Die Zukunft sehen
Was unterscheidet eine Vision von unrealistischen Träumereien? Bergen diese nicht auch die Gefahr, als Legitimierung für totalitäre Praktiken zu dienen? Ein Blick in die Ideengeschichte zeigt, dass es gerade jetzt an der Zeit sein könnte, ihr rettendes Potenzial wiederzuentdecken.
Wir leiden an einem Zukunftsdefizit. Dass es unseren Kindern einmal besser gehen wird, glaubt heute kaum noch jemand. Ukrainekrieg, Klimawandel, erstarkende autokratische Systeme: Zu erdrückend sind die multiplen Krisen und zu komplex scheinen die Probleme, als dass man sich ein wirklich anderes Leben und eine bessere Welt vorstellen könnte. Doch um den Problemen, die nicht nur die Menschheit, sondern unseren Planeten als solchen bedrohen, angemessen zu begegnen, ist ein einfaches „weiter so!“ keine Option.
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Die Städte der Anderen
Offenbach und Zwickau, zwei deutsche Städte, wie sie auf den ersten Blick nicht ähnlicher sein könnten. Beide gleich groß, beide ehemalige Industriezentren, beide mit niedriger Arbeitslosenquote. Was sie radikal voneinander unterscheidet, ist ihr Verhältnis zum Anderen. Denn das hessische Offenbach hat mit 57 Prozent den höchsten Migrantenanteil der BRD, das sächsische Zwickau gehört mit 2,6 Prozent Ausländeranteil hingegen zu den kulturell einheitlichsten Städten der Republik. Beispielhaft stehen sie damit für zwei alternative Visionen eines Deutschlands der Zukunft: Hybridität versus Homogenität, Multikulti oder Leitkultur, dynamische Polyphonie gegen klassische Harmonie. Eine Doppelreportage auf der Suche nach der Funktion des Anderen in unserer Mitte
Der Freihandel als Kriegsstifter
Wirtschaftliche Beziehungen zwischen den Ländern sichern den Frieden: Diese Annahme ist tief in unserer Kultur verankert, doch durch den Angriffskrieg Russlands wurde sie erschüttert. Ein Blick in die Ideengeschichte zeigt, dass sie schon immer umstritten war.

Viruslust
Sich strikt an die gültigen Coronaregeln zu halten, diese gar überzuerfüllen, gilt als vernünftig im besten kantischen Sinn: Die Lust wird zugunsten der Pflicht unterdrückt. Doch könnte es sein, dass die Restriktionen des sozialen Lebens durchaus selbst einen Lustgewinn bergen?

Judith Butler und die Gender-Frage
Nichts scheint natürlicher als die Aufteilung der Menschen in zwei Geschlechter. Es gibt Männer und es gibt Frauen, wie sich, so die gängige Auffassung, an biologischen Merkmalen, aber auch an geschlechtsspezifischen Eigenschaften unschwer erkennen lässt. Diese vermeintliche Gewissheit wird durch Judith Butlers poststrukturalistische Geschlechtertheorie fundamental erschüttert. Nicht nur das soziale Geschlecht (gender), sondern auch das biologische Geschlecht (sex) ist für Butler ein Effekt von Machtdiskursen. Die Fortpf lanzungsorgane zur „natürlichen“ Grundlage der Geschlechterdifferenz zu erklären, sei immer schon Teil der „heterosexuellen Matrix“, so die amerikanische Philosophin in ihrem grundlegenden Werk „Das Unbehagen der Geschlechter“, das in den USA vor 25 Jahren erstmals veröffentlicht wurde. Seine visionäre Kraft scheint sich gerade heute zu bewahrheiten. So hat der Bundesrat kürzlich einen Gesetzesentwurf verabschiedet, der eine vollständige rechtliche Gleichstellung verheirateter homosexueller Paare vorsieht. Eine Entscheidung des Bundestags wird mit Spannung erwartet. Welche Rolle also wird die Biologie zukünftig noch spielen? Oder hat, wer so fragt, die Pointe Butlers schon missverstanden?
Camille Froidevaux-Metteries Essay hilft, Judith Butlers schwer zugängliches Werk zu verstehen. In ihm schlägt Butler nichts Geringeres vor als eine neue Weise, das Subjekt zu denken. Im Vorwort zum Beiheft beleuchtet Jeanne Burgart Goutal die Missverständnisse, die Butlers berühmte Abhandlung „Das Unbehagen der Geschlechter“ hervorgerufen hat.
Diktatur der Experten?
Platons Kritik an der attischen Demokratie wirkt mit Blick auf die Gefahren des zeitgenössischen Populismus wieder aktuell. Doch sein Gegenmodell, die Expertokratie, scheint indes geradezu totalitär. Der Philosoph Christoph Horn über Platons politische Visionen.

Zhu Xi, ein Denker der Andersheit
Die westliche Bezugnahme auf chinesische Philosophie dient oftmals der Legitimierung eines anti-modernen politischen Impetus oder als schwärmerische Alternative zu westlichen Lebensvorstellungen. Wie ein anderer, vielschichtiger Bezug aussähe, schlägt Kai Marchal schlägt anhand des Denkens Zhu Xis vor.

Walter Benjamin und die Geschichte
Heute jährt sich der Geburtstag Walter Benjamins zum 130. Mal. Im Sommer 1940, nur wenige Tage vor seinem Suizid, verfasste der Philosoph seinen epochalen Text Über den Begriff der Geschichte, der auch heute noch aktuell ist. Ruft er uns doch dazu auf, gerade in Zeiten höchster historischer Anspannungen und akuter Krisen offen für das Rettende zu bleiben.

Nachlässigkeit wagen
Meins oder deins? Besitzverhältnisse sind uns meistens sehr wichtig. Doch könnte ein Umdenken die Chance für ein freieres Dasein bergen, meint unsere Kolumnistin Millay Hyatt.
