Was hat Europa ausgehöhlt?
Der Brexit war nur das deutlichste Zeichen. Die EU steckt in einer bestandsgefährdenden Krise – und mit ihr der gesamte Kontinent. An seinen Grenzen herrscht Krieg, in seinem Inneren Angst. Die Philosophen Alain Badiou und Marcel Gauchet streiten über die tieferen Gründe dieser Entwicklung.
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Alain Badiou: „Ein Ereignis, das uns einen ersten Sinn schenkt"
Wir reden meist ganz selbstverständlich von ihr. Doch was macht die Liebe eigentlich so kostbar? Für den Philosophen Alain Badiou bildet sie etwas Heroisches, das Konventionen sprengt, Identitäten überschreitet und sich jeder Konsumlogik entzieht.
Leben unter dem Leitstern der Ideen
Gegen den ringsum herrschenden Relativismus und die neuen Sophisten ist Platon mehr denn je der Philosoph, den wir brauchen – das ist die Überzeugung von Alain Badiou, einem der wenigen zeitgenössischen Denker, der von Universalität spricht. Für ihn ist wie schon für Platon das einzige Leben, das es wert ist, gelebt zu werden, dasjenige im Zeichen der Wahrheit.

Gabriel Marcel und die Wahrheit
Ist die Wahrheit eine „Beute“, die wir in unseren Besitz bringen können? Der christliche Existenzialist Gabriel Marcel verneint dies vehement. Wir erklären, warum.

Und woran zweifelst du?
Wahrscheinlich geht es Ihnen derzeit ähnlich. Fast täglich muss ich mir aufs Neue eingestehen, wie viel Falsches ich die letzten Jahre für wahr und absolut unumstößlich gehalten habe. Und wie zweifelhaft mir deshalb nun alle Annahmen geworden sind, die auf diesem Fundament aufbauten. Niemand, dessen Urteilskraft ich traute, hat den Brexit ernsthaft für möglich gehalten. Niemand die Wahl Donald Trumps. Und hätte mir ein kundiger Freund vor nur zwei Jahren prophezeit, dass im Frühjahr 2017 der Fortbestand der USA als liberaler Rechtsstaat ebenso ernsthaft infrage steht wie die Zukunft der EU, ich hätte ihn als unheilbaren Apokalyptiker belächelt. Auf die Frage, woran ich derzeit am meisten zweifle, vermag ich deshalb nur eine ehrliche Antwort zu geben: Ich zweifle an mir selbst. Nicht zuletzt frage ich mich, ob die wundersam stabile Weltordnung, in der ich als Westeuropäer meine gesamte bisherige Lebenszeit verbringen durfte, sich nicht nur als kurze Traumepisode erweisen könnte, aus der wir nun alle gemeinsam schmerzhaft erwachen müssen. Es sind Zweifel, die mich tief verunsichern. Nur allzu gern wüsste ich sie durch eindeutige Fakten, klärende Methoden oder auch nur glaubhafte Verheißungen zu befrieden.
Alain Froment: „Die Idee der Pflege ist ein tierisches Erbe“
Ein junger Mann auf der Insel Borneo (Indonesien) soll vor 31.000 Jahren erfolgreich amputiert worden sein. Dies geht aus einer Studie hervor, die kürzlich in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde. Der Anthropologe Alain Froment analysiert die Bedeutung dieser Entdeckung.

„Herkunftsverleugnung ist der Sprengsatz der Moderne“
Für Peter Sloterdijk ist unsere Epoche von immer tieferen Generationsbrüchen geprägt. Die Folgen dieser Entwicklung nehmen apokalyptische Ausmaße an. Zeit für eine Ethik neuer Nachhaltigkeit.

Peter Sloterdijk: "Herkunftsleugnung ist der Sprengsatz der Moderne"
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Wie schaffen wir das?
Eine Million Flüchtlinge warten derzeit in erzwungener Passivität auf ihre Verfahren, auf ein Weiter, auf eine Zukunft. Die Tristheit und Unübersichtlichkeit dieser Situation lässt uns in defensiver Manier von einer „Flüchtlingskrise“ sprechen. Der Begriff der Krise, aus dem Griechischen stammend, bezeichnet den Höhepunkt einer gefährlichen Lage mit offenem Ausgang – und so steckt in ihm auch die Möglichkeit zur positiven Wendung. Sind die größtenteils jungen Menschen, die hier ein neues Leben beginnen, nicht in der Tat auch ein Glücksfall für unsere hilf los überalterte Gesellschaft? Anstatt weiter angstvoll zu fragen, ob wir es schaffen, könnte es in einer zukunftszugewandten Debatte vielmehr darum gehen, wie wir es schaffen. Was ist der Schlüssel für gelungene Integration: die Sprache, die Arbeit, ein neues Zuhause? Wie können wir die Menschen, die zu uns gekommen sind, einbinden in die Gestaltung unseres Zusammenlebens? In welcher Weise werden wir uns gegenseitig ändern, formen, inspirieren? Was müssen wir, was die Aufgenommenen leisten? Wie lässt sich Neid auf jene verhindern, die unsere Hilfe derzeit noch brauchen? Und wo liegen die Grenzen der Toleranz? Mit Impulsen von Rupert Neudeck, Rainer Forst, Souleymane Bachir Diagne, Susan Neiman, Robert Pfaller, Lamya Kaddor, Harald Welzer, Claus Leggewie und Fritz Breithaupt.