Das Ende der Illusion. Der Krieg ist zurück. Wie ihn verstehen?
Nr. 63 - April/Mai 2022
Der Überfall auf die Ukraine reaktiviert Denkmuster des Kalten Krieges. Die Gefahr, zurück in die Vergangenheit zu stürzen, ist groß. Wie ist zu verhindern, dass der Schock sich in blindem Aktionismus entlädt? Aufgabe der Philosophie ist es, an die Stelle riskanter Reflexe die Kraft der Reflexion zu setzen.
Einbruch des Realen
Warum hielten trotz jahrelanger Drohungen so viele eine russische Invasion der Ukraine für unwahrscheinlich? Weil wir die günstigeren Szenarien bevorzugen. Es ist Zeit, das Undenkbare anzunehmen. Ein Essay von Alexandre Lacroix.
Sigmund Freud: „Zeitgemäßes über Krieg und Tod“
Kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs versuchte Sigmund Freud das unfassbare Geschehen zu verstehen. Ein Textauszug aus dem Jahr 1915, der uns Erinnerung und Warnung zugleich sein sollte.
Jörg Baberowski über die Demütigungserfahrung einer ehemaligen Imperialmacht
Sogenannte „Russlandversteher“ geraten durch den Angriffskrieg gegen die Ukraine mehr denn je in die Kritik. Doch wie einen Ausweg finden, wenn im Dunklen bleibt, warum Putin diesen Krieg führt? Ein Gespräch mit dem Historiker Jörg Baberowski.
Infografik: In Putins Kopf
Wladimir Putin zitiert gerne russische Denker des 19. und 20. Jahrhunderts, um seine imperialistische Außenpolitik zu legitimieren. Ein Blick auf die philosophischen Einflüsse.
Locke-Welten, Hobbes-Welten
Westeuropa und Russland lebten bislang in verschiedenen Politikwelten. Doch nun zwingt der Ukrainekrieg Europa zurück in eine Hobbes-Welt, von der es seit 1945 nichts mehr wissen wollte. Ein Essay von Moritz Rudolph.
Historischer Überblick: Theorien des Krieges
Gerechtfertigt, natürlich, unbedingt zu vermeiden? Seit der Antike wird in der Philosophie um die richtige Deutung des Krieges gerungen. Wir stellen sechs Positionen vor.
Logik der Abschreckung
Lange hatte die Bundesregierung gezögert, die Ukraine mit Waffen zu unterstützen. In seiner Regierungserklärung vollzog Kanzler Scholz dann eine sicherheitspolitische Wende. Diese war überfällig. Eine Kolumne von Nora Bossong.
Außerdem im Heft:
Komm mir (nicht zu) nah: Dossier über Berührung
In der Coronakrise hat sich eine grundlegende Zwiespältigkeit zugespitzt: Einerseits sehnen wir uns nach Nähe. Doch Nähe bedeutet: Kontrollverlust. Wie umgehen mit der Unverfügbarkeit, die in jeder Begegnung, jeder Berührung steckt? Mit Byung-Chul Han u. a.
Vom Animismus lernen – Auf den Spuren indigener Kulturen
Der Animismus galt einst als Denkfehler primitiver Völker, deren Rationalität noch unzureichend entwickelt sei. Doch angesichts der ökologischen Krise zeigt sich heute: Der Animismus könnte den Weg aus der Verdinglichung der Natur weisen. Eine Spurensuche auf den Pfaden indigener Kulturen. Ein Essay von Theresa Schouwink.
Cavell und das Gewöhnliche
Seit ihren antiken Anfängen war die Philosophie auf der Flucht vor dem Gewöhnlichen. Es galt, die Unvollkommenheit unseres alltäglichen Wissens entweder durch radikale Skepsis oder aber durch das Streben nach absoluter Erkenntnis zu überwinden. Stanley Cavell kritisierte diese Form der Weltentfremdung und plädierte für eine Wiedergewinnung des Gewöhnlichen, wie Josef Früchtl in seinem Essay erläutert.
Alle Texte in der Übersicht
Das Ende der Illusion
Einbruch des Realen
Warum hielten trotz jahrelanger Drohungen so viele eine russische Invasion der Ukraine für unwahrscheinlich? Weil wir alternative Szenarien bevorzugen, um dem Realen zu entfliehen, meint Alexandre Lacroix, Chefredakteur des französischen Philosophie Magazine. Zeit, das Undenkbare anzunehmen.

Rückfall in die Barbarei
Kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs versuchte Sigmund Freud das unfassbare Geschehen zu verstehen. Ein Textauszug aus dem Jahr 1915, der uns Erinnerung und Warnung zugleich sein sollte.

Jörg Baberowski: „Man muss die Kränkung über das verloren gegangene Imperium ernst nehmen“
Sogenannte „Russlandversteher“ geraten durch den Angriffskrieg gegen die Ukraine mehr denn je in die Kritik. Doch wie einen Ausweg finden, wenn im Dunkeln bleibt, warum Putin diesen Krieg führt? Ein Gespräch mit dem Historiker Jörg Baberowski über das Ende der Sowjetunion, kollektive Demütigung und die Schwierigkeit, ein Imperium zu entflechten.

In Putins Kopf
Wladimir Putin zitiert gerne russische Denker des 19. und 20. Jahrhunderts, um seine imperialistische Außenpolitik zu legitimieren. Theresa Schouwink und Michel Eltchaninoff, Redakteure des Philosophie Magazins, werfen einen Blick auf die philosophischen Einflüsse seines Programms.

Locke-Welten, Hobbes-Welten
Westeuropa und Russland lebten bislang in verschiedenen Politikwelten. Doch nun zwingt der Ukrainekrieg Europa zurück in eine Hobbes-Welt, von der es seit 1945 nichts mehr wissen wollte.

