumentiert, Gemeinschaften neigten dazu, Werte zu verabsolutieren, Druck auf die Einzelnen auszuüben und einen „sozialen Radikalismus“ zu schaffen, weshalb er im Gegensatz für das Konzept der Gesellschaft plädierte, in dem Abstand und Pluralität besser möglich sei.

Ich habe mich bewusst für den Begriff der Gemeinschaft entschieden, weil das Recht, zu kommen und zu bleiben eines ist, das sich nur in Gemeinschaft verwirklicht, weil das gute Leben nur ein mit anderen geteiltes Leben ist. Ich wollte auch eine größere Bandbreite von Formen des Gemeinschaftlichen aufrufen, die über Gesellschaft hinausgeht. Es geht mir auch um die unterschiedlichen Weisen, privat zu existieren. Allen voran das Recht auf Familie, das im übrigen bereits in der Erklärung der Menschenrechte enthalten ist. Und wenn wir einen weiten Begriff von Familie anlegen, ist darin das Recht auf Gemeinschaft ja schon formuliert. Zudem war mir auch nicht daran gelegen, eine gleichsam kalte Gesellschaftsutopie zu entwerfen, ich wollte die Leserinnen und Leser ebenso emotional und affektiv adressieren. Das bedeutete, dass ich den Begriff der Gemeinschaft aus seinen beispielsweise faschistischen oder völkischen Aneignungen herausschälen musste, um ihn hin zu einer Idee gemeinschaftlicher, geteilter Verantwortung, die wir für einander und für die Welt haben, verschieben zu können.

Das bereits von Ihnen erwähnte Recht, zu kommen und zu bleiben, wird von Ihnen immer wieder aufgegriffen, nicht zuletzt in Bezug auf Immanuel Kants Schrift Zum Ewigen Frieden. Nun könnte man aber einwenden, dass Kants „Recht auf Ankunft“ noch nicht mit sozialstaatlichen Verteilungsfragen verknüpft war, wie es heute beim Thema Migration fast zwangsläufig der Fall ist. Insofern ist diese Frage politisch vielschichtiger geworden.   

Darauf habe ich in meinem Buch in der Tat bewusst keine konkrete politische Antwort gegeben. Mir ging es nicht darum, genaue gesellschaftliche Formen vorzuschlagen oder für den grenzenlosen Weltstaat zu argumentieren. Wie wir uns assoziieren wollen, soll ja von allen gemeinsam entschieden werden und nicht von Intellektuellen, wie ich es bin. Dennoch finde ich es wichtig, zunächst einmal grundsätzlich zu fragen, mit welchem Recht wir es Menschen verweigern, sich an irgendeinen Punkt auf der Erde zu begeben, um dort mit anderen in einer Gemeinschaft zu leben. Wir sind oft schnell bereit, diese Verweigerung mit dem Argument zu akzeptieren, dass Menschen dann von Privilegien profitieren, die für die geschaffen worden sind, die schon vorher dort waren. Doch wenn wir das in größere historische und politische Zusammenhänge einordnen, dann sind diese Privilegien bereits Ergebnis globaler historischer Ungleichheiten.

In diesem Zusammenhang verweisen Sie auf den Historiker Achille Mbembe, der bemerkte, dass die Demokratie nicht ohne ihre Doppelgängerin denkbar sei: die Kolonie.

Genau. Die Geschichte der bürgerlichen Demokratien in Europa beginnt nicht 1789, sie beginnt 1492, als Kolumbus seinen Fuß auf einen der beiden amerikanischen Kontinente setzt, sie beginnt 1619, als das erste Schiff, die White Lion, mit vom afrikanischen Kontinent verschleppten und versklavten Menschen an der Küste Virginias anlandet. Nicht wenige US-amerikanische Historiker*innen argumentieren, dass der Kampf der englischen Kolonien um Unabhängigkeit von der englischen Krone 150 Jahre später auch dazu diente, die Institution der Sklaverei zu schützen. Und was in diesem Zusammenhang ebenfalls wichtig ist: Judith Butler wurde immer wieder vorgeworfen, dass Plädoyer für Gewaltlosigkeit sei naiv und politisch nicht umsetzbar. Es ist aber von Bedeutung, dieses Argument überhaupt erst einmal zu machen, ganz unabhängig davon, ob es realpolitisch sofort operationalisierbar ist. Mir geht es in ähnlicher Weise darum, das Argument stark zu machen, dass allen das Recht zusteht, zu kommen und zu bleiben. Zumal das letztlich auch der moralische Impuls der Menschenrechte ist.

Sie unternehmen im Buch auch eine Art Zwiegespräch mit sich selbst, indem Sie als Ihre eigene Advocata Diaboli auftreten. Letztere fragt an einer Stelle, ob das nun alles ein „rührseliges Ringelpiez mit Anfassen“ werden solle, worauf Sie wiederum mit dem von der Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk inspirierten Begriff der „zärtlichen Bürgerlichkeit“ antworten.

