Averroes
In unserer Rubrik Klassiker weltweit stellen wir prägnant Philosophen vor, die in anderen Teilen der Welt als Klassiker gelten, hierzulande allerdings weniger bekannt sind. Diesmal: der islamische Aristoteliker Averroes (1126 –1198), einer der einflussreichsten Denker des Mittelalters.
Der im andalusischen Cordoba geborene Denker, Arzt und Jurist Mohammed ibn Ruschd, im Lateinischen Averroes genannt, war ein großer philosophischer Vermittler zwischen den Welten: Religion und Vernunft, Osten und Westen. Zunächst machte er sich als Kommentator der Schriften des Aristoteles einen Namen, die bereits um 950 auf Arabisch vorlagen und erst rund 300 Jahre später ins christliche Europa vordrangen. Wie immens sein Einfluss war, veranschaulicht der Umstand, dass er im Mittelalter bisweilen nur als „der Kommentator“ bezeichnet wurde – analog zu Aristoteles, der oft schlicht als „der Philosoph“ firmierte. Doch entwickelte Averroes auch ein eigenständiges Denken. Er versuchte, den Koran mit Logik und Vernunftlehre zu versöhnen, wobei Letztere für ihn die höchste Form des Wissens darstellte. Den Argwohn von Klerikern zog er sich gleich doppelt zu, da er der Philosophie einen Führungsanspruch gegenüber dem Glauben einräumte und zudem von der Ewigkeit der Welt ausging, was der Schöpfungslehre widersprach. Fiel er zunächst unter Kalif Ya’qub al-Mansur in Ungnade, wendeten sich später auch die Scholastiker, allen voran Thomas von Aquin, gegen ihn. Im Kontrast dazu entwickelte sich im 13. Jahrhundert ein jüdischer Averroismus, in dem der Konflikt zwischen Vernunft- und Offenbarungswissen weiter diskutiert wurde. Zudem wird er als einflussreicher Aristoteliker in Dantes Göttlicher Komödie erwähnt. Dass die klerikale Bannung Averroes’ Nachruhm nicht viel anhaben konnte, zeigt sich auch in der jüngeren Geschichte: 1976 wurde der Mondkrater „Ibn-Rushd“ nach ihm benannt. •
Zum Weiterlesen: Averroes: Die entscheidende Abhandlung. Die Untersuchung über die Methoden der Beweise, übers. v. Patric O. Schaerer (Reclam, 2010)
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