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Modern begraben?

Hartmut Rosa veröffentlicht am 17 September 2015 3 min

Friedhof war gestern, es lebe das Waldbegräbnis! Der Mensch von heute sehnt sich im Tod nach Naturnähe. Ein Missverständnis? Die Kolumne von Hartmut Rosa

 

 

 

„Was kommt nach dem Tod? Wir können es Ihnen sagen!“ So lockt der ebenso originelle wie makabre Werbespruch eines österreichischen Bestattungsunternehmens. Weil niemand weiß, was kommt, verrät der Umgang mit unseren „sterblichen Überresten“ zwar rein gar nichts über ein Leben nach dem Tod, dafür aber sehr viel über unsere diesseitige Existenz, genauer: über unser Verhältnis zur Welt und zum Leben. Und dieses Verhältnis, so offenbart ein Blick auf aktuelle Bestattungstrends, scheint nachgerade paradox. Die größte Veränderung besteht dabei in einer unauf haltsam scheinenden Zunahme von Feuer-, See- und Waldbestattungen. Immer mehr Menschen wünschen, dass ihre Asche unter den Bäumen, im Meer, am Berg oder auch auf einer Wiese verstreut werde: Möglichst naturnah eben, so die gängige Begründung. Möglichst im Einklang mit den großen Kreisläufen allen Seins. Wie künstlich-kitschig, arbeitsintensiv, kulturalisiert und ritualisiert wirkt dagegen die Friedhofsbestattung. Es lohnt sich, diese Begründung genauer zu untersuchen: möglichst naturnah?

Dieser Gedanke beruht auf einer grandiosen Selbsttäuschung. Denn wer sich für die Urnenbestattung in „freier Wildbahn“ entscheidet, dem ist die Aussicht, seinen Körper nach dem Ableben tatsächlich den Naturprozessen zu überlassen, offenbar ein Gräuel. Die langsame, aber vollkommen natürliche Zersetzung durch Bakterien, Maden und Würmer, die bei einem ins Erdreich eingelassenen Sarg abzusehen ist – sie erweckt bei mehr und mehr Menschen tiefe Abscheu. Klassische Friedhofsbeerdigungen kommen aus der Mode, denn Sterbliche möchten heute möglichst rein und radikal verbrannt werden. Nichts soll in nichtpurifizierter Form an die Natur zurückgegeben werden. Eher lassen wir uns zu stahlharten Diamanten pressen.

Als Spätmodernen ist uns der Gedanke zuwider, dass der Naturkreislauf des Werdens und Vergehens, der fortwährenden Metamorphose von lebendem Organischem in totes Organisches und umgekehrt, durch unseren Körper hindurchgehen könnte, dass wir zu Humus für neues Leben werden – so wie es die Bibel noch kennt: Aus Staub bist du und zu Staub wirst du. Wir wollen der Natur nahe sein, ja. Aber wir wollen sie nicht sein und nicht werden. Noch nicht einmal im Tod.

Das Zeitalter der Moderne, so analysiert der kanadische Sozialphilosoph Charles Taylor, basiert wesentlich auf einer spirituellen Unabhängigkeitserklärung von der Natur. Diese wiederholen wir in ritualisierter Form sogar noch im Tode: Der Rauch soll aufsteigen in den Himmel, mit oder ohne Seele, und uns damit dem Naturkreislauf entziehen, endgültig und radikal. Als moderne Menschen brauchen wird die Natur als das Andere, bei dem wir wohnen können, als Lebende oder als Asche, aber eben nur in der Abgrenzung von ihr – nicht als ihr organischer Bestandteil.

Doch wie der französische Denker Bruno Latour festhält, bleibt dieser Versuch, zwischen Kultur und Natur eine kategoriale Grenze einzuziehen, letztlich zum Scheitern verurteilt. „Wir sind nie modern gewesen“ lautet daher einer von Latours bekanntesten Buchtiteln. Immer wieder nämlich fusionieren Kultur und Natur hinter unserem Rücken, holt uns die Natur ein, amalgamiert sie sich mit dem künstlich Hergestellten. Und, tatsächlich, bei näherem Hinsehen zeigt sich: Sogar im Tode noch bleiben wir unmodern. Denn auch unsere Asche wird für die Natur noch zum Dünger und zum Nährstoff. Ob daraus auch folgt, dass wir nie so endgültig sterben? Es wäre einen Gedanken wert. •

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