Krücken der Freundschaft
Tief empfundene Verbundenheit ist selten. Selbst in guten Freundschaften braucht es daher Hilfsmittel, die das Gefühl der Zusammengehörigkeit und Ähnlichkeit befördern. Sie widersprechen dem Ideal der reinen Eintracht, wirken wohldosiert aber Wunder.
1. Klatschen & Tratschen
Sokrates empfahl, sämtliche Mitteilungen, die man einem anderen zu machen gedenkt, auf ihre Wahrheit, Güte und Notwendigkeit hin zu prüfen. Gedanken, die dieser Prüfung nicht standhielten, solle man für sich behalten. Doch da die meisten Freundschaften nicht in der platonischen Welt der Ideen, sondern in der profanen Wirklichkeit geführt werden, kommen sie kaum ohne Klatsch und Tratsch aus – ohne die belanglosen, oft halbwahren und manchmal boshaften Bemerkungen über Dritte. Das Lästern kittet Freundschaften an Stellen, wo sonst Entfremdung, Langeweile und Sprachlosigkeit zum Bruch führen könnten. Bekanntlich stiftet geteilte Abneigung Gemeinsamkeit und wo der innere Gehalt einer Freundschaft sich aufzulösen droht, können äußere Grenzen ihn eine Zeit lang ersetzen. Dabei unterscheidet sich das zivilisierte Lästern jedoch von Hass und Schikane. Wird die Giftdosis in solchem Geplauder zu hoch, verkehrt sich die beabsichtigte Wirkung in ihr Gegenteil: Man selbst fühlt sich durch die eigene Bosheit erniedrigt und das Vertrauen in einen Freund, der so über andere spricht, ist dahin.
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