Unheimliche Umarmung
Das „Hugshirt“ verspricht das Gefühl einer Umarmung, ohne dabei tatsächlich berührt zu werden. Dies mag in Zeiten der Pandemie verführerisch klingen, könnte aber auch eine Urangst in uns befeuern.
Gerade in diesen Zeiten wird die Ambivalenz der Berührung im wahrsten Sinne des Wortes virulent: Einerseits sehnen wir uns nach mehr Körperkontakt, andererseits wird uns die Bedrohlichkeit von Berührungen bewusst. Sie können Grenzen missachten, Verletzungen zufügen – oder auch Krankheiten übertragen. Das Hugshirt des Mode-Unternehmens Circuit scheint die Lösung zu bieten: Über eine App wird zunächst durch Berühren des eigenen Hugshirts eine Umarmung kreiert, die dann einem weit entfernten, geliebten Menschen aufs Handy geschickt werden kann. Nimmt die Person die Umarmung an, werden die Druck- und Wärmeimpulse auf ihr Hugshirt übertragen – garantiert einvernehmlich und keimfrei.
Angst vor Unbekanntem
Doch auch mit dieser Technik haftet der Interaktion ein Rest Unheimlichkeit an. Denn laut dem Schriftsteller und Soziologen Elias Canetti fürchten wir nichts mehr als die Berührung durch Unbekanntes: „Man will sehen, was nach einem greift, man will es erkennen oder zumindest einreihen können.“ Überall weiche der Mensch daher der Berührung durch Undefinierbares aus. Ein T-Shirt, das seinen Träger scheinbar aus dem Nichts heraus umarmt, könnte diese Urangst durchaus befeuern. •
Weitere Artikel
Meer denken
Auch in Zeiten der Pandemie zieht es Millionen von Menschen zum Urlaub an die Küsten. Denn die See verspricht nicht nur Erholung, sondern in ihr spiegelt sich auch die menschliche Existenz. Eine kleine Philosophie des Meeres.

Am Nullpunkt des Saufens
Glühwein hat dieser Tage ein Imageproblem, steht er doch im Verdacht, die Pandemie zu befeuern. Das ist nur bedingt plausibel. Dennoch muss ihm der Garaus gemacht werden. Aus ökonomischen, ethischen und metaphysischen Gründen.

Wo ist das Kind, das ich war?
Eine unheimliche Erfahrung. Dieser Mensch auf dem Foto, der mit Zahnlücke in die Kamera lächelt, das soll einmal ich gewesen sein? Mit allen seinen überschüssigen Träumen, Ambitionen, Fragen und Plänen? Fast unmöglich, ein geklärtes Verhältnis zu den eigenen Anfängen zu finden. Jenseits von Nostalgie und romantischer Verklärung. Aber auch frei von der Illusion, die biografische Vergangenheit ganz hinter sich lassen zu können. Während die einen die Infantilisierung der Gesellschaft beklagen, fordern andere eine heilende Rückkehr zum inneren Kind. Ist der Weg ins Erwachsenenleben notwendig der einer Desillusion und Selbstentfremdung? Und was könnte das überhaupt heißen: erwachsen sein? Ein Dossier über eine Frage, die sich jeder stellen muss.
Schelling und die Klimakrise
Friedrich Wilhelm Joseph Schelling war der Naturphilosoph schlechthin. Vor über 200 Jahren kehrte er die Blickrichtung auf die Natur um und dachte sie als „natura naturans“, als freies, handelndes Subjekt. Seine Gedanken sind heute, in Zeiten der Klimakrise, auf nahezu unheimliche Weise aktuell.

Sebastian Fitzek - Der Angstmacher
Sebastian Fitzek ist einer der erfolgreichsten Thrillerautoren Deutschlands. Immer wieder stellt er menschliche Urängste gekonnt ins Zentrum seiner Romane, für die er als erster deutscher Autor den Europäischen Preis für Kriminalliteratur erhielt.
The Bling Ring
Verführerisch glänzend, aber ansonsten unscheinbar und klein: Warum steht gerade der Ring im Zentrum von Tolkiens Epos?

Querdenken ohne Geländer?
Schon seit längerem wird Hannah Arendt durch rechte Denker und Corona-Leugner vereinnahmt. Die jüngst gegründete „Hannah-Arendt-Akademie“ scheint dafür ein weiterer Beleg. Doch was meinte die Philosophin tatsächlich, als sie vom „Denken ohne Geländer“ sprach?

Die Schwarz-Weiß-Falle
Warum Themen wie die Flüchtlingskrise oder Terroranschläge die politische Lagerbildung befeuern.