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Bild: © Sophie Bassouls_Leemage_laif

Essay

Cioran und der Nihilismus

Marianna Lieder veröffentlicht am 24 September 2020 8 min

Emil Cioran gilt als abgründiger, stilbewusster Finsterling und radikaler Neinsager des 20. Jahrhunderts. Erfüllt von Welt- und Menschenekel wetterte er gegen jedes Heilsversprechen, jede Utopie, jede Systematik und gegen seine eigenen Dämonen. Dabei schrieb er buchstäblich um sein Leben. Über die heilsame Macht des negativen Denkens. 

 

Wer eines der Bücher Ciorans an einer beliebigen Stelle aufschlägt, der blickt sofort mitten hinein ins Herz der Finsternis. Das Leben ist sinnlos, so der Leitgedanke. Der Mensch ist ein schlechter kosmischer Witz, als Individuum und als Gattung dem Untergang geweiht. Gott? Der ist eh längst mausetot. Das hatte Nietzsche bereits erkannt, aber nicht konsequent genug weitergedacht, meint Cioran. Wie Nietzsche war auch er Sohn eines Geistlichen, wie Nietzsche hatte auch Cioran ausgeprägte blasphemische Passionen. In Die verfehlte Schöpfung bekundet er seinen Ärger darüber, Gott nicht eigenhändig zur Strecke gebracht zu haben. Dafür macht er sich nun umso energischer daran, den göttlichen Kadaver zu fleddern. Auch bei allen sonstigen Heilsversprechen und Utopien holt er zum Vernichtungsschlag aus. Fortschrittsglaube ist Cioran zufolge nicht bloß trügerisch, sondern führt schnurstracks in den Abgrund. „Es ist gewiss“, schreibt er Ende der 1960er, „dass das 21. Jahrhundert, das weit fortgeschrittener sein wird als das unsere, in Hitler und Stalin nur harmlose Sängerknaben sehen wird.“

Auf stilsicher formulierte Schreckensvisionen folgt brachialer Menschenekel: „Man möchte zuweilen ein Kannibale sein, nicht um diesen oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.“ Über Todesfurcht kann Cioran nur sardonisch lachen. Denn was ist schon das Lebensende verglichen mit der Katastrophe der Geburt? Allein der Gedanke daran, dass „noch die letzte Missgeburt die Gabe besitzt, Leben zu geben“, verdirbt ihm endgültig die ohnehin schon miserable Laune. Sich selbst rühmt Cioran, er habe alle Verbrechen begangen, bis auf eines: „Vater zu sein“. Der Menschheit rät er dringend von der Fortpflanzung ab. Das haben vor ihm zahlreiche andere getan. Spielarten des sogenannten Antinatalismus findet man bei frühchristlichen gnostischen Sekten wie dem Manichäismus. Ebenso im Hinduismus, der darauf abzielt, den leidvollen Kreislauf von Leben, Sterben und Wiedergeburt zu durchbrechen. Im 19. Jahrhundert gehörte Arthur Schopenhauer zu den prominentesten Verfechtern der metaphysischen Null-Kind-Politik.

Vor einiger Zeit sorgte Raphael Samuel, ein junger Mann aus Indien, mehrfach für Schlagzeilen. Er wollte seine Eltern verklagen, weil diese ihn in die Welt gesetzt hatten, ohne zuvor seine Erlaubnis einzuholen. Das Gericht wies das Verfahren im Vorfeld ab. Macht nichts, meinte Samuel, es sei ihm in erster Linie nur darum gegangen, „ein Zeichen“ zu setzen. Hierzulande brachte es die Lehrerin Verena Brunschweiger zu einer beachtlichen Anzahl an Talkshow-Auftritten, weil sie ein Buch, betitelt mit Kinderfrei statt kinderlos, verfasst hatte. Gebärstreik, hieß es darin, sei einfach besser; besser für den Weltfrieden, besser fürs Klima, besser für den Feminismus. Natürlich können sich Samuel und Brunschweiger auf Cioran als Stichwortgeber berufen, so wie dieser sich auf die Gnostiker, den Hinduismus und Schopenhauer berufen hatte. Doch verglichen mit Cioran sind zeitgenössische Antinatalisten nur harmlose Sängerknaben. Mit ihrem fadenscheinigen Weltverbesserungsanspruch, ihrer auftrumpfenden Thesenhuberei und ihrer aktivistisch verbrämten Gier nach Aufmerksamkeit wären sie ihm ein Gräuel gewesen.

 

Am Abgrund des Daseins

 

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