Thea Dorn: „Todesvermeidung um jeden Preis bringt uns in eine existenzielle Aporie“
Der Schutz des Lebens ist das Kernelement der Zivilisation. Aber sind wir gerade dabei, aus lauter Todesangst das Leben selbst zu opfern? Ein Interview mit Thea Dorn über ihr am 8. Februar erschienenes Buch Trost und einen Konflikt, in dem wir alle stecken.
Philosophie Magazin +

Testen Sie Philosophie Magazin +
mit einem Digitalabo 4 Wochen kostenlos
oder geben Sie Ihre Abonummer ein
- Zugriff auf alle PhiloMagazin+ Inhalte
- Jederzeit kündbar
- Einfache Registrierung per E-Mail
- Im Printabo inklusive
Hier registrieren
Sie sind bereits Abonnent/in?
Hier anmelden
Sie sind registriert und wollen uns testen?
Probeabo
Weitere Artikel
Thea Dorn: "Die deutsche Kultur ist ein Netz aus Ähnlichkeiten"
Thea Dorn differenziert, wo andere sich nicht trauen. In ihrem neuen Buch „Über Deutschland“ fragt sie, wie sich das Spezifische der deutschen Kultur ohne Blut-und-Boden-Ideologie denken lässt. Ein Gespräch mit einer der streitbarsten Intellektuellen unserer Zeit
Jens Balzer: „Die 80er sind uns in vielen Dingen sehr nahe“
In den 80er Jahren wurzeln viele Diskurse unserer Gegenwart. Jens Balzer, der dem Jahrzehnt in seinem neuen Buch nachspürt, spricht im Interview über die untergründige Verbindung von Helmut Kohl und Michel Foucault, die Dialektik der Individualisierung und die progressive Kraft der Schwarzwaldklinik.

Karl Lauterbach: „Ein solches Vorhaben wäre nie zu rechtfertigen”
Die Debatten über die Legitimation von Coronamaßnahmen berühren einen empfindlichen Punkt: die Vernunft des Menschen. Auf der phil.cologne diskutierten Markus Gabriel und Karl Lauterbach über den Glutkern der aktuellen Konflikte.

Was macht uns schön?
Wir leben in einer Zeit, in der sich alle Normen aufzulösen scheinen. Doch gerade in Fragen der Schönheit wird der Normierungsdruck immer stärker. Von den Griechen noch mit dem Wahren und Guten gleichgesetzt, unterliegt sie in der modernen Gesellschaft dem Verdacht der Oberflächlichkeit und Gedankenferne. Gerade weil Schönheit uns unmittelbar anzieht, bleibt sie verdächtig. Gerade weil sie von jedem ersehnt wird, kriegt sie keiner recht zu fassen. Nur eines scheint sicher: Ein Leben ohne Schönheit wäre schlicht unerträglich. Sie ist der wahre Preis unserer Existenz: Aber welcher Weg führt am verlässlichsten zu ihr? Muss Schönheit leiden? Lässt uns nur die Liebe schön sein? Oder liegt wahre Schönheit in der Selbstvergessenheit?
Martin Luther und die Angst
Sein kultureller Einfluss ist nicht zu überschätzen: Martin Luthers Bibelübersetzung bildet den Anfang der deutschen Schriftsprache, seine religiösen Überzeugungen markieren den Beginn einer neuen Lebenshaltung, seine theologischen Traktate legen das Fundament einer neuen Glaubensrichtung. In der Lesart Thea Dorns hat Luther die Deutschen aber vor allem eines gelehrt: das Fürchten. Oder präziser: die Angst. In ihrem brillanten Psychogramm des großen Reformators geht die Schriftstellerin und Philosophin den Urgründen von Luthers Angst nach – und deren uns bis heute prägenden Auswirkungen.
Karl Lauterbach: „Die Coronapolitik ist durch Rawls gedeckt“
Karl Lauterbach ist ein Schüler des berühmten Gerechtigkeitstheoretikers John Rawls. Ein Interview mit dem SPD-Abgeordneten über philosophische Einflüsse und die Begründbarkeit von Freiheitsbeschränkungen

Karl Lauterbach: „Die Corona-Maßnahmen sind eine Politik des Freiheitsschutzes“
Am Mittwoch wurde Karl Lauterbach zum Gesundheitsminister ernannt. Im März dieses Jahres sprachen wir mit dem SPD-Politiker und Epidemiologen über John Rawls' Theorie der Gerechtigkeit, ethische Dilemmata sowie die Rolle der Eigenverantwortung.

Marcus S. Kleiner: „Wenn mein Buchhändler sich wie diese Algorithmen verhielte, würde ich ihn anzeigen“
Für viele ist nichts entspannender als ein Abend vor Netflix. In seinem jüngst erschienenen Buch Streamland argumentiert der Medienwissenschaftler Marcus S. Kleiner jedoch: Für die willkommene Ablenkung zahlen wir einen hohen Preis. Denn die algorithmisch generierten und persönlich zugeschnittenen Empfehlungen veränderten unser Verhalten weit über den Bildschirmrand hinaus. Warum Netflix und Co. das Erbe der Aufklärung gefährden und welche Schritte dennoch aus einer On-demand-Gesellschaft führen könnten, erläutert der Autor im Interview.

Kommentare
„Alle wollen in den Himmel, aber keiner will sterben.“ Auch Christen mit einem durchaus belastbaren Jenseitsempfinden kennen die Furcht vor dem Tod. Spreche ich in diesem Kreis an, wie widersprüchlich Angst vor dem Tod in Erwartung eines Jenseits ist, bekomme ich nur Kopfschütteln zu sehen. Thea Dorns Gedanken sublimieren meine Gedanken zu dem Thema. Und das erleichtert mich doch sehr. Soo falsch waren meine Gedanken also doch nicht.
Als Staat kann ich mir diese Gedanken aber nicht zueigen machen. Wer den Tod zulässt macht sich der Mitschuld verdächtig. Eine mir bekannte Medizinerin in einem großen Krankenhaus erzählte von einer Station Coronakranker, die dort seit mehr als einem Jahr beatmet werden. Sie haben keine Aussicht von der Maschine weg zu kommen. Sie sind ohne Bewusstsein, ihre Lungen wurden von Corona irreversibel geschädigt. Die Angehörigen verweigern jedoch das Abschalten der Maschinen. Sie hoffen lieber auf ein Wunder, als das sie dem Tod eines Angehörigen zustimmen.
„Johanna erkennt, dass die Todesvermeidung um jeden Preis den Menschen in eine existenzielle Aporie bringt: Wenn er sein Handeln einzig danach ausrichtet, alles zu unterlassen, was gesundheitsgefährdend bis tödlich sein könnte, bleibt von seinem Leben nichts mehr übrig, das diesen Namen verdient.“