Damit wollte ich den Vorwurf antizipieren, es handele sich bei den Überlegungen um einen naiven Glauben, wir könnten uns alle lieb haben und dann wird die Welt gut. Nein, das wird sie natürlich nicht. Und sie ist auch nicht einfach dadurch rettbar, dass wir – wie in feministischen Care-Diskussionen bisweilen suggeriert wird – dem Care-Gedanken den notwendigen Platz einräumen. Deshalb betone ich auch, dass das für mein Buch zentrale Konzept der Sorge, verstanden als Sorge um sich, Sorge um andere und Sorge um die Welt, erst einmal politisch untersucht werden muss. Denn mit Sorge wird ja längst Politik gemacht. Wir werden immer schon als Sorgende adressiert, als Bürger und Bürgerinnen, die sich um etwas Sorgen machen sollen. Die Frage ist also vielmehr, worum wir uns Sorgen machen sollen und wessen Sorgen von Gewicht sind. Das ist deshalb wichtig, weil ich am Ende des Buches mit der Antwort der zärtlichen Bürgerlichkeit aufwarte. Der Begriff ist eine Kontrastierung zur „rohen Bürgerlichkeit“, die der Soziologe Wilhelm Heitmeyer zunächst als symptomatischen Ausdruck roher, an schierer Konkurrenz orientierter gesellschaftlicher Verhältnisse beschrieben hat und die wir heute als eine Bürgerlichkeit beschreiben können, in der das neoliberale und autoritäre Projekt verschmolzen sind. Zärtliche Bürgerlichkeit lehnt sich hingegen an Olga Tokarczuks Begriff des „zärtlichen Erzählers“ an, eine Figur, die erzähltheoretisch vielleicht als eine Art vierte Person gefasst werden kann, die nicht das Ich, das Wir und auch nicht das Du meint, sondern eine Position, die versucht, alles in den Blick zu nehmen, ohne dabei den „göttlichen Blick“ in Anspruch zu nehmen – und so am Ende allen etwas erzählt. Zärtliche Bürgerlichkeit meint vor diesem Hintergrund eine Form politischer, solidarischer Empathie, also den Versuch von sich selbst abzusehen und die Welt aus der Perspektive der je anderen zu sehen. Aus der Perspektive, wie Arendt sagen würde, einer erweiterten Denkungsart. Der Begriff der Zärtlichkeit birgt dabei natürlich die Gefahr, dass er zu privat, zu intim, zu romantisch verstanden werden kann, aber wir können ihn meiner Ansicht nach sehr wohl für das Politische reklamieren. Aus ihm lässt sich eine Art politische Tugend gewinnen, die ganz konkret die für mein Projekt eines Ethos der Kohabitation entscheidenden zwei Dimensionen adressiert: In welchen Formen wir unser Zusammenleben gestalten und wie wir als Individuen in der Welt sein wollen. Sprich: Will ich an Unterwerfung partizipieren, oder bevorzuge ich es, in Verhältnissen zu leben, in denen ich nicht an Unterwerfung partizipieren muss – und womöglich von ihr profitiere. Und das verlangt, das ich mich den anderen gegenüber öffne und die eigene Perspektive preis gebe.

Besieht man die kommenden Wochen und Monate, scheinen diese wiederum sehr „roh“ zu werden. Einerseits spitzt sich die Situation in den Krankenhäusern immer weiter zu, andererseits radikalisieren sich bestimmte Teile der Impfgegner, während bei vielen derjenigen, die sich solidarisch gezeigt haben, so langsam der Faden reißt. Wir stehen also eher vor einem „Winter of our Discontent“.

Ich glaube, viele machen gerade die Erfahrung, dass es zu Beginn der Pandemie durchaus ein – im Rückblick müssen wir vielleicht sagen: etwas hilfloses – Beschwören von Solidarität gegeben hat, bis hin zu diesen auch ein bisschen kitschigen Gesten des Klatschens am Fenster, institutionell und politisch dann aber wenig passiert ist. Deshalb war es mir im Buch auch wichtig zu betonen, dass es keineswegs nur um edle Gesinnung geht, sondern auch darum, dass es für diese edle Gesinnung eine robuste gesellschaftliche Infrastruktur braucht, die uns im Leben hält. Die Gesinnung allein tut es nicht. Wir brauchen auch eine Krankenversicherung, sauberes Wasser, saubere Luft. Nun können wir jedoch sehen, dass der Kapitalismus das aufzehrt, wovon er eigentlich lebt. Denn wovon leben Gesellschaften? Davon, dass Menschen Solidarität praktizieren, Empathie praktizieren. Das ist tatsächlich gerade ziemlich erschöpft. Doch mir scheint, das genau dagegen auch weltweit ein Aufstand im Gange ist, bei dem Menschen beständig daran arbeiten, bessere Lebensbedingungen für sich und für einander zu schaffen. Ich war im September auf der Architektur Biennale in Venedig, die unter der Frage stand „Wie werden wir zusammenleben?“. Und es war beeindruckend zu sehen, an wie vielen Orten auf der Welt Menschen in unendlich kreativer Weise versuchen, noch in den, salopp gesagt, beschissensten Lebensumständen etwas Besseres zu organisieren. Wie beispielsweise in den Slums südamerikanischer Metropolen versucht wird, die Häuser in einer Weise bewohnbar zu machen, sodass sie ein Leben miteinander ermöglichen. Und das passiert nicht nur durch einzelne oder kleine Familien, sondern gerade in die Familie übersteigenden Gemeinschaften. Das alles passiert also, aber eben vor allem von unten, weniger von oben. Und auch aus der Klasse der Intellektuellen und Wissensarbeiter*innen, der ich selbst angehöre, kommt da für mein Empfinden viel zu wenig. •

 

Sabine Hark ist Soziolog:in und Professor:in für Gender Studies, Mitherausgeber:in der Zeitschrift „Feministische Studien“ und leitet das Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung (ZIFG) an der TU Berlin. Jüngst erschien ihr Buch „Gemeinschaft der Ungewählten – Umrisse eines politischen Ethos der Kohabitation“ (Suhrkamp, 2021).

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