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Bild: Le Pictorium (Imago)

Impuls

Judith Jarvis Thomson, die Philosophin, die die amerikanische Abtreibungsdebatte auf den Kopf gestellt hat

Jean-Marie Pottier veröffentlicht am 13 Juli 2022 4 min

Anfang der 1970er-Jahre verfasste Judith Jarvis Thomson das wohl einflussreichste philosophische Plädoyer für das Recht auf Abtreibung. Ihre Argumente und Gedankenexperimente waren so wirkmächtig, dass selbst Abtreibungsgegner heute den Text zitieren.

 

Im Spätherbst des Jahres 1971 begann der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten mit der Prüfung eines Falles, in deren Folge er sich ein gutes Jahr später zu einer seiner berühmtesten Entscheidungen durchrang: Roe v. Wade, der die Legalisierung des freiwilligen Schwangerschaftsabbruchs im ganzen Land durchsetzte.

Zur gleichen Zeit veröffentlichte die Philosophin Judith Jarvis Thomson (1929-2020) in der ersten Ausgabe der neu erschienen Zeitschrift Philosophy & Public Affairs ein langes theoretisches Plädoyer für das Recht auf Abtreibung mit dem Titel Eine Verteidigung der Abtreibung. Am 24. Juni dieses Jahrs nun, gut ein halbes Jahrhundert später, ist das damalige Urteil hinfällig und vom Obersten Gerichtshof wieder aufgehoben worden. Eine Entscheidung, die Tür und Tor für einen beispiellosen Rückschritt beim Recht auf Abtreibung öffnet. Wie kann es sein, dass Thomsons Artikel trotz dieser Entwicklungen weiterhin seziert und gelegentlich sogar als „der am häufigsten zitierte Essay in der Geschichte der zeitgenössischen Philosophie“ bezeichnet wird?

 

Argument der schiefen Ebene

 

In ihrem Artikel behandelt Judith Jarvis Thomson eines der populärsten Argumente der selbsternannten Lebensschützer. Diese führen an, dass „der Fötus vom Augenblick der Empfängnis an ein Mensch, eine Person ist.“ Eine Behauptung, die von der Philosophin als „Argument der schiefen Ebene“ entlarvt wird. Um ihre Einschätzung zu bekräftigen, vergleicht sie das Argument ihrer Gegner mit der Annahme, dass in diesem Falle auch schon eine Eichel identisch mit einer Eiche sei. Um die Behauptungen der Abtreibungsgegnern zu widerlegen, macht sich ihr Text zunächst jedoch die Argumentation der Gegenseite zu eigen. „Jede Person hat ein Recht auf Leben“, schreibt sie. „Folglich hat der Fötus ein Recht auf Leben. Zweifellos hat die Mutter ein Recht, zu entscheiden, was in und mit ihrem Körper geschehen soll […], doch sicherlich ist das Recht einer Person auf Leben stärker und zwingender als das Recht der Mutter zu entscheiden, was in und mit ihrem Körper geschieht, und überwiegt somit jenes Recht.“

Um das Argument der Lebensschützer zu entkräften, bittet Thomson den Leser darum, sich auf ihr Gedankenexperiment des „bewusstlosen Geigers“ einzulassen: Stellen Sie sich vor, Sie wachen eines Morgens auf und die Gesellschaft der Musikfreunde hat verfügt, dass Ihr Blutkreislauf in der Nacht mit dem eines so berühmten wie bewusstlosen Geigers verbunden wurde. Durch das Studium Ihrer Krankenakte haben die Musikfans herausgefunden, dass nur Sie allein über die passende Blutgruppe verfügen, um den an einer Nierenkrankheit leidenden Geiger zu retten. Mit Verweis auf das Argument, dass „das Recht einer Person auf Leben“ schwerer wiegt als „das Recht […] zu entscheiden, was mit [dem eigenen] Körper geschieht“ bittet Sie die Gesellschaft darum, Ihr Schicksal als Spender neun Monate lang auf sich zu nehmen. Thomson geht davon aus, dass Sie diese Bitte als empörend empfinden würden.

 

Das Recht auf Leben

 

Die Abtreibungsgegner werden einwenden, dass diese Art der Entführung einer Schwangerschaft als Folge einer Vergewaltigung gleichkommt. In diesem Falle und im Falle einer Gefährdung für das Leben der Mutter stellen sich (zumindest nicht alle) Abtreibungsgegner gegen einen Schwangerschaftsabbruch. Thomson geht in ihrer Argumentation jedoch noch einen Schritt weiter und schlägt vor sich „auf die wesentlich häufigeren Fälle [zu] konzentrieren, in denen eine Frau eine Abtreibung aus einem weniger gewichtigen Grund anstrebt als dem, ihr Leben zu retten.“ Also gerade mit jenen Fällen, in den das Recht auf Leben des Fötus schwerer zu wiegen scheint. Für Thomson gibt es sehr wohl ein Recht auf Leben. Nur besteht dieses nicht „im Recht, nicht getötet zu werden, sondern viel mehr im Recht, nicht ungerechterweise getötet zu werden.“. Es handelt sich um ein negatives Recht, das keine positiven Verpflichtungen hervorrufen kann.

Auch das Argument, dass eine Frau durch ungeschützten – oder schlecht geschützten – Geschlechtsverkehr einem entstandenen Fötus automatisch das Recht darauf verleiht nicht getötet zu werden, stellt eine missbräuchliche Verallgemeinerung dar. Thomson vergleicht diesen Fall mit einem durch ein offenes Fester eingestiegenen Einbrecher, dem man, ist er einmal im Haus, automatisch das Wohnrecht verleihen müsste. 

 

„Minimal anständige Samariter“

 

Der Philosophin geht es nicht darum zu behaupten, dass Abtreibung in allen Fällen akzeptabel ist. Genauso wenig ist sie der Ansicht, dass die Inanspruchnahme eines Schwangerschaftsabbruchs nicht von der Gesellschaft geregelt werden sollte. Sie plädiert lediglich dafür, dass von Müttern nicht erwartet werden kann, dass sie sich wie „gute Samariter“, sondern nur, dass sie sich wie „minimal anständige Samariter“ verhalten. 

Die Ethikexpertin N. Ann Davis schreibt Thomsons Essay Eine Verteidigung der Abtreibung eine zentrale Rolle in der Debatte um das Recht auf Abtreibung zu. Ihre Argumentation sei auch dann überzeugend, wenn man ihre Meinung über den Status eines Fötus in den ersten Wochen nach der Empfängnis nicht teilt. Vielleicht ist dies der Grund für ihre zahlreichen Rezeptionen und Kritiken, sowohl in der akademischen als auch in der populären Literatur. In ihrem Versuch den Obersten Gerichtshof zu überzeugen, sahen sich jüngst sogar Abtreibungsgegner dazu genötigt, Thomsons Text zu zitieren. In Bezug auf den Status des ungeborenen Kindes mussten sie einräumen, dass es eines der berühmtesten Argumente für den Schwangerschaftsabbruch enthalte. •

Übersetzt von
Annika Fränken
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