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Bild: PR

Musik

Schrei du selbst

Florian Werner veröffentlicht am 10 Mai 2024 3 min

In ihrem neuen Album All Born Screaming erinnert St. Vincent an die erste Lebensäußerung, die wir bei unserer Weltankunft von uns geben. Eine Kolumne von Florian Werner.

 

Dass die Musikerin Annie Clark, besser bekannt unter dem Namen St. Vincent, eine begnadete Schreihälsin ist, wusste man schon länger. Als 2014 die Gruppe Nirvana in die Rock & Roll Hall of Fame eingeführt wurde, channelte Clark sehr plausibel deren verstorbenen Sänger Kurt Cobain (dass sie sehr viel besser Gitarre spielt als er, hätte Cobain wohl als Letzter bestritten). Und in ihrem Song Pay Your Way in Pain, vom bis dato letzten St.-Vincent-Album Daddy’s Home aus dem Jahr 2021, brüllt sich die Sängerin am Ende auf dem Wort „loved“ knapp 20 Sekunden lang die Seele aus dem Leib – so als wollte sie in einem einzigen abstürzenden Glissando alle Phasen der Liebe Revue passieren lassen.

Nur konsequent, dass St. Vincent nun dem Schreien ein ganzes Album widmet: All Born Screaming heißt es – und wem das Vorgängerwerk zu sleazy, zu Seventies, zu Soul-affin war, dürfte sich begeistert an den scharfen Ecken und Kanten des neuen Albums kratzen. Der alte Nirvana-Drummer Dave Grohl sitzt am Schlagzeug, Justin Meldal-Johnsen von den legendären Industrial-Rockern Nine Inch Nails rupft den Bass, entsprechend klingt die erste Single Broken Man: „What are you looking at?!“, röhrt die Sängerin, während die Verzerrer auf 11 gedreht sind und Grohl Dellen in seine Crash-Becken prügelt. Die Künstlerin selbst hat den Sound des Albums als „post plague pop“ charakterisiert, Musik für die Zeit nach der Seuche, man könnte ihn aber auch postindustriell, postapokalyptisch oder posthuman nennen. Auf jeden Fall ist es Pop für danach, ein Später: die Hölle oder ein paranoides Nirwana.

 

Authentische Kannibalin?

 

Umso erstaunlicher, dass der Titel der Platte den Geist der Natalität zu versprühen scheint. All Born Screaming, das ließe sich als hoffnungsvolles Statement lesen: Wenn wir zur Welt kommen, fangen wir an zu schreien, ausnahmslos, alle, und in dieser Äußerung liegt eine gleichmacherische Kraft. Wir Menschen sind Schreitiere. Betrachtet man das Cover-Motiv (die Sängerin in Flammen), bedenkt man zugleich die brachialistische Soundscape des Albums, liegt freilich eine andere Lesart nahe: Wir brüllen vom ersten Moment unseres Lebens – und dieser Urschrei ist unser erster, noch unartikulierter Protest gegen die Zumutung, geboren zu sein. „Das wahre, einzige Pech“, bemerkte der rumänische Philosoph Emil Cioran, sei es, „das Licht der Welt zu erblicken. Es entspringt der Aggressivität, dem Prinzip der Expansion und der Raserei, das im Ursprung angelegt ist.“ Diesen aggressiv-nihilistischen Geist atmet auch die zweite Single des Albums Flea: In dessen Text vergleicht sich die Sängerin mit einem blutsaugenden Insekt, das andere nur als Fleisch betrachtet, sich an ihnen festbeißt – aber nicht aus Liebe, eher aus jenem paradoxen Impuls, den wiederum Cioran auf den Punkt brachte: „Man möchte zuweilen ein Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.“

Wem das alles zu destruktiv, zu desolat, zu depressiv klingt, dem sei beruhigend zugerufen: Die große Kunst von St. Vincent besteht darin, auch inmitten des größten Infernos noch einen Pop-Hook zu schmieden, eine Melodie, die sich festbeißt wie ein Floh, der sich in die Eustachische Röhre verirrt hat. Die Musikerin gibt zu Protokoll, das neue Album sei Ausdruck ihres authentischen Ichs, ein Ergebnis innerer Forschungsexkursionen: „It sounds real because it is real.“ Das immerhin darf bezweifelt werden. Nachdem Annie Clark auf früheren Alben schon die Persona der tablettensüchtigen Hausfrau, der charismatischen Sektenführerin, des abgehalfterten New Yorker Starlets oder der smarten Business-Frau gegeben hat, sollte man vielleicht besser sagen: Auf All Born Screaming spielt sie ihr wahres Selbst. •

St. Vincent: „All Born Screaming“ (Virgin Music), 26.04.204

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