Utopien im All
Nie war der Weltraum so nah wie heute: Ob Sehnsucht nach dem großen Reset oder pure Hybris – drei neue Bücher sind menschlichen Himmels- und Technikträumen auf der Spur.
Menschen, das ist nicht neu, sind von Natur aus unzufrieden: Sie verstehen sich selbst nicht, empfinden ihre Sterblichkeit als Zumutung und träumen von besseren Welten – umso mehr, je ungemütlicher die Gegenwart wird. Utopien und die Angst vor Katastrophen scheinen dabei zusammenzuhängen. Doch Utopien waren nie reine Handlungsanweisungen, sondern Bilder, oft spielerischer Art, die helfen sollten, eine neue Perspektive zu finden. Nicht umsonst lässt Thomas Morus, der Altmeister der Utopie, einen gewissen Hythlodeus, zu Deutsch: Spaßvogel, von Utopia berichten. Nicht-Orte werden ständig neu erfunden, im Bund mit der Technik und über die Grenzen des Realisierbaren hinaus. Das zeigt sich gerade dann, wenn es um allerfernste Räume geht: das All, das derzeit eine Konjunktur als Traumziel erlebt.
Es muss eine Alternative zu dieser Welt geben, befindet auch die hoch begabte Astrophysikerin Lenka. Eigentlich versucht die Hauptfigur in Eva Raisigs Roman Seltene Erde zu ermitteln, wie viele Zivilisationen da draußen existieren und warum uns niemand besuchen kommt. Nachdem ihre Karriere in der Wissenschaft ins Schlingern geraten ist, reist sie nun mit Therese, die „schon als Jugendliche die Geduld mit ihrem Leben verloren“ hat, in ein argentinisches Dorf, denn auf einem Berg in der Nähe sollen ab und zu Außerirdische landen. In Rückblicken und Gesprächen faltet Eva Raisig vor diesem eher staubigen Hintergrund lakonisch das Drama des Menschseins auf: von Thereses Zeitkapsel, die die Eltern verständnislos entsorgen, bis zum bewegten Leben ihrer Großmutter. Die endlosen Weiten des Alls stellt die Autorin geschickt den feinen Details gegenüber, die Lebensgeschichten ausmachen. Weder Lenka noch Therese wissen allerdings, dass da etwas unterwegs zu ihnen ist, das einmal von der Erde startete.
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