Theorien des Krieges
Gerechtfertigt, natürlich, unbedingt zu vermeiden? Seit der Antike wird in der Philosophie um die richtige Deutung des Krieges gerungen. Hier sechs Positionen.

Logik der Abschreckung
Lange hatte die Bundesregierung gezögert, die Ukraine mit Waffen zu unterstützen. In seiner Regierungserklärung vollzog Kanzler Scholz dann eine sicherheitspolitische Wende. Diese war überfällig.

Leben
Menschheit im Ruhestand
Die Antiwork-Bewegung fordert Arbeitslosigkeit für alle. Das ist revolutionärer als so mancher Revolutionsversuch und versetzt das Establishment in Aufregung.

Jugaad
Etwas auf behelfsmäßige Weise zusammenflicken, um ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen, das für eine gewisse Zeit Bestand hat.

Vom Animismus lernen
Der Animismus galt einst als Denkfehler primitiver Völker, deren Rationalität noch unzureichend entwickelt sei. Doch angesichts der ökologischen Krise zeigt sich heute: Der Animismus könnte den Weg aus der Verdinglichung der Natur weisen. Eine Spurensuche auf den Pfaden indigener Kulturen.

Wie finde ich die meisten Ostereier?
Am heutigen Ostersonntag gibt es besonders für die Kleinsten unter uns eine wichtige Frage: Wie findet man die meisten Ostereier? Augustinus, Hegel und Merleau-Ponty haben Antworten.

Die Sache mit dem Wecker
Der morgendliche Weckruf ist mehr als eine Zumutung. Der mit ihm verbundene Willenskampf führt uns geradewegs hinein in die mystischen Dimensionen des Daseins. Eine Kolumne von Wolfram Eilenberger.

Komm mir (nicht zu) nah
Die Stacheln der Anderen
In der Coronakrise hat sich eine grundlegende Zwiespältigkeit zugespitzt: Einerseits sehnen wir uns nach Nähe. Doch Nähe bedeutet: Kontrollverlust. Wie umgehen mit der Unverfügbarkeit, die in jeder Begegnung wohnt? Ein Essay von Svenja Flaßpöhler.

Meine Sehnsucht
In unserer spätmodernen Gegenwart wandeln sich Beziehungskonzepte rasant. Aber was wird aus dem Bedürfnis nach Liebe und enger Bindung? Fünf Menschen erzählen.

Sophie Wennerscheid: „Auch eine Maschine kann mich berühren“
Wir denken Nähe oft nur in menschlichen Beziehungen. Dabei kann sie auch zwischen Mensch und Maschine entstehen. Was macht diese „fremdartige“ Nähe mit uns? Ein Gespräch mit Sophie Wennerscheid über neue Formen von Berührung und Begehren.

Über den Händedruck
Die Berührung der Hände lässt Energie zum Anderen fließen. Die Geste befreit uns aus dem Gefängnis des Ich und ist ein Geschenk an das Gegenüber. In viralen Zeiten ist der Händedruck primär eine Beschmutzung. Die Folgen sind fatal. Ein Weckruf von Byung-Chul Han.

Ute Gahlings: „Das Unverfügbare ist wesentlich für die Erfahrung der Lust“
Berührungen können angenehm oder unangenehm, gar gefährlich sein. Wer daraus jedoch schließt, dass Distanznahme die Lösung ist, irrt. Ein Gespräch mit der Phänomenologin Ute Gahlings.

Die neue Nähe
Social Distancing ist nur die halbe Wahrheit. Gleichzeitig rücken wir uns mit unseren Überzeugungen und Weltanschauungen zunehmend auf die Pelle. Erleben wir gerade einen Umschlag von Gesellschaft in Gemeinschaft?

Klassiker
Cavell und das Gewöhnliche
Seit ihren antiken Anfängen war die Philosophie auf der Flucht vor dem Gewöhnlichen. Es galt, die Unvollkommenheit unseres alltäglichen Wissens entweder durch radikale Skepsis oder aber durch das Streben nach absoluter Erkenntnis zu überwinden. Stanley Cavell kritisierte diese Form der Weltentfremdung und plädierte für eine Wiedergewinnung des Gewöhnlichen.

Machiavelli und die Macht des Schicksals
In kunstvoller Metaphorik beschreibt Niccolò Machiavelli in seinem Hauptwerk Der Fürst die Macht des Schicksals. Aber was hat er genau gemeint?

Bücher
Die Vielfalt der Bedürfnisse
Kunst, Sex, Drogen, Klima: Die amerikanische Schriftstellerin Maggie Nelson fragt, wo Freiheit beginnt und endet.

Utopien im All
Nie war der Weltraum so nah wie heute: Ob Sehnsucht nach dem großen Reset oder pure Hybris – drei neue Bücher sind menschlichen Himmels- und Technikträumen auf der Spur.

Mit Buddha on the Road
Mit seinen Büchern machte der Ur-Beatnik Jack Kerouac fernöstliche Weisheitslehren populär – und prägte die US-amerikanische Gegenkultur. Am 12. März 2022 wäre der rastloseste aller Sinnsucher 100 Jahre alt geworden.

Finale
Vom Loslassen
Heute erscheint das neue Album von Kae Tempest The Line Is A Curve. Das zentrale Thema der Songs ist: Mehr mit weniger Druck machen.

Inferno der Gegenwart
Das Berliner Kupferstichkabinett eröffnet zeitgenössische Perspektiven auf Dantes „Göttliche Komödie“.

Phil.Kids (03/22)
Kleine Menschen wissen oft mehr als große. Wir fragen, Kinder antworten.
