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Bild: © Jakob Owens/Unsplash

Impuls

Würde Adorno Netflix gucken?

Helena Schäfer veröffentlicht am 30 September 2021 3 min

Mit dem Begriff der „Kulturindustrie“ kritisiert Adorno, dass Kunst zur Ware wird. Er denkt an Massenproduktion in Hollywood und die Verbreitung von Jazz über das Radio. Doch aus heutiger Sicht kommt ein anderes Beispiel in den Sinn: Netflix als Kulturindustrie des 21. Jahrhunderts.

 

Kultur als Ware

 

Kaum ist der Film bei Netflix vorbei, schlägt der Algorithmus das nächste Drama vor, das die gleiche Story mit anderer Besetzung erzählt und damit das gleiche Vergnügen aufs Neue verspricht. Der nie endende Nachschub an Serien und Filmen, die in bekannten Mustern von Kriminalfällen oder Highschool-Lieben erzählen, erinnert an das, wovon schon Adorno sprach: Kultur vom Fließband. In einem berühmten Kapitel der Dialektik der Aufklärung versuchen Adorno und Horkheimer ein Phänomen ihrer Zeit zu fassen, dem sie den Namen „Kulturindustrie“ geben. Ihre These: Kunst wird in der kapitalistischen Gesellschaft zur Ware. Dies erkennen sie zum Beispiel an Hollywoodfilmen oder Schlagern, die von Gleichförmigkeit geprägt sind: Refrains, Charaktere und Witze werden nach Klischees geformt, die allseits bekannt sind.

Erleichtert wird die Produktion durch standardisierte Verfahren und die Verbreitung über Massenmedien wie Radio und Fernsehen. Im 21. Jahrhundert hat das neue Dimensionen angenommen: Menschen in Ecuador, Großbritannien oder der Ukraine identifizieren sich mit denselben Serienhelden. Die Kulturware landet in praktischer Häppchenform direkt im Wohnzimmer der Konsumentinnen. Wer von der Ware nicht genug kriegen kann, schaut gleich die ganze Staffel durch. Und dank Ankündigung weiß man schon, worauf man sich als Nächstes freuen darf. •

 

Unterhaltung nach Feierabend

 

Vor dem Schlafen noch eine Folge Netflix zum Abschalten – ein beliebtes Abendprogramm, nicht erst seit der Pandemie. Unterhaltung ist das Ziel, das weder Kreativität noch Vorstellungskraft verlangt, sondern allein die Bereitschaft, sich berieseln zu lassen. Jede Reaktion beim Publikum ist schon vorgezeichnet und im Cliffhanger einkalkuliert. Und wer sich nicht einmal dazu aufraffen kann, das bekannte Muster in einem neuen Film zu erkennen, schaut einfach die Lieblingsserie noch mal, der Tag war anstrengend genug. Adorno warnte vor dieser Passivität: Die Aufnahme der Produkte der Kulturindustrie erfordere eine rein automatisierte Aufmerksamkeit, aber kein wirkliches Denken.

Selbst im Zustand der Zerstreuung können die Filme und Musikstücke konsumiert werden: „Das Vergnügen erstarrt zur Langeweile, weil es, um Vergnügen zu bleiben, nicht wieder Anstrengung kosten soll.“ Wer aus dem Alltag fliehen will, dem wird von der Kulturindustrie eben dieser Alltag auf der Leinwand oder dem Bildschirm geboten. Die Unterhaltung verschwimmt mit der Wirklichkeit: „Die alte Erfahrung des Kinobesuchers, der die Straße draußen als Fortsetzung des gerade verlassenen Lichtspiels wahrnimmt, weil dieses selber streng die alltägliche Wahrnehmungswelt wiedergeben will, ist zur Richtschnur der Produktion geworden.“ Adorno wusste noch nicht, dass wir heute nicht einmal mehr das Bett verlassen müssen, um uns per Knopfdruck zerstreuen zu lassen. •

 

Den Schwindel durchschauen

 

Heute Abend brauch ich etwas Leichtes, sagt man sich und klickt auf die bekannte Serie. Und am nächsten Abend wieder. Ähnliches Verhalten beobachtete schon Adorno bei seinen Zeitgenossen: „Uneingestanden ahnen sie, ihr Leben werde ihnen vollends unerträglich, sobald sie sich nicht länger an Befriedigungen klammern, die gar keine sind.“ Bloß keine authentische Kunst, die im Gegensatz zur Unterhaltung einen Kontrast zur Wirklichkeit darstellen würde und damit eine emotionale und intellektuelle Herausforderung. Die abendliche Unterhaltung soll keine wirklich neuen Erfahrungen hervorrufen. Nicht aufrütteln, nicht das Weltbild ins Wanken bringen. „Vergnügtsein heißt Einverstandensein“.

Doch wer Netflix guckt, hat diesen Schwindel schon durchschaut. Man weiß, dass der anspruchsvolle Drei-Stunden-Film für immer in der Liste der noch zu schauenden Filme verbleiben wird, weil nie der richtige Zeitpunkt dafür kommt (es sei denn, man muss in Quarantäne). „Nicht nur fallen die Menschen, wie man so sagt, auf Schwindel herein, wenn er ihnen sei’s noch so flüchtige Gratifikationen gewährt; sie wollen bereits einen Betrug, den sie selbst durchschauen.“ Was Menschen als gute Konsumentinnen auszeichnet, ist ihr Mangel an Widerstand. Immerhin haben sie es schon selbst geahnt! Nächste Folge. Nur Adorno, der würde natürlich kein Netflix gucken. Vielleicht aber Criterion Channel – die gehobene Variante mit unabhängigen Arthouse-Dramen und polnischen Kurzfilmen. •

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