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Bild: Steve Johnson (Unsplash)

Impuls

Der Xun-Test

Moritz Rudolph veröffentlicht am 04 April 2025 4 min

Der Medienphilosoph Jianwei Xun sorgt mit seinen Thesen zur „Hypnokratie“ für Aufsehen. Nun ist klar: Xun ist eine künstliche Identität, die der Philosoph Andrea Colamedici mithilfe zweier KIs geschaffen hat. Lesen sollten wir sein Buch trotzdem – oder gerade deshalb. 

 

Für einige Wochen hatte die Welt einen neuen Theoriestar: Er heißt Jianwei Xun, kommt aus Hongkong und analysiert das Trump-Musk-Regime in seinem gleichnamigen Buch entlang des Begriffs „Hypnokratie“. Hypnokratie ist so etwas wie das neueste Stadium der Macht, die heute nicht mehr „auf Körper und Geist“ ziele, sondern die „Bewusstseinszustände ganzer Bevölkerungen“ „moduliert“. Diese neue Macht befiehlt nicht, sie verführt. Sie wirkt „mythopoetisch“ auf das kollektive Unbewusste, erzeugt Geschichten, Wünsche und Traumwelten, die wir gern bewohnen.

Trump und Musk erweisen sich als die geschicktesten Einrichter dieser neuen Welt, als unschlagbares Team: Der eine destabilisiert die faktenorientierte Wahrheitssuche durch permanentes Lügen und Verdrehen, der andere springt mit seinen Tech-Mythen vom Mars ein. Zusammen errichten sie ein neues Realitätsregime. Damit sind wir, so Xun, schon über das Zeitalter der Desinformation hinaus. Wir leben in verschiedenen Realitätssystemen, jedes mit eigener Logik, eigenen Fakten und eigener Sprache. Wir bewegen uns nicht mehr in „Filterblasen“, sondern in „Realitätsblasen“.

Hier, so Xun weiter, bringt es nicht mehr viel, auf Fakten, Logik und Diskursbereinigung zu beharren. Wer das fordert, verkenne die neue Natur der Macht und werde von all den Fabeln, Mythen und Geschichte fortgespült, die Internet und KI hervorbringen. Man müsse stattdessen versuchen, selbst in der neuen Machtlogik zu operieren, die Simulation zu „bewohnen“ und sich in „luzidem Träumen“ üben.

Xuns Mix aus Michel Foucaults Machtbegriff, Jean Baudrillards Verdrehung von Realität und Simulation und Byung-Chul Hans Kritik der digitalen Welt kam ziemlich gut an: Große Zeitungen in Italien und Frankreich, Spanien und Mexiko berichteten über den jungen Medienphilosophen. Podcasts, Blogs und Online-Foren denken seine Hypnokratie-These weiter. Das fortgeschrittene Digitalzeitalter, in dem es immer schwerer fällt, Illusion und Realität auseinanderzuhalten, hat, so schien es, seinen Theoretiker gefunden.

 

Der falsche Philosoph

 

Doch nun müssen wir uns schon wieder von ihm verabschieden. Denn seit heute ist klar, dass es Jianwei Xun nicht gibt, zumindest ist er kein Mensch. Xun ist eine KI, oder besser gesagt: zwei, die unter Anleitung ihres Herausgebers Andrea Colamedici einen Text geschrieben haben. Colamedici, der den italienischen Theorieverlag Tlon leitet, hatte Xun in Zusammenarbeit mit der Universität Foggia erschaffen, um die Öffentlichkeit einem Turing-Test zu unterziehen: Kann man eine KI so schreiben lassen, dass man sie für einen echten Menschen hält?

In großen Teilen ist das Experiment gelungen. Zahlreiche Zeitungen berichteten über Xun, als wäre er echt. Dabei gab es schon länger Zweifel. Findige Faktenchecker hatten herausgefunden, dass im Buch von Forschern und Experimenten die Rede war, die es nicht gibt. Zudem existieren kaum Bilder von Xun im Internet – nur zwei, und die zeigen unterschiedliche Personen. Es wurde daher darüber gerätselt, wer hinter Xun steckt: Eine andere Person oder doch eine KI?

 

Leben in Traumwelten

 

Interessant ist nun der unterschiedliche Umgang mit diesem Verdacht. In Deutschland wurde Xuns Hypnokratie-These kaum diskutiert. Es gibt lediglich einen kurzen Artikel in der FAZ. Darin wird der Fall heruntergespielt und als wahrscheinlicher Hoax entlarvt. In Italien räumen die meisten Artikel zwar ebenfalls ein, dass man nicht weiß, ob Xun echt ist. Aber der Diskussion seiner Thesen tut das keinen Abbruch. In Italien ist man offenbar eher bereit, in einer Illusion zu leben, weil man die Wahrheit auch nur für eine Fiktion hält. Und ist Autorschaft nicht immer fragwürdig und allenfalls Ergebnis einer Co-Kreativität? Deutschland dagegen, das Land der Faktenchecker und Authentitzitätsfreunde, schätzt nur das Echte, einzig Wahre, auf Herz und Nieren Geprüfte. Kleine Kratzer an der Story bringen gleich das Gesamtkonstrukt zum Einsturz.

Das ist vielleicht kein geschickter Umgang mit Realitäten, die tatsächlich immer mehr mit Fiktionen verschmelzen. Das Aufdecken führt in die Paralyse. Kritik wird zahnlos. Je mehr KI zum Einsatz kommt, desto irrealer wird die Realität. KI ist, wie die Essayistin Meghan O'Gieblyn schreibt, das „kollektive Unbewusste“ der Menschheit, selbst ein großer Traum. Anstatt ihn zum Platzen zu bringen, sollten wir uns vielleicht, wie Jianwei Xun vorschlägt, in „luzidem Träumen“ üben. Denn außer den Träumen gibt es nicht viel.

Für den Umgang mit der Trump-Musk-Hypnokratie bedeute das: Man sollte nicht seine Zeit damit verschwenden, Fakten richtigzustellen oder die abstrusen Storys der Gegenseite aufzuarbeiten, sondern selbst Geschichten schreiben, Dichter der eigenen Verhältnisse sein, Mythen erschaffen. Mit Europa, dem besten aller Kontinente, könnte man zum Beispiel anfangen. •

 